Kölner Philharmonie

Concertgebouworkest

Klaus Mäkelä
Foto: Marco Borggreve
Klaus Mäkelä
Foto: Marco Borggreve

Konzert - Mendelssohn Bartholdy, Beethoven u.a.

Chen Reiss, Sopran
Klaus Mäkelä, Dirigent

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 - 1847)
Ouvertüre h-Moll „Die Hebriden“ oder „Die Fingals-Höhle“ op. 26 für Orchester
Felix Mendelssohn Bartholdy hat als junger Mann aus gutem Hause – wie sich das damals gehörte – die Welt bereist, um sich zu bilden. Unter anderem war er auch in Schottland: mit seinem Freund Karl Klingemann besichtigte er im Juli 1829 die Fingals-Höhle auf der Insel Staffa, die zu den Hebriden gehört. Klingemann berichtete: „Staffa, mit seinen närrischen Basaltpfeilern und Höhlen, steht in allen Bilderbüchern; wir wurden in Booten ausgesetzt und kletterten am zischenden Meere auf den Pfeilerstümpfen zur sattsam berühmten Fingals-Höhle. Ein grüneres Wellengetose schlug allerdings in eine seltsamere Höhle – mit seinen vielen Pfeilern dem Innern einer ungeheuren Orgel zu vergleichen, schwarz, schallend und zwecklos für sich allein daliegend – das weite graue Meer darin und davor.“ Die Fahrt zu der der schottischen Westküste vorgelagerten Inselgruppe der Hebriden bildete in Mendelssohns Schottlandreise zweifelsohne den Höhepunkt. Die Stätten der Ossian-Gesänge aufzusuchen, die der Dichter James MacPherson 1761 und 1763 fälschlicherweise als gälische Originale herausgegeben hatte, gehörte auch 1829 noch zum festen Bestandteil einer Bildungsreise durch Europa. Neben unzähligen Landschaftszeichnungen der Inseln entwarf Mendelssohn auf der Insel Mull auch eine musikalische Skizze, die er einem Brief nach Berlin beifügte; dabei handelte es sich um die ersten 21 Takte der Hebriden-Ouvertüre, deren wellenförmiges Hauptmotiv mit der Wellenbewegung des Wassers verglichen wurde. Interessanterweise verzichtete der Komponist in seinem 1832 erstmals gespielten Werk auf Anklänge an volkstümliche schottische Musik, gegen die er eine Abneigung empfand.
Spieldauer: ca. 10 Min

Fanny Hensel (1805 – 1847)
Hero und Leander. Dramatische Szene für Sopran und Orchester H 262
Fanny Hensel war die Schwester von Felix Mendelssohn. Und wie auch ihr Bruder, so war auch sie musikalisch äußerst talentiert. Jedoch wies sie ihre Familie – eingeschlossen ihr Bruder Felix – damals in ihre Schranken zurück. Einer Frau wurde seinerzeit eine Komponistenlaufbahn nicht zugestanden. Dabei war Fanny Hensel mehr als nur eine begabte Salon-Pianistin. Im Oktober 1829 heiratete Fanny nach langer, von den Eltern auferlegter Wartezeit den königlich preußischen Hofmaler Wilhelm Hensel (1794-1861), den sie schon 1821 auf einer Ausstellung kennengelernt hatte. Als ihr Bruder Felix Mendelssohn im Mai 1830 seine große Bildungsreise angetreten hatte, übernahm Fanny vom Frühjahr 1831 an die Leitung der „neuen Sonntagsmusiken“ und behielt diese Tätigkeit lebenslang bei. Fanny Hensels kompositorisches Schaffen, das über 400 einzelne Stücke umfasst, ist bisher noch nicht abschließend untersucht worden. Ein großer Teil der nach 1830 komponierten Werke verdankt direkt oder indirekt den Sonntagsmusiken sein Entstehen. Erst seit ein paar Jahrzehnten wird der Nachwelt ihre Bedeutung als Komponistin bewusst und mehr und mehr Werke von ihr finden verspätet den Eingang ins Konzertwesen.
Die dramatische Szene „Hero und Leander“ ist nach dem antiken griechischen Mythos von Hero und Leander benannt, der eine tragische Liebesgeschichte erzählt. Den Text verfasste ihr Ehemann Wilhelm nach der gleichnamigen Ballade von Friedrich Schiller. In der Geschichte schwimmt Leander jeden Tag über den Hellespont (auch als Dardanellen bekannt, eine schmale Wasserstraße, die das Marmarameer mit der Ägäis verbindet), um seine Geliebte Hero zu treffen, die auf der anderen Seite des Meeres lebt. Eines Tages erlischt jedoch das Licht, das Hero als Wegweiser für Leander entzündet hatte, und er ertrinkt auf seinem Weg zu ihr.
Fanny Hensel hat das Gedicht in 2 Rezitative und 2 Arien aufgeteilt. Sie nutzt den metaphernreichen Text zu tonmalerischer Wortausdeutung und gestaltet gleichzeitig die wechselnden Szenen durch musikalisch verschiedenartige Stimmungsbilder.
Spieldauer: ca. 9 Min.

Felix Mendelssohn Bartholdy
Scherzo. Allegro vivace, aus: „Ein Sommernachtstraum“ op. 61
Im Jahre 1826 benutzte Felix Mendelssohn Bartholdy einige Sommerabende, um in Shakespeares „Sommernachtstraum“ zu schmökern. Das romantisch-poetische Märchenspiel um Oberon, Titania und den Kobold Puck hatte es dem 17jährigen angetan. Und so wurde die Fantasie des jungen Mendelssohn von der sommerlichen Lektüre entflammt und er schrieb noch im gleichen Monat eine Ouvertüre zum Sommernachtstraum, die ihn schlagartig bekannt machen sollte und als op. 21 bis heute ungemein beliebt ist. Doch damit nicht genug. Als Mendelssohn 1843 in Potsdam seine erweiterte Schauspielmusik zum „Sommernachtstraum“ vorstellte (op. 61), war man auf die Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte gespannt. Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Der 34-Jährige hatte sich nicht nur den schwungvollen Elan des 17-Jährigen bewahrt, sondern darüber hinaus auch seine Reifezeit erreicht. Scherzo, Intermezzo, Nocturne, Hochzeitsmarsch und Rüpeltanz wurden schnell so populär, dass sie bald in allen möglichen und unmöglichen Bearbeitungen ein Eigenleben zu entwickeln begannen. Mit einem Wort: Mendelssohns „Ein Sommernachtstraum“ ist ein Meisterwerk, das Shakespeares Poesie wunderbar zum Klingen bringt.
Das „Scherzo“ ist bekannt für seine lebendige Energie, die sich in den schnellen Tempi und den wechselnden Dynamiken widerspiegelt. Mendelssohn gelingt es gekonnt, die märchenhafte Atmosphäre von Shakespeares Stück musikalisch einzufangen, wobei er sowohl die Leichtigkeit als auch die geheimnisvolle Natur der Feenwelt gekonnt musikalisch umsetzt.
Spieldauer: ca. 5 Min.

Felix Mendelssohn Bartholdy
»Infelice!« – »Ah, ritorna, età dell’ oro« MWV H 4
Konzertarie für Sopran, Solovioline und Orchester
„Infelice! Ah, ritorna, età dell’ oro” MWV H 4 ist eine Konzertarie für Sopran, Solovioline und Orchester von Felix Mendelssohn Bartholdy, die dieser 1843 vertont hat. Der Text stammt von Pietro Metastasio. Die Komposition ist in B-Dur geschrieben und besteht aus einem einzigen Satz. Der Text handelt von einer unglücklichen Frau, die über eine unglückliche Liebesbeziehung trauert und sich anschließend an die glückliche Zeit ihrer Jugend erinnert und sie sich zurückwünscht. Die Konzertarie beginnt mit einem langsamen, lyrischen Abschnitt, in dem die Sopranstimme das Thema „Infelice” (Unglückliche) singt. Der Soloviolinist setzt ein und führt das Thema weiter. Der Mittelteil der Arie ist schneller und dramatischer und enthält eine Reihe von virtuosen Läufen für die Sopranstimme. Der letzte Abschnitt kehrt zum langsamen Tempo des Anfangs zurück und endet mit einem ruhigen Schlussakkord.
Spieldauer: ca. 7 Min.

Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“
Die Arbeit Beethovens an seiner dritten Sinfonie fällt in die Jahre 1803 und 1804, wobei Skizzierungen und thematische Ausprägungen bereits vorher stattfanden. Die Formulierung zahlreicher Details findet sich in einem Skizzenbuch Beethovens, das auf die genannten Jahre datiert ist. Die erste öffentliche Aufführung des Werkes im April 1805 im Theater an der Wien erweckte beim Publikum wie bei der Kritik eher Verwunderung, Skepsis, Ablehnung und Zorn als Zustimmung. Zu sehr unterschieden sich der hier postulierte sinfonische Anspruch, die Länge und Komplexität des Werkes, von denen der beiden ersten Sinfonien des Komponisten, die beide in der zeitlichen Ausdehnung und in der Orchesterbesetzung nicht über Haydns Vorbild hinausgingen. Die Kritik schalt das Werk als „äußerst schwierige Komposition mit allzu viel des Grellen und Bizarren“. Die Gründe für dieses Befremden sind vielfältig. Zugegebenermaßen weicht das Werk vom Überlieferten und Konventionellen ab, Beethoven zeigt sich hier vielmehr als ein Musiker, der nicht mehr bereit ist, irgendwelche Rücksichten auf die Aufnahmebereitschaft eines Publikums zu nehmen, das Musik als erfreulich-bequeme Unterhaltung zu genießen gewohnt war. Aber nicht nur die Dauer, auch die Klangstärke und die Macht des orchestralen Apparates wirkten verwirrend. Ebenso ungewohnt war der Anspruch, den der Komponist mit seinem Werk aufstellte und den einzulösen kaum jemand bereit war. Der reiche Legendenkreis, der sich gerade um diese Sinfonie rankt, ist sicher als ein Entlastungsversuch zu verstehen, mit dem man die erdrückenden Dimensionen des Stückes ins Anekdotische zu wandeln suchte. Die Geschichte der Widmung an Napoleon und die Versuche, das Werk durch poetische Assoziationen zu erklären, sind Fluchtversuche, weil man die kompositorische Struktur nicht durchschaute und das Werk nun durch äußerliche Erklärungsversuche deutlich machen wollte. Wie oft in der mittleren Schaffensphase Beethovens ist der Ausgangspunkt der Sinfonie schlicht, fast schon trivial. So übernahm er das Hauptthema des Kopfsatzes aus der Ouvertüre zu Mozarts Jugendoper „Bastien und Bastienne“. Allerdings erkennt man gleich eklatante Unterschiede. Was dort in behaglichem Rhythmus eine melodische Idylle darstellen sollte, wird hier zum melodisch- rhythmischen Ausgangspunkt für eine sinfonische Entwicklung, die sich in ihrer Radikalität in knapp 700 Takten entfaltet. Der Komponist kombiniert, zerbricht und variiert die thematische Substanz, um sie dann in ihrer ganzen Vielfalt darstellen zu können. Der Satz strahlt, bei aller Hektik und rhythmischen Auffälligkeit eine fast schon pathetische Ruhe aus. Den strukturellen und satztechnischen Anforderungen entspricht der klangliche Aufwand. Mit einem Aufbau weitreichender Klangentwicklungen entscheidet sich Beethoven damit bewusst gegen den Orchesterapparat seines Vorbilds Haydn und geht damit unbekannte Wege. Ein Musikkritiker seiner Zeit schrieb: „Beethovens Orchester ist von jetzt an eine Summe von Einzelwesen, eine musikalische Republik“. Diese eigentlich kammermusikalische Instrumentation hat ein utopisches Moment, denn Beethoven überfordert, besonders bei den Blechblasinstrumenten, rücksichtslos den damals vorhandenen spieltechnischen Standard.
Entspricht der erste Satz (Allegro con brio) – ungeachtet der Proportionen – noch der Form eines Sonatenhauptsatzes, so verbindet der zweite Satz (Marcia funebre – Adagio assai) zwei für eine Sinfonie ungewöhnliche Formen: Der Formtypus des Marsches gehört eigentlich der Gattung Oper an, er wird hier aber „sinfonisiert“ eingepasst. Allerdings mit einem Mittel, das auch kein sinfonisches ist, sondern auf vorklassische, ja barocke Muster zurückgreift, nämlich der Fuge. Damit entsteht eine bewusste Paradoxie: Das Formschema der Sinfonie wird zugleich aufgebrochen und durch die Einbeziehung der Genres Oper und Fuge wieder bestätigt.
Der dritte Satz (Scherzo. Allegro vivace) dürfte damals am ehesten den Hörerwartungen des Publikums entsprochen haben. Das Scherzo kann seine Herkunft aus der Tanzmusik nicht verleugnen, auch wenn die formale Weiträumigkeit und die diesem Satz eigentlich nicht angemessene thematische Arbeit darüber hinausweisen.
Das Finale (Finale. Allegro molto) wurde oft aus Gründen unterschätzt, die ebenfalls in der Verweigerung des Traditionellen liegen: Denn Beethoven schrieb weder den für Haydn typischen heiteren Schluss noch ein fast überirdisch anmutendes Finale wie Mozart in seiner Jupiter-Sinfonie. Statt dessen wählte er einen Variationensatz über ein Thema, das er bereits in der Ballettmusik „Die Geschöpfe des Prometheus“ und in den Klaviervariationen op. 35 verwendet hatte. Beethoven schöpft in diesem Satz die gesamte Palette von melodischer, rhythmischer, klanglicher und formaler Vielschichtigkeit des Variationsprinzips aus und schafft mit dieser Virtuosität einen angemessenen Widerpart zum Kopfsatz des Werkes.
Spieldauer: ca. 55 Min

Christoph Prasser

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Letzte Aktualisierung: 28.04.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn