Andrea Brunetti - kultur 132 - Januar 2017

Andrea Brunetti
Foto: Andrea Brunetti
Andrea Brunetti
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Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Andrea Brunetti
: Zehn Jahre am JTB und drei Mal Pippi Langstrumpf

Am Vormittag ist sie in zwei Vorstellungen als Pippi Langstrumpf über die Bühne getollt. „Das hält einen richtig fit, man braucht gar kein weiteres sportliches Training mehr“, erklärt Andrea Brunetti vergnügt. „Die Pippi ist mir richtig ans Herz gewachsen, seit ich sie hier 2006 zum ersten Mal spielte. Wenn Pippi sich freut, freue ich mich auch. Auch wenn ich allein in dieser Woche acht Pippi-Vorstellungen habe – es ist jedes Mal wieder anders und ich bin immer neugierig, was passiert.“ 2011 folgte dann Pippi im Taka-Tuka-Land, wieder in der Regie von Andreas Lachnit, der jetzt auch die neue Bearbeitung von Pippi Langstrumpf inszeniert hat. Seit zehn Jahren ist Andrea Brunetti nun fest am Jungen Theater Bonn engagiert. Zurzeit ist sie dort auch zu erleben als Filmproduzentin Elvira Zuckerman in dem erfolgreichen Kinderkrimi Die drei ???, inszeniert von Intendant Moritz Seibert. „Es macht mir Spaß, auch mal eine zwielichtige Figur zu spielen.“
Am Jungen Theater angefangen hat die 1972 in Bonn geborene Schauspielerin schon als Schülerin. Unter der Leitung von Theatergründer Helmut Tromm stand sie in Vorstadtkrokodile und in Trummi kaputt auf der Bühne. Dann spielte sie in der Theatergruppe an der Gesamtschule Beuel unter der Leitung von Dieter Dresen. „Lustig: Ich habe eben noch ein Foto gefunden, auf dem du und ich zu sehen sind. Wir bekamen damals einen Preis im Schultheater-Wettbewerb für unsere Aufführung Der gute Mensch von Sezuan von Bertolt Brecht.“
1993 folgte ihr erster Auftritt in der Bonner Kleinkunst-Bühne „Anno Tubac“. Andrea spielte die Titelrolle in Strindbergs Fräulein Julie. Sie bewarb sich dann an diversen Schauspielschulen und bekam einen Studienplatz an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. 1997 schloss die dort ihre Ausbildung mit dem Diplom ab. Im selben Jahr kam ihre Tochter Laura zur Welt, die bald an der Gesamtschule Beuel Abitur macht. „Sophie Basse, die jetzt am Schauspiel Bonn engagiert ist, war eine Klasse unter mir. Wir haben zusammen gewohnt und beim gleichen Italiener gejobbt.“ Apropos Italiener: Ihren italienischen Nachnamen verdankt Andrea ihrem Ex-Mann. Mit ihm zusammen führte sie in Stuttgart von 1998 bis 2003 das „Ristorante Goldoni“, das immer noch zu den bes­ten Italienern der Stadt gehört. „Friedrich Schirmer, damals Intendant am Staatstheater Stuttgart, feierte bei uns 1999 seine Hochzeit mit Marie Zimmermann.“
Während des Studiums sammelte Andrea Bühnenerfahrungen in verschiedenen Rollen am Wilhelmatheater Stuttgart, am Nationaltheater Mannheim und 1996 als Recha in Nathan der Weise am Stadttheater Heilbronn. Es folgte ein zweijähriges Engagement an der Württembergischen Landesbühne Esslingen, wo sie u.a. die Titelrolle in Das Tagebuch der Anne Frank verkörperte. Im Jahr 2000 wirkte sie mit bei der Uraufführung des Stückes Im Café Tassl von Felicia Zeller am freien Kölner IN-THEATA. 2001 war sie dann am Schauspiel Bonn zu sehen in García Lorcas Mariana Pineda (Regie: Konstanze Lauterbach). „Ich hatte mich beim Stadttheater beworben, aber keine Antwort erhalten. Da habe ich mich einfach am Pförtner vorbeigemogelt und bin zu der Dramaturgin Irma Dohn gegangen. Die fragte mich: ‚Können Sie gleich morgen nach Berlin fahren und der Regisseurin vorsprechen?‘ So kam ich zu der kleinen Rolle in den Kammerspielen.“
2003 wurde Tochter Emilia geboren. Die junge Mutter nahm zwei Jahre Erziehungszeit und zog endgültig wieder in ihre Heimatstadt Bonn. Mit neun Jahren spielte ihre Tochter Laura am JTB mit in dem Musical Jim Knopf und erzählte: „Mama, die suchen dringend eine Schauspielerin“. „Also bin ich wieder einfach ins Büro gegangen, habe vorgesprochen und wurde engagiert.“ Seitdem gehört sie zum erwachsenen Profi-Ensemble des JTB und hat hier so viele Rollen gespielt, dass man sie kaum aufzählen kann. „Wo hat man das schon: Morgens ist man das respektlose ‚Sams‘, abends die Lady Capulet in dem Klassiker Romeo und Julia…“. Toll fand sie Drachenreiter, Tintenblut und Tintenherz von Cornelia Funke. „Ich spiele unglaublich gern für Kinder, finde es aber auch großartig, dass wir regelmäßig Stücke für junge Erwachsene anbieten.“ Begeistert ist sie immer noch von der Figur der alleinerziehenden Sandra in Beautiful Thing, das auch viel erwachsenes Publikum anzog.
Tschick, wo sie die alkoholkranke Mutter spielt, wird im Februar 2017 wieder aufgenommen. Und natürlich hat sie sich sehr gefreut über die Einladung mit Supergute Tage zu den Privattheatertagen in Hamburg. Die Aufführung in der Regie von Lajos Wenzel erhielt dort 2016 den Publikumspreis. „Die Figur der Mutter in Supergute Tage, die das Familienleben mit dem autistischen Sohn nicht aushielt, hat mich emotional tief berührt.“
Von 1999 bis 2010 hat Andrea Brunetti in etlichen TV-Produktionen mitgewirkt. Dafür bleibt mittlerweile kaum noch Zeit, weil sie in so vielen JTB-Stücken auf der Bühne steht. Die Bücher, auf denen einige Dramen beruhen, liest sie ganz bewusst vorher nicht, lieber erst die fertigen Bearbeitungen: „Man ist sonst bloß enttäuscht, wenn Teile gestrichen sind, die einen besonders ansprachen. Ich vertiefe mich in den Text, wenn wir kurz vor der Konzeptionsprobe das Material erhalten.“
Singen und Tanzen gefällt ihr sehr. Auch die körperlichen Herausforderungen, die die quirlige Pippi ihr abverlangt, nimmt die brünette Schauspielerin mit den stets hellwach strahlenden dunkelbraunen Augen ganz gelassen. „Ich gehe ziemlich angstfrei durchs Leben und bin sehr zufrieden, auch wenn man am Kinder- und Jugendtheater nicht gerade üppig verdient.“ Anfangs hat sie ihre Kinder oft morgens mitgenommen ins Theater. Inzwischen sind die beiden Mädchen selbst bühnenmäßig aktiv. Laura gehört zu den Gründungsmitgliedern der närrischen Kindernasen-Sitzung „Papperlapapp“ in der Endenicher Harmonie. Inzwischen ist Emilia in die karnevalistischen Fußstapfen ihrer großen Schwester getreten. Mutter Andrea freut sich schon auf die Premiere 2017.
Auf ihrer Homepage begrüßt Andrea Brunetti die Leser mit dem frechen Spruch: „Wer Gott vertraut und feste Bretter klaut, kommt billig zu ‘ner Laube.“ Könnte auch über der Villa Kunterbunt der liebenswürdigen ­Pippi Langstrumpf stehen.

Donnerstag, 16.02.2017

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