Staatenhaus am Rheinpark, Saal 3
La passion de Simone

- Christian Karlsen
Foto: Christian Karlsen

Christian Karlsen
Foto: Christian Karlsen
Oper - Kaija Saariaho
Oratorium in 15 Stationen
Libretto von Amin Maalouf
Kooperation mit dem Festival ACHT BRÜCKEN
Musikalische Leitung Christian Karlsen
Inszenierung Friederike Blum
Bühne und Kostüme Lise Kruse
Licht Andreas Grüter
Dramaturgie Svenja Gottsmann
Sopran Lavinia Dames
Vokalensemble Maria Koroleva, Alina König Rannenberg
Tina Drole, Johanna Thomsen, Rhydian Jenkins
Armando Elizondo, William Socolof, Christoph Seidl
Gürzenich-Orchester Köln
Kooperation mit dem Festival Acht Brücken
Simone Weil
Die französische Sozialrevolutionärin, Philosophin, Mystikerin und Lehrerin (1909 – 1943) war jüdischer Abstammung. Sie war agnostisch aufgewachsen. Nach dem Abitur studierte sie Philosophie und schloss das Studium 1931 ab. Als Gewerkschafterin kritisiert sie nicht nur den Marxismus, sondern auch den Stalinismus und den Nationalsozialismus.
Wichtig war ihr‚ am Puls der Zeit zu sein. So beginnt sie mit der Zulassung zum Lehrberuf, in Puy-en Velay zu unterrichten. 1934 quittiert sie den Lehrberuf und entscheidet sie sich, voll und ganz als Fabrikarbeiterin zu leben. Die zermürbende Arbeit an den Maschinen und ihre angeschlagene Gesundheit lassen eine Weiterarbeit aber nicht zu (1935).
Trotz ihrer Einstellung als engagierte Pazifistin beschließt sie, am Spanienkrieg, der 1936 ausbricht, teilzunehmen. Sie schreibt: „Ich mag den Krieg nicht, aber was ich im Krieg immer am schrecklichsten fand, ist die Situation derer, die sich im Hinterland befinden und über etwas schwatzen, von dem sie keine Ahnung haben.“ Durch die erlebten Erfahrungen des Spanischen Bürgerkrieges kam ein starkes Interesse an christlicher Mystik in ihr auf. Somit wurde das Verhältnis von Politik und Religion eines ihrer zentralen Themen. Ihr soziales Engagement war so radikal, dass die gesamte Lebenseinstellung und Lebensführung an ihre physische Grenzen ging. Sie starb im Alter von 34 Jahren in einem englischen Sanatorium. Die Diagnose war Tuberkulose.
Handlung
Das von der finnischen Komponistin Kaija Saariaho geschriebene Oratorium besteht aus 15 Episoden aus dem Leben der französischen Sozialrevolutionärin Simone Weil. Die einzelnen Stationen, die auf der Bühne inszeniert werden, sind wie folgt, anschaulich beschrieben:
1. „Die Sopranistin spricht Simone als ältere Schwester an, die zwar vor ihr geboren wurde, das Älterwerden aber verweigerte. Sie bewundert sie dafür, ihr Leben zu einer „leuchtenden Passage“ gemacht zu haben, bedauert aber gleichzeitig, dass sie den Tod vorgezogen habe.
2. Simone hat ihr Kreuz bewusst auf sich genommen. Andererseits hat sie es sich nicht ausgesucht, eine Frau oder eine Jüdin zu sein.
3. Anders als die meisten Menschen hat sie sich nicht von der Welt abgewandt, sondern von sich selbst, um der Welt ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken.
4. Sie hat sich so sehr auf das Leiden der Menschheit konzentriert, dass sie das Leiden innerhalb ihrer Familie kaum wahrnahm.
5. Um das Schicksal der Arbeiter zu teilen, hat sie selbst wie eine Sklavin in einer Fabrik gearbeitet.
6. Der Chor beschreibt das Foto auf ihrer Fabrikkarte mit der Nummer A96630, von der man glaubte, sie gehörte einer Deportierten.
7. Nachdem sie aus der Fabrik ausgeschieden war, verachtete sie gleichermaßen Revolutionen, Demokratien, Parteien, Nationen und Kirchen als Gefängnisse des Geistes und glaubte nur noch an die „zitternde Flamme“ im Inneren des Menschen.
8. Sängerin und Sprecherin zitieren: „Dieu se retire Pour ne pas être aimé Comme un trésor par un avare“ (‚Gott zieht sich zurück, um nicht wie so geliebt zu werden wie ein Schatz von einem Geizigen‘).
9. Man sollte wissen, wie man Gott und andere Menschen um ihrer selbst willen lieben kann. Simone litt zwar ebenso wie ihre Nächsten, konnte aber nicht das Wort „wir“ aussprechen.
10. Sie fand sich alleine mit ihrer Mystik in einer Welt der Dunkelheit wieder.
11. Nachdem sie lange geglaubt hatte, dass Krieg um jeden Preis vermieden werden müsse, nahm sie schließlich selbst daran teil. Sie hatte einen solch großen Opferwillen, dass die Résistance ihr misstraute.
12. Daraufhin suchte sie einen anderen Weg des Opfers: Als sie vom Hunger in Frankreich hörte, verweigerte sie selbst das Essen.
13. Sie starb im Alter von 34 Jahren in einem englischen Krankenhaus – ungefähr im selben Alter wie Alexander der Große oder Jesus Christus.
14. Die Menschheit erkannte nicht, wen sie verloren hatte.
15. Nach ihrem Tod wurden ihre Worte quasi als Testament veröffentlicht. Sie ging ihrer eigenen Auslöschung entgegen und erreichte die Wiederauferstehung. Auf der Erde hingegen herrscht weiterhin Betrug. (Wikipedia)“
Der finnischen Komponistin Kaija Saariaho (2023 verstorben) war es wichtig, ihre wohl bekannteste Komposition, obwohl es ein Oratorium ist, szenisch aufzuführen. Den Text zum Bühnenwerk schrieb der französisch-libanesischer Autor Amin Maalouf. Er gestaltete mit dem Opernregisseur Peter Sellars die Uraufführung 2006 in Wien.
Das Oratorium wird musikalisch getragen von Solosopran, Chor und Orchester. Klanglich dominieren die impressionistischen Klangflächen, wobei ab und zu – dramatisch zugespitzt – diese Flächen durch explodierendes Schlagwerk unterbrochen werden.
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Dr. Reinhold Wecker
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