Hotel Happy German - kultur 89 - Oktober 2012

Hotel Happy German von Aydin Isik im Kleinen Theater: Bombenstimmung mit Domblick

Zugegeben: Die Lage des Etablissements ist nicht optimal, und für den versprochenen Domblick braucht man ein Fernglas. Warmduscher sollten froh sein über jeden Tropfen aus den Wasserhähnen, und über den Stil der Einrichtung kann man sich streiten. Der letzte offizielle Bewertungsstern dürfte ebenso Antiquitätenwert haben wie das Telefon im Hotel „Happy German“. So hat Mr. Walker seine ererbte Kölner 25-Zimmer-Pension (Bühnenbild: Jan Pawlowski) stolz getauft. Auf den hübschen Namen kann wohl nur ein Engländer kommen, dessen Mangel an Erfahrungen im entsprechenden Gewerbe zuversichtlich korrespondiert mit der Hoffnung auf eine neue Exis­tenz im gelobten Ausland. Leider lässt das Glück in Gestalt von bar in Euro zahlender Gäste trotz Tourismus-Boom auf sich warten. Im Gegensatz zu den enervierenden Anrufen der daheim auf der Insel – vermutlich im idyllischen Yorkshire – gebliebenen Gattin und den notorisch das britische Frühstück verweigernden Sprösslingen.
Schon ein „Continental Breakfast“ ist freilich eine Herausforderung für einen Hotelbesitzer, dessen pakistanisches Faktotum Schardol ein recht eigenwilliges Idiom spricht, während die strenge russische Putzfrau Olga wortkarg dem Kommunismus nachtrauert. So gertenschlank, blond und blauäugig wie der echte Engländer Mike McAlpine muss man da schon sein, dem der türkischstämmige Autor und Regisseur Aydin Isik seine Komödie Hotel Happy German auf den Leib geschrieben hat. McAlpine ist native speaker mit liebenswürdigem deutschem Akzent und allen britischen Comedy-Wassern gewaschen, die nur ein UK-Eingeborener so fabelhaft authentisch auf die Bühne bringen kann. Im spitzen „Queens-English“-Ton bleibt er gnadenlos höflich, bis der Whisky seine Zunge löst. Was der smarte Herr Zimmermann so erstaunlich gelassen akzeptiert wie den kulinarisch grenzwertigen Kaffee und fehlende Croissants. Der Typ im feinen Maßanzug (Kostüme: Sylvia Wasserburger) scheint nicht grundlos im „Happy German“ abgestiegen zu sein. Volker Hein (neben seiner professionellen Bühnentätigkeit auch Jugendreferent der Theatergemeinde Köln) spielt den unerschütterlichen Messe-Besucher genauso gut wie den durchgeknallten Zuhälter mit Lederkluft und künstlicher Lockenpracht.
Die Ablösesumme für dessen Asphaltschwalbe Jessika, die in einem Zimmer von „Happy German“ endlich frei arbeiten möchte, übersteigt alle Pfunde, die Mr. Walker je gesehen hat.
Ob die aufdringliche Hamburger Touristin Grünhäuser (Marion Minetti alternierend mit Christine Gelder) nun frisch geschieden oder verwitwet ist, geht den Mann an der Rezeption nichts an. Hauptsache, der Gatte zahlt. Möglichst auch für den ungezogenen, verdammt bissigen Grünschnabel Felix, den Ivana Langmajer ebenso vergnüglich verkörpert wie die Furcht erregende schwarzhaarige Olga und deren rettenden blonden Zwillingsengel Annika. Das charmante Mädel ist nebenbei Spezialistin für ausländerfeindliche islamische Terroristen, die Happy Germany vor kriminellen Inländern beschützen möchten. Den in Olga verknallten Hotel-Diener und den arabischen Intellektuellen oder Bombenleger Ahmet spielt Aydin Isik selbst und dreht die Geschichte nach der Pause so ins Multikulti-Klischee-Absurde, dass Mr. Walker vor dem filmreifen Showdown zu Rattengift greift.
Politisch total unkorrekt, aber so heiter mit trockenem Humor gewürzt, dass die Krimi-Spannung über alle amüsanten Untiefen hinweg trägt. Außerdem ein perfektes Beispiel dafür, dass eine Produktion des Kölner Horizont-Theaters auch in Bad Godesberg reüssieren kann. Wenn es künstlerisch passt und nicht durch politische Spardiktate erzwungen wird. E.E.-K.

War leider nur bis zum 23.09.12 auf dem Spielplan.

Donnerstag, 17.01.2013

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