An der Arche um Acht - Junges Theater - kultur 126 - Mai 2016

An der Arche um Acht, Junges Theater Bonn
Foto: actorsphotography
An der Arche um Acht, Junges Theater Bonn
Foto: actorsphotography

Pinguine unterm Regenbogen



Irgendwann vor ein paar tausend Jahren kam der große Regen. Denn Gott war unzufrieden mit seinen Geschöpfen auf der Erde. Nur jeweils zwei von jeder Spezies sollten auf ­Noahs Arche der Sintflut entkommen und einen Neuanfang probieren. So berichtet es die Bibel. Die drei Pinguine sind freilich gar nicht sicher, ob es Gott überhaupt gibt. Ein biss­chen langweilig ist es dem munteren Trio in der Polarregion nämlich schon, weshalb sie gern streiten über Gott und die Welt. Hat der alte Herr da oben tatsächlich gesehen, dass sich einer aus Versehen auf einen Schmetterling gesetzt hat? Ist er jetzt böse auf den Mörder des zarten Flatterwesens?
Viel Zeit für weitere Dispute bleibt indes kaum, weil die aufgeregte Taube sehr in Eile ist, damit alle zur Rettung Ausersehenen noch rechtzeitig an Bord von Noahs Arche kommen. Pünktlich um Acht legt das Schiff ab. Tickets gibt’s nur für Paare. Aber die Pinguine sind doch zu dritt. Einen Freund zu­rück­­zulassen, geht gar nicht. Folglich wird einer heimlich im Koffer mitgeschleppt in die Kabine. Superkomfortabel ist es im Bauch der Arche nicht gerade. Ist halt Holzklasse (erstklassig fantasievolles Bühnenbild: ­Annelise Jankowicz). Es stinkt nach Teer, die Kekse werden bald knapp, und Palmenstrände sind auf die Dauer auch nicht spannender als Eisberge. Glücklicherweise ist die lustig umherwatschelnde, von Kostümbildnerin Brigitte Winter witzig befrackte Boy-Group hochmusikalisch.
Thomas Kahle (energischer Erster Pinguin) am Schlagzeug, Christian Steinborn (melancholischer Zweiter Pinguin) mit skurriler Brille und Akkordeon sowie Ferdi Özten (stets etwas vorlauter, kleiner Dritter Pinguin) mit Gitarre sind eine tolle Band. Die Musik und die mitreißenden Lieder hat der musikalische Leiter Michael Barfuß (unter der Intendanz von Klaus Weise Theatermusiker am städtischen Schauspiel) dem JTB-Ensemble auf den Leib geschrieben.
Für die Flötentöne sorgt die quirlige Katharina Felschen als Taube, die alle Stewardess-Flügel voll zu tun hat mit den tierischen Passagieren. Die Antilopen wollen nicht neben den Löwen schlafen, die Giraffen sind seekrank und hängen ihre Hälse über die Reling, die Klapperschlangen spielen Karten, und Kapitän Noah hat sich entnervt in seiner Kabine verschanzt. Ein singender Pinguin als blinder Passagier ist wirklich das Allerletzte, was eine friedliche Taube im Traumschiff-Stress brauchen kann. Außerdem hat sie irgendwas Wichtiges an Land vergessen…
Mit dem beliebten Kinderstück An der Arche um Acht von Ulrich Hub gibt der erfahrene Musical-Darsteller und Choreograf Bernard Niemeyer, der seit 2011 fest zum JTB-Ensemble gehört, sein Debüt als Regisseur. Wunderbar leichtfüßig dirigiert er das aufgeweck­te Schauspieler-Quartett (diesmal sind nur die Profi-Künstler beteiligt) über die hohe See. Schließlich geht es auch um ganz große Fragen, die sich jedes Kind irgendwann stellt. Gibt es einen göttlichen Steuermann, der alles weiß und lenkt? Spricht er aus dem Koffer, in dem jeder der Freunde mal versteckt wird? Ist er vielleicht überall und in jedem?
Egal: Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel, bis die Taube den biblischen Ölzweig im Schnabel trägt und ein Regenbogen das Ende des Zorns bescheinigt. Wie der dritte Pinguin sicher aus der Arche kommt, verraten wir jetzt nicht. Der kaputte Schmetterling wird jedenfalls geheilt. Fliegen kann er sowieso besser als die auf Schwimmen und Tauchen spezialisierten Pinguine. Aber die sind so menschlich, dass wir ihre lustige Kreuzfahrt auf der Arche jedem Vergnügungsdampfer vorziehen. Wer der tapferen Taube den gebührenden Himmelsdank aussprach, wissen wir zwar immer noch nicht genau. Sind aber völlig sicher, dass der Premieren-Beifall für das gesamte Produktions-Team Orkanstärke verdiente.
Außerdem mögen Pinguine Käsekuchen, obwohl sie ihn nicht backen können. Das wissen wir aus einem anderen Stück des Autors, der schräge Vögel liebt und für alle Altersgruppen schreibt. Sein Drama An der Arche um Acht, 2006 u.a. mit dem Deutschen Kindertheaterpreis ausgezeichnet, gehört zu den ganz wenigen Bühnentexten, die erst nach der Uraufführung auch als Erzählung auf den Markt kamen. Üblich ist mittlerweile der umgekehrte Weg: Roman- und Filmadaptionen überschwemmen sintflutmäßig die Bühnen. Insofern ist die Arche sogar ein echter Theater-Lichtblick. E.E.-K.

Spieldauer ca. 1½ Std. inkl. Pause
die nächsten Termine : 5.05. // 15.05. // 16.05. // 17.05. //
28.05. // 29.05. // 8.06. // 2.07.16
Empfohlen für Publikum ab 4 Jahren.

Donnerstag, 25.08.2016

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