Staatenhaus am Rheinpark, Saal 2
Orlando

Orlando
Foto: Matthias Jung

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Foto: Matthias Jung

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Foto: Matthias Jung

Orlando
Foto: Sandra Then

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Foto: Sandra Then

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Foto: Sandra Then

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Foto: Sandra Then
Oper in drei Akten
Oper - Georg Friedrich Händel
Libretto nach Carlo Sigismondo Capece (1652 – 1828) auf der Grundlage des Epos „Orlando furioso“ (1516) von Ludovico Ariosto (1474 – 1533)
Uraufführung: 27. Januar 1733 im King’s Theatre, Haymarket
Produktion des Festival Peralada
Dauer: 2 1/2 Stunden (inklusive Pause)
Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky
Inszenierung und Kostüme: Rafael R. Villalobos
Bühne: Emanuele Sinisi
Licht: Albert Faura
Dramaturgie: Svenja Gottsmann
Personen der Handlung
Orlando
Angelica
Medoro
Dorinda
Zoroastro
Zum Inhalt
Der Inhalt der Oper „Orlando“ lässt sich kurz zusammenfassen: Orlando liebt Angelica, Angelica liebt Medoro, den wiederum Dorinda liebt, die aber auch nicht unempfänglich für die Reize Orlandos ist. Über allem wacht als guter Geist der Zauberer Zoroastro, der verhindern will, dass Orlando der Liebe folgt anstatt seiner wahren Berufung als Kämpfer und Held. Zum Ende fügt sich alles zum Guten: Orlando gibt seine Liebe auf und folgt seiner wahren Berufung, Dorinda erkennt die Aussichtslosigkeit ihrer Liebe und Angelica und Medoro werden ein Paar. Das mag unspektakulär, ja nahezu banal klingen, ist es aber nicht. Denn vor diesem harmonischen „Happy End“ liegen Verwechslungen, Verwicklungen, innere Konflikte, Zweifel, rasende Eifersucht, Wahn und Wahnsinn, Zauberei, plötzliche Szenenwechsel und vor allem Händels Musik. Die Geschichte bietet Georg Friedrich Händel genug Stoff, um mit einer „Zauberoper“ eine in jeder Hinsicht üppige Barockoper zu komponieren, die einerseits die Erwartungen des damaligen Publikums befriedigen möchte, andererseits aber auch Neuerungen enthält, die in die Zukunft weisen.
Zur Musik
Händels Londoner Publikum erwartete seinerzeit von einer Oper und damit von Händel als Komponisten und Opernunternehmer vor allem zweierlei: Ein effektvolles Bühnenspektakel und Arien, in denen sich die Sänger und Sängerinnen als die „wahren Stars“ der damaligen Zeit produzieren konnten. Beides liefert er im „Orlando“ zur Genüge. Das Letztere erwartete auch seine Sängerinnen und Sänger und besonders der Star seines Sängerensembles Francesco Bernardi, genannt Senesimo (um 1680 – 1759), der die Titelrolle, also des Orlando sang. Senesimo, einer der berühmtesten Kastraten zu seiner Zeit, sang jedoch nur in zehn Vorstellungen den Orlando, bevor er kündigte – sei es aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen ihm und Händel, sei es, weil ihm die Rolle des Orlando nicht so auf dem Leib geschrieben war, wie er es sich vorstellte, sei es aus anderen Gründen.
Denn obwohl Händel durchaus die Konvention und Erwartungen an eine Opera seria bedient, geht er im „Orlando“ zugleich über die Tradition im Barock hinaus und entwickelte die Oper weiter. So komponiert er im „Orlando“ einerseits zahlreiche „konventionelle“ Da-capo-Arien, unter denen sich auch die erwarteten virtuosen Bravourarien befinden (am eindrucksvollsten in dieser Hinsicht die Arie der Angelica „Non potrà dirmi ingrata“ im zweiten Akt, aber auch Orlandos Bravour-Arie „Non fu già men forte Alcide“ im ersten Akt ist nicht zu verachten). Darüber hinaus komponiert er aber auch längere vom Orchester begleitete sogenannte Accompagnato-Rezitative (im Gegensatz zum secco-Rezitativ, das nur vom Basso continuo begleitet wird) und kurze „Lieder“, um die Gefühle seiner Figuren darzustellen und zu betonen. Eine der schönsten „Non-da-capo-Arien“ ist Orlandos „Già l’ebro mio ciglio“ im dritten Akt, die, auf einen Wutausbruch folgend, „einfach nur“ Ruhe und Frieden ausstrahlt und in einem idyllischen instrumentalen Nachspiel endet – natürlich keine Gelegenheit für Senesimo als Gesangvirtuose zu glänzen.
Für die damalige Zeit am verstörendsten mag in diesem Sinne vielleicht die sogenannte Wahnsinnsszene am Ende des zweiten Akts auf eher konventionelle Geister gewirkt haben. Außer sich vor Eifersucht glaubt Orlando auf dem Weg in die Unterwelt zu sein. Zwar steht der Held Orlando in dieser Szene im Mittelpunkt und beherrscht allein die Bühne, aber die Musik lässt ihn auch hier nicht nicht mit Koloraturen und Verzierungen glänzen, sondern steht im Dienst der Darstellung der Figur.
Zur Inszenierung
Was bleibt von einer Barockoper wie „Orlando“, von der das Publikum damals ein Bühnenspektakel und Bravourarien für die Stars erwartete, im 21. Jahrhundert? Zunächst einmal natürlich die grandiose Musik Händels mit virtuosen, aber auch innigen Melodien. Ein barockes Bühnenspektakel ist – man mag es begrüßen oder bedauern – nicht mehr zu erwarten. Was aber natürlich ebenfalls bleibt, ist die (nicht nur musikalische) Darstellung und Deutung der Konflikte und Konstellationen zwischen den handelnden Personen, sondern auch die Charakterisierung und Darstellung der inneren Konflikte der Protagonisten selbst.
In Händels „Orlando“ werden nicht nur die Frauenrollen Angelica und Dorinda von Frauen gesungen, sondern auch die Männerrollen Orlando und Medoro werden, wie damals aus anderen Gründen durchaus üblich „normal“, von hohen Stimmen gesungen. Wenn Orlando heute von einem Countertenor und Medoro von einer Frau gesungen wird, kommt es (ohne entsprechende Kostüme) für ein heutiges Publikum zu einer Art Geschlechtertausch bzw. einer Art Aufhebung der klassischen Geschlechterrollen.
Vielleicht war diese Tendenz zum Androgynen für den 1987 in Sevilla geborene Regisseur Rafael R. Villalobos ein Anlass, in seiner leicht gekürzten Inszenierung von Händels „Orlando“ einen Zusammenhang mit Virginia Woolfs (1882 – 1941) Roman „Orlando - eine Biographie“ und dem Leben der Autorin herzustellen.
Virginia Woolfs „Orlando“ erschien 1928. Das Geschlecht der Hauptfigur des Romans Orlando, die über drei Jahrhunderte lebt, wechselt als Erwachsene/r vom Mann zur Frau. Die Figur des Orlando wiederum gilt als ein Spiegel der Persönlichkeit ihrer Freundin Vita Sackville-West. Die Inszenierung nimmt den Roman und „das Beziehungsdreieck zwischen der Autorin Woolf, ihrer Freundin Vita Sackville-West und deren Liebhaberin Violet Trefusis zum Ausgangspunkt für die Figurenkonstellation. (Internetseite der Oper der Stadt Köln)
So verwandelt sich in der vielgelobten Inszenierung von Rafael R. Villalobos, die 2021 erstmals beim Festival in Perelada in Spanien gezeigt wurde, die Dreiecksbeziehung zwischen Dorinda, Angelica und Medoro (wie erwähnt, von einer Frau gespielt) in die Dreiecksbeziehung zwischen Virginia Woolf, ihrer Geliebten, der Schriftstellerin Vita Sackville-West, und deren Geliebten, der Schriftstellerin Violet Trefusis.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Rolf K. Otten
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