Staatenhaus am Rheinpark, Saal 2
Manon Lescaut
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- Carolina López-Moreno
Foto: Oper Köln
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Carolina López-Moreno
Foto: Oper Köln
Dramma lirico in vier Akten
Libretto von Marco Praga, Domenico Oliva und Luigi Illica
Koproduktion mit dem Teatro Real Madrid
Oper - Giacomo Puccini
Musikalische Leitung: Andrés Orozco-Estrada / Arne Willimczik
Inszenierung: Carlos Wagner
Bühne: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Jon Morrell
Licht: Nicol Hungsberg
Chorleitung: Rustam Samedov
Dramaturgie: Stephan Steinmetz
Personen:
Manon Lescaut
Lescaut
Des Grieux
Geronte di Ravoir
Edmondo
Der Wirt / Ein Sergeant
Ein Musiker
Ein Tanzlehrer
Ein Laternenanzünder
Ein Kommandant der Marine
Zur Handlung
Orte der Handlung sind Frankreich und Nordamerika in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Akt I
Ein lauer Abend auf einem weitläufigen Platz in Amiens im Norden Frankreichs. Die Studenten – darunter Edmond und Des Grieux – schwingen melancholisch-romantische Reden von Jugend, Sehnsucht und Abenteuer. Des Grieux, der wegen seiner angeblichen Unerfahrenheit in Liebesdingen von seinen Freunden verspottet wird, versucht sich an der Verführung vorbeiziehender junger Damen. Da fährt der Postwagen aus Paris vor, aus dem galant Manon und ihr Bruder Lescaut, ein Sergeant der königlichen Garde, steigen. Für Des Grieux ist es Liebe auf den ersten Blick. Dass Manon gekommen ist, um Nonne zu werden, erfüllt ihn mit Grauen. Er bietet ihr an, ihr bei einem nächtlichen Treffen an gleicher Stelle zu helfen, um ihre Zukunft im Kloster abzuwenden. Gleiches plant Geronte de Ravoir, Generalschatzmeister von Amiens. Er beginnt mit Lescaut zu plaudern und schließlich im Gasthaus zu zechen, wo sich auch die Studenten zum Kartenspiel eingefunden haben. Er lässt den Wirt eine Kutsche für ihre gemeinsame Flucht organisieren. Edmond beobachtet ihn dabei und hilft seinem Freund Des Grieux, diese List für sich zu nutzen. Lescaut und Geronte, von den Studenten mit Wein betrunken gemacht, bleiben im Trubel des Wirtshauses zurück, während das Liebespaar in die Nacht entschwindet.
Akt II
Nach einer kurzen, intensiven Zeit an der Seite von Des Grieux ist Manon, des entbehrungsreichen Lebens müde, im Pariser Haus Gerontes eingekehrt. Während sie in dessen elegantem Salon frisiert und geschminkt wird, erkundigt sie sich bei ihrem Bruder nach Des Grieux. Trotz aller sie umgebenden Reichtümer, vermisst sie die mit ihm geteilte Leidenschaft. Des Grieux, so weiß Lescaut zu berichten, ist dem Glücksspiel verfallen, um Manon für sich gewinnen zu können. Mehrere Musiker erscheinen und tragen ein von Geronte für Manon geschriebenes Madrigal vor. Geronte und mehrere Herren, darunter Abbés, treten in Begleitung eines Tanzmeisters auf; ein gepflegter Tanzabend beginnt. Während Geronte Manon anhimmelt, langweilt sie sich. Plötzlich taucht Des Grieux auf und nach anfänglichem Zögern versöhnt sie sich mit ihm. Als Geronte Manon aufhalten möchte, wirft sie ihm boshaft seine Unansehnlichkeit vor, woraufhin er die beiden gekränkt zurücklässt. Kurze Zeit später erscheint Lescaut außer Atem und berichtet, dass Geronte Manon angezeigt habe. Da sie sich nur schwer von ihren Juwelen und Edelsteinen trennen kann, kommt Manon dem Aufruf ihres Bruders, zu fliehen, nicht schnell genug nach und wird verhaftet.
Akt III
Ein orchestrales Zwischenspiel erzählt von Manons Gefangenschaft und ihrem Transport nach Le Havre. Ihr Urteil lautet Verbannung: von dort aus soll sie in eine amerikanische Strafkolonie verschifft werden. Ihr Bruder und Des Grieux planen gemeinsam ihre Befreiung. Zunächst begegnen sich die Liebenden, ein bestochener Wachmann erlaubt ein Zusammentreffen, bei dem Liebessschwüre ausgetauscht werden und Des Grieux Manon in den Plan einweiht. Doch während der Laternenwächter mit seinem Lied das Löschen der Leuchtturmlampen und den anbrechenden Morgen verkündet, ertönen Schüsse: der Fluchtplan ist aufgeflogen. Lescaut treibt Des Grieux zur Eile, doch erst Manons inständiges Flehen bewegt ihn, sie zurückzulassen. Die beiden Männer schaffen es, in der vom Tumult aufgestachelten Menge zu verschwinden. Da bläst der Sergeant zum Appell, und die Einschiffung derjenigen, die der Prostitution angeklagt sind, kann beginnen. Eine Frau nach der anderen wird aufgerufen. Während Manon an der Menge vorüberzieht, beginnt ihr Bruder von ihrem bedauernswerten Schicksal zu sprechen. Trotz aller Gefahr nähert sich Des Grieux seiner Geliebten. Beim Abschiednehmen werden sie vom Kommandanten entdeckt. Voller Verzweiflung wirft Des Grieux sich ihm zu Füßen und bittet um Gnade. Alles könne er ertragen, jede Arbeit an Bord des Schiffes übernehmen, sofern man ihn nicht von Manon trenne. Von ihrer Liebe gerührt, willigt der Kommandant ein.
Akt IV
Abgemagert und ärmlich gekleidet schleppen sich Des Grieux und Manon durch eine dürre, scheinbar endlose Ebene nahe New Orleans. Manon ist krank und leidet unter Schmerzen. Nachdem sie ohnmächtig geworden ist, schickt sie Des Grieux auf die Suche nach Wasser. Einmal allein, erinnert sie sich an die Ereignisse nach ihrer gemeinsamen Ankunft in Nordamerika. Als man sie erneut trennen wollte, war Des Grieux in einen blutigen Kampf verwickelt worden und es blieb ihnen wieder nur die Flucht. Sie verflucht ihre vergangene Eitelkeit und fleht um mehr Lebenszeit. Ohne Wasser gefunden zu haben, kehrt Des Grieux zurück und schließt Manon in seine Arme. Sie gesteht ihm ein letztes Mal ihre unendliche Liebe, bevor sie von Krämpfen geschüttelt stirbt.
Zum Werk
Giacomo Puccinis Manon Lescaut (1893) ist nach Le Villi (1884) und Edgar (1889) seine dritte Oper und das Werk, das seinen Ruf endgültig begründete. Die Vorlage bildet der 1731 erschienene Roman Histoire du Chevalier des Grieux et de Manon Lescaut des Abbé Antoine-François Prévost d‘Exiles, ein Meilenstein des sentimentalen Romans des 18. Jahrhunderts. Prévost (1697–1763) ist bis heute vor allem für diese Geschichte über Liebe, Begierde und sozialen Niedergang bekannt.
Die Entstehungsgeschichte des Librettos von Puccinis Fassung ist komplex. Puccini und sein Verleger Giulio Ricordi arbeiteten mit mehreren Autoren zusammen, sodass die Urheberschaft sehr verworren ist. Schlussendlich schaffte es keiner der zahlreichen Autorennamen auf die Titelseite der ersten Partitur. Der Haupttext wird Luigi Illica, Giuseppe Giacosa, Marco Praga und Domenico Oliva zugrechnet, mit zusätzlichen Beiträgen von Ruggero Leoncavallo, Ricordi und Puccini selbst. Dieser kollektive Schaffensprozess spiegelt nicht nur die sich entwickelnden dramaturgischen Pläne wider, sondern auch das wachsende Bestreben des Komponisten – beginnend mit Manon Lescaut –, Themen und Libretti nach seinen eigenen dramatischen Vorstellungen zu gestalten. Der Kontext spielte hierbei eine große Rolle: Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte Prévosts Erzählung Daniel-François-Esprit Auber zur Oper Manon Lescaut (1856), sowie Jules Massenet zu seiner äußerst erfolgreichen Manon (1884) inspiriert. Trotz der Gefahr möglicher Plagiatsvorwürfe war Puccini überzeugt von seiner Fassung, da er der Heldin eine eigenständige italienische Existenz zueignen wollte, die leidenschaftlicher war als die gepuderte Eleganz von Massenets Werk. Die Premiere in Turin 1893 war ein sofortiger Triumph. Zeitgenössische Berichte und spätere Nachschlagewerke stimmen darin überein, dass Manon Lescaut Puccinis Weltruhm initiierte. Die Oper verbreitete sich schnell und erreichte 1907 schließlich die Metropolitan Opera in New York (mit Lina Cavalieri und Enrico Caruso unter der Leitung von Arturo Vigna).
Manon reiht sich ein in die Galerie von Heldinnen, die im Zentrum von Puccinis Opernschaffen stehen – die prominentesten unter ihnen sind Mimì (La Bohème, 1896), Tosca (1900) und Cio-Cio-San (Madama Butterfly, 1904). Stets lieben sie innig, finden ihre Liebe aber konfrontiert mit dem Drama gesellschaftlicher Umstände. Manons Entscheidungen, bestimmt von ihrem Schwanken zwischen der aufrichtigen, tiefen Zuneigung, die sie für Des Grieux empfindet und den Verlockungen von Reichtum, Komfort und Status führen zu ihrem tragischen Ende, das auch ein moralisches Urteil über sie zu sprechen scheint. Puccinis Musik tönt und kommentiert, kündigt mittels des Orchesters jedoch nicht nur an, wie sich die Handlung entfalten wird, sondern erzählt immer auch von Manons Menschlichkeit und lässt sie so trotz ihrer moralischen Ambiguität zu einer Figur werden, mit der das Publikum Mitleid hat. Manon ist sowohl Auslöserin als auch Opfer des Dramas.
Mehrere musikalische Momente sind berühmt geworden: Im ersten Akt bestimmt des Grieux' leidenschaftliche Romanze Donna non vidi mai sofort die lyrisch-romantische Stimmung der Oper. Im zweiten Akt wird Manon in zwei gegensätzlichen Porträts gezeigt: in dem introspektiven In quelle trine morbide, in welchem sie die Leere hinter dem Luxus bekennt, und in der stilisierten Unterhaltungsszene in Gerontes Haus, in der Puccini sie in einer zeitgenössischen Tanzkomposition gleichzeitig als Objekt und Akteurin darstellt. Das symphonische Intermezzo zwischen dem zweiten und dritten Akt schlägt mit einer Flut von erinnerungsreichen Motiven eine Brücke zwischen der Pariser Opulenz und der Trostlosigkeit von Le Havre – es wird bei Aufführungen oft besonders hervorgehoben. Der vierte Akt gipfelt schließlich in Manons großer Klage Sola, perduta, abbandonata, einer Szene, deren karge Gesangslinien und sparsame Texturen den tragischen Fokus vor dem erschöpften letzten Duett der Liebenden konzentrieren.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Anna-Lu Rausch
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