Von Mücken, Elefanten und der Macht in den Händen - kultur 45 - März 2008

Versuch über die Relativität der Bilder und Töne - Von Mücken, Elefanten und der Macht in den Händen in der Bundeskunsthalle

­Die Musik ist nur ein Element in dem thea­tralen Möglichkeitsraum, der die politischen Dimensionen geistiger und sinnlicher Dimensionsverschiebungen spielerisch zur Disposition stellt. Wie wird die Mücke zum Elefanten oder umgekehrt, wann wird das Geräusch trockener Blätter zur Sinfonie, wo liegt Prosperos Insel, und welcher Wahnsinn hat Methode? Das junge Autoren- und Regieteam Bernhard Herbordt und Melanie Mohren (übrigens Bonnerin) hat sich gemeinsam mit dem Komponisten Hannes Galette Seidl auf eine Forschungsreise begeben zu den verborgenen Orten der Macht und den Grenzen der Vorstellung. In kleinen dramatischen Aktionen brechen sie die Differenz auf zwischen der Zeitlichkeit des Gehörten, der Sichtbarkeit von Geschichte(n) und der je nach Wahrnehmungsweise changierenden Bedeutung. Massen von Realitätspartikeln schwirren durch die herbeizitierten Gedankenwelten. Canettis Masse und Macht trifft z.B. auf Schrebers Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken, Heisenbergs Unschärfetheorie, die erste Mondlandung und den amerikanischen Senator, der mit einem 15-stündigen Redefluss den Lauf der parlamentarischen Demokratie anhielt.
Die narrativen Hoheitsgebiete (Ausstattung: Anike Sedello) besetzt die Schauspielerin Katharina Zoffmann mit charmantem Witz. Der Schauspieler Andreas Hilscher kreuzt ihre Wege durch das Labyrinth der Uneindeutigkeiten. Christopher Sprenger (Solorepetitor an der Bonner Oper) dirigiert die filigrane Klanginstallation, die live teils von Musikern des Beet­hovenorchesters Bonn gespielt, teils elektronisch verfremdet eingeblendet wird. Drei Musiker wandern durch das Bühnengeschehen, treffen sich kurz zum Konzert ihrer Instrumente und verlassen den Raum wieder als Vereinzelte. Ganz am Ende öffnet sich der Hintergrund für den verrückten Möglichkeitsraum der menschlichen Stimme: Wie eine Erscheinung aus der schönen, fremden Kunstwelt der Oper beginnt Vardeni Davian (Sopranistin im Bonner Opernchor) zu singen.
Mit dieser bei aller Kopflastigkeit durchaus unterhaltsamen, sinnlich spannenden Uraufführung, die der „Fonds Experimentelles Musiktheater“ von NRW Kultursekretariat und Kunststiftung NRW ermöglichte, endete leider aus den bekannten Spargründen die Reihe „Bonn Chance!“ im Forum der Bundeskunst­halle. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 70 Min. ohne Pause
Fand nur vom 23. bis zum 29.01.08 statt.

Dienstag, 12.08.2008

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