Kölner Philharmonie

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Sir Simon Rattle
Foto: Astrid Ackermann
Sir Simon Rattle
Foto: Astrid Ackermann

Konzert - Schumann & Strawinsky

Sir Simon Rattle, Dirigent


Robert Schumann (1810-1856)
Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61

Robert Schumann komponierte seine zweite Symphonie in den Jahren 1845/46 während einer Phase erheblicher persönlicher und gesundheitlicher Herausforderungen. In dieser Zeit litt er unter depressiven Verstimmungen und signifikanter nervlicher Belastung, wie auch aus seinen Briefen hervorgeht, in denen er von „düsteren Tagen“ berichtete, die das Komponieren erschwerten. Trotz dieser Umstände begann Schumann ein systematisches Studium des Kontrapunkts und widmete sich einer strengeren kompositorischen Arbeitsweise. Das Resultat ist eine Symphonie, die auf diese Erfahrungen Bezug nimmt und trotz ihres ernsten Ursprungs einen optimistischen Abschluss findet. Der erste Satz beginnt ungewöhnlich: eine ruhig dahinfließende Introduktion wird von einer feierlich aufsteigenden Fanfare flankiert, die den gesamten Verlauf der Symphonie prägt. Aus dieser Keimzelle entwickelt Schumann einen weiträumigen Satz, in dem
kontrapunktische Verdichtungen, leidenschaftliche Steigerungen und lyrische Episoden nebeneinanderstehen. Schon hier zeigt sich ein Grundzug der ganzen Symphonie: die Durchdringung von intellektueller Strenge und subjektivem Ausdruck. Es folgt ein Scherzo von außergewöhnlicher Vitalität. Die sprudelnde Motivik der Streicher wird durch gleich zwei Trios unterbrochen – eine Erweiterung der Form, die Schumanns Neigung zur Vielfalt und inneren Differenzierung verdeutlicht. Der dritte Satz, Adagio espressivo, ist das poetische Zentrum des Werkes. Mit seiner teils düstern und dann doch wieder hoffenden Harmonik, gehört er zu den vielleicht schönsten langsamen Sätzen der Romantik und zeugt von großer persönlicher Emotionalität des Komponisten. In diesem Satz klingt die persönliche Empfindung unmittelbar auf – nicht umsonst empfanden viele Hörer hier eine Art klingendes Tagebuch des Komponisten. Das Finale schließlich führt den zyklischen Gedanken des Werkes zur Vollendung. Die Fanfarenfigur des Anfangs kehrt wieder, nun in gesteigerter und triumphaler Form. Der Satz bündelt motivische Fäden, steigert sich zu orchestraler Brillanz und endet in einer Apotheose von strahlender C-Dur-Helligkeit. Schumanns zweite Symphonie ist daher kein Werk der bloßen Heiterkeit, sondern ein Drama der Überwindung. Aus innerem Ringen, Krankheit und Melancholie wächst eine Musik, die von Zuversicht und schöpferischer Kraft kündet.

Igor Strawinsky (1882 - 1971)
L'Oiseau de feu

Ballett in zwei Bildern für Orchester. Szenario von Michail Fokin nach einem russischen Volksmärchen Mit dem „Feuervogel“ betritt Strawinsky 1910 die große Bühne der Musikgeschichte. Sergej Djagilew, der Gründer der legendären Ballets Russes, hatte den jungen Komponisten beauftragt, ein neues Ballett zu schreiben eigentlich eine riskante Entscheidung, denn Strawinsky war bis dahin nur durch kleinere Orchesterwerke bekannt. Der Erfolg der Uraufführung in Paris bedeutete jedoch den internationalen Durchbruch: von einem Tag auf den anderen galt Strawinsky als die neue Stimme der modernen Musik. Die Handlung des Balletts beruht auf russischen Märchenstoffen. Iwan Zarewitsch begegnet im Zaubergarten dem geheimnisvollen Feuervogel, der ihm hilft, die gefangenen Prinzessinnen zu befreien und den bösen Zauberer Kastschei mitsamt seinem Gefolge auszuschalten. Das Sujet erlaubt einen großen Bogen an musikalischen Charakteren: geheimnisvolle, schimmernde Klangflächen für den Feuervogel, groteske und unheimliche Szenen für Kastscheis Reich, lyrische Tänze für die Prinzessinnen, ekstatische Rhythmen für den „Höllentanz“ und schließlich den triumphalen Schluss, wenn das Gute obsiegt. Strawinskys Partitur ist ein Meisterwerk orchestraler Erfindung. Der Komponist war Schüler von Nikolai Rimsky-Korsakow, einem der größten Orchestratoren des 19. Jahrhunderts, und entwickelte dessen farbenreiche Tradition weiter. Charakteristisch sind leuchtende Holzbläserfiguren, ungewöhnliche Registerkombinationen, die Verwendung seltener Instrumente (z. B. Celesta, Harfe, Schlagwerk in großer Vielfalt) und eine scharfe rhythmische Profilierung. All dies erzeugt eine Musik, die sowohl erzählerisch als auch sinnlich unmittelbar wirkt. Von der ursprünglichen Ballettpartitur existieren mehrere Konzertsuiten (1911, 1919, 1945). Die 1919er Fassung, die heute am häufigsten gespielt wird, bietet eine ausgewogene Auswahl und konzentriert sich auf die dramaturgisch markantesten Szenen. Nach einer geheimnisvoll-dunklen Einleitung folgen die „Tanzweisen des Feuervogels“ mit irisierenden Klängen, die tänzerisch-lyrischen Episoden der Prinzessinnen, der wilde „Höllentanz“ Kastscheis und schließlich die große Schlussapotheose, deren breite, hymnische Melodie zu den einprägsamsten Eingebungen Strawinskys zählt. Der „Feuervogel“ markiert einen Wendepunkt. Einerseits steht er noch spürbar in der spätromantischen Tradition, die von Rimsky-Korsakow und Tschaikowsky geprägt wurde. Andererseits deutet er bereits auf jene stilistische Radikalität voraus, die in Petruschka (1911) und vor allem im Sacre du printemps (1913) ihren Höhepunkt erreichen sollte. Damit ist der Feuervogel nicht nur ein brillantes Märchenballett, sondern zugleich ein Werk an der Schwelle zur musikalischen Moderne – ein Brückenschlag zwischen Tradition und Zukunft.
Sebastian Jacobs

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Letzte Aktualisierung: 09.10.2025 18:01 Uhr     © 2025 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn