Fleisch - Kleinen Theater - Kultur Nr. 180 - Oktober 2023

Experiment mit ungeahnten Folgen

Es geht um „Clean Meat“. Die Kuh Bella darf also weiter gemütlich auf ihrer Weide grasen. Nur ein bisschen Muskelgewebe musste sie hergeben, damit im Labor das heranwuchs, was nun in Gestalt von saftigen Burgern auf den Tisch kommt und allen offenbar vorzüglich schmeckt. Vor genau einem Jahr brachte das Kleine Theater bereits Florian Scheibes Komödie Sex & Breakfast erfolgreich heraus. Nun folgte die Uraufführung von Fleisch, wieder inszeniert von Theaterchef Frank Oppermann (Regie und Ausstattung).
Sven (Niklas Iwannek), Redakteur und Verfasser gelegentlich etwas indiskreter Kolumnen, hat die Idee mit dem ökologisch-kulinarischen Experiment ausgekocht. Seine geschäftstüchtige Frau Laura (Anna Pircher) ist auch zu Hause kaum zu trennen von Laptop und Mobiltelefon, um erfolgreich „Green Solutions“ anzubieten: Öko-Fonds mit hohem Wachstumspotenzial und exzellenter Rendite. Gäste zum Abendessen sind da eher störend. Zumal Yoga-Lehrerin Marie (Neele Pettig) in der elften Woche schwanger ist und sich nun alles um das ersehnte Wunschkind dreht. Zehn Jahre hat Marie vegan gelebt und nun plötzlich Heißhunger auf Fleisch. Was ihren Lebensgefährten Niels (Alexander Sehan), von Beruf Filmkomponist, zu wenig geschmackvollen Anspielungen auf seinen Lieblingsfilm „Rosemary’s Baby“ veranlasst. Aus den gepflegten Sticheleien wird blutiger Ernst, als Sven sein Geheimnis lüftet: Die „besten Burger der Welt“ waren In-Vitro-Fleisch. Marie ist fassungslos und fürchtet, dass „pluripotente Stammzellen“ ihr Baby beschädigen könnten. Unter zunehmendem Alkoholeinfluss kommt schnell viel mehr auf den Tisch als die mögliche Revolution der Nahrungsmittelproduktion. Da platzen private Beziehungskisten im Minutentakt.
Oppermann zeigt die Szenen aus dem Leben der umweltbewussten bürgerlich-intellektuellen Mittdreißiger mit heiterer Ironie. Kein brutales Lebenslügen-Schlachtfeld, sondern eine köstlich eingeschwärzte Komödie mit hohem Wiedererkennungswert und überraschenden Wendungen. Beim ernüchterten Frühstück nach einem turbulenten Abend ist zwar nichts mehr wie vorher, aber alle haben was hinzugelernt über das Verhältnis von echt und falsch. Überzeugter Premierenbeifall. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 Stunden inkl. Pause

Freitag, 01.12.2023

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Letzte Aktualisierung: 29.04.2024 18:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn