Arne Lenk - kultur 51 - 11/2008

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Arne Lenk – Tom, Karlos und Michael Ben-Shaked

Seit zwei Spielzeiten gehört Arne Lenk jetzt zum Ensemble des Bonner Schauspiels. Es ist sein erstes festes Theater-Engagement. Dem Publikum vorgestellt hat er sich im Herbst 2006 in Kleists Familie Schroffenstein (Regie: Ingo Berk), wo er die Vasallen der feindlichen Stämme verkörperte. Seine erste Hauptrolle spielte er in der deutschsprachigen Erstaufführung von Schneemann (Regie: Jens Kerbel) in der Werkstatt. In dem Stück des Kanadiers Greg MacArthur war er der junge Einzelgänger Jude, ein seltsam verstörtes großes Kind in der Eiswüste. In Klaus Weises Senioren-Sommernachtstraum war er der langhaarige Schnösel Egeus und der muntere Handwerker Schlucker. In der Regie von David Mouchtar-Samorai folgte im Sommer 2007 in Goldonis Komödie Krach in Chiozza der sympathische junge Toffolo, der ganz naiv zum Auslöser eines wilden Streits wird – ein Glanzstück in Lenks erstem Bonner Jahr. „Ich fand es toll, gleich so unterschiedliche Regisseure kennenzulernen und vieles ausprobieren zu dürfen.“
Mit Mouchtar-Samorai hat er jetzt wieder zusammengearbeitet bei der höchst erfolgreichen Glasmenagerie von Tennessee Williams. Er spielt den jungen Tom Wingfield, diesen wütenden Träumer und verzweifelten Dichter. „David fordert einen total, verlangt äußerste Präzision, lässt einen dabei aber ständig Neues entdecken. Außerdem ist er ein begnadeter Schauspieler, der auf den Proben vieles selbst vorspielt.“
Arne Lenk wurde 1979 in Hamburg geboren, wo er auch aufwuchs. An seiner Schule hatte er zwar Darstellendes Spiel als Kurs belegt und bei der Theaterjugend Hamburg mitgewirkt, aber nicht daran gedacht, daraus seinen Beruf zu machen. „Das kam ziemlich plötzlich, als ein Schauspielschüler bei uns zur Untermiete wohnte, der für mich so was wie ein älterer Bruder wurde. Wir sahen uns viele Aufführungen an; das faszinierte mich so, dass ich in der 12.Klasse das Gymnasium abbrach und in eine private Schauspielschule wechselte. Ich habe zwar ein Diplom, aber kein Abitur.“ Er bewarb sich an der Westfälischen Schauspielschule Bochum und bekam einen der begehrten Studienplätze. Volker Muthmann, seit der vergangenen Spielzeit in Bonn engagiert, war übrigens in derselben Klasse.
Nach dem Abschluss 2004 ging Arne Lenk erst mal nicht ans Theater, sondern kehrte nach Hamburg zurück und arbeitete für Film und Fernsehen. Er wirkte bis 2007 in etlichen Serien für verschiedene Sender mit und war in mehreren großen Rollen im Kino zu sehen. Zu seinen besten Filmen zählt er die deutsch-belgische Koproduktion Bluthochzeit (2005, Regie: Dominique Deruderre), wo er an der Seite so berühmter Kollegen wie Armin Rohde und Uwe Ochsenknecht die zentrale Figur spielte.
Als Gast trat er zwischendurch auf den Bühnen in Wuppertal und Oberhausen auf. 2006 lud ihn der damalige Bonner Chefdramaturg Helmut Postel, der in Bochum sein Dramaturgie-Lehrer war, zu einem Vorsprechen am Theater Bonn ein. Er wurde sofort engagiert und zog von der Elbe an den Rhein. „Bonn ist zwar viel kleiner als Hamburg, aber sehr lebendig. Es gefällt mir hier ausgesprochen gut. Vor allem ist es schön, dass das Theater so viel Vertrauen in mich setzt und mir wichtige große Rollen anvertraut.“
Zur Zeit probt Arne Lenk Schillers Don Karlos (Premiere ist am 24.10.); er spielt die Titelrolle, sein Freund Volker Muthmann den Marquis von Posa. Mit dem Regisseur Stefan Heiseke hat er bereits zusammengearbeitet bei dem Überraschungserfolg der vergangenen Saison, der Uraufführung von Savyon Liebrechts Die Banalität der Liebe. Das Stück wurde gerade wiederaufgenommen. Arne Lenk spielt dort den jungen Rafael Mendelssohn und dessen Sohn Michael Ben-Shaked. „Der Beifall gestern Abend war wieder toll. Man merkt auf der Bühne deutlich, wie diese Vorstellung im Publikum ankommt. Stefan ist ein unheimlich belesener Regisseur, der immer sorgfältig vorbereitet zu den Proben kommt und jedes Wort ernst nimmt.“
In der Spielzeit 2007/08 war Arne Lenk außerdem zu sehen in Ingo Berks Inszenierung von Botho Strauß’ Groß und Klein und in dem Werkstattprojekt Generation P (Regie: Frank Heuel), das am 6.November noch einmal in Bonn auf dem Spielplan steht und dann an anderen Orten gastiert. „Die Arbeit mit Frank und dem Fringe-Ensemble ist sehr speziell. Die Recherchen vorher waren spannend. Es ging ja nicht darum, einen realen Menschen nachzuspielen, sondern aus dem gesammelten Material eine Figur zu erfinden. Ich habe mal die Originalaufnahmen von den Interviews bekommen und festgestellt, dass das Vorbild für meine Rolle völlig anders war als das, was ich auf der Bühne zeigte.“
Eine ähnliche Schauspieler-Konstellation wie bei Don Karlos gab es in der vergangenen Spielzeit schon in Goethes Clavigo. Arne Lenk spielte den zwischen Gefühl und Karriere schwankenden Feuerkopf Clavigo, Volker Muthmann seinen zwielichtigen Freund Carlos. „In Schillers ‚Karlos’ geht es weniger um private Konflikte als um Politik. Das Stück lässt sich nicht zusammenstreichen auf ein Thema. Wir versuchen, alle Handlungsfäden zusammenzuführen.“
Arne Lenks aktuelle Lieblingsrolle ist jedoch der Tom in der Glasmenagerie. Seine Traumrolle wäre der Prinz von Homburg und später mal der Jago in Shakespeares Othello. Außerdem singt er leidenschaftlich gern (am liebsten zu Hause, wenn seine Freundin ihn auf der Gitarre begleitet) und spielt Schlagzeug. U. a. beim Rio-Reiser-Abend in der Werkstatt hat er sängerisch mitgewirkt und zuletzt in A Night at the Opera beim Theaterfest zur Eröffnung dieser Spielzeit. „Mit dem großen Beethoven-Orchester im Hintergrund auf der Bühne zu stehen, war schon fantastisch.“ Was ihn als Schauspieler am meisten begeis­tert, fasst er ganz kurz zusammen: „Ich bin immer wieder überrascht, wie überrascht man sein kann.“

Donnerstag, 08.12.2011

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