King Mum - Haus der Springmaus - Kultur Nr. 179 - Sommer 2023

Das Phantom der Springmaus-Theaters

Ist er noch da, oder ist er schon weg? Lässt er nach 40 Jahren Springmaus-Kabarett einfach alles stehen und liegen? Ziemlich unfair findet das ­Michael Müller, der ihm seit der Gründung des Improvisationstheaters Springmaus 1983 immer treu zur Seite stand. Auch Christoph Scheeben, seit der Gründung des Ensembles „@rheinkabarett“ 2006 mit dabei, und Cosima Seitz, seit sieben Jahren die weibliche Stimme des Quartetts, scheinen den Tränen nahe. Aber irgendwie mal ein Abend ohne diese notorische Rampensau? Könnte erholsam werden. Keine Sorge: Amelie Keltenbach (alias Andreas Etienne) lässt nicht lange auf sich warten. Egal, ob sie seine Bühnenfigur ist oder in Wirklichkeit er ihre. Oder ganz einfach die Oberspringmaus „King Mum“, die ihr finales Programm angekündigt hat.
Passend zum Abschied schwelgen Müller und Etienne in Erinnerungen und holen noch mal einige ihrer besten Sketche hervor. Zum Beispiel den Dialog der beiden Herren, die sich mit Erzählungen ihrer ­Urlaubs­abenteuer überbieten bis hin zum Kraken-Rodeo in der Karibik und einem Weltraumspaziergang. Dieses irre Steigerungs-Modell haben die beiden schon mehrfach variiert. Es bleibt in jeder Hinsicht unübertrefflich. Auch Scheebens unbeholfene Bürohengst-Annäherung an die reizende Kollegin am Kopierer ist eine köstliche Glanznummer. Seitz möchte immer wieder gern ihre „tolle Choreo“ an den Mann bringen, was die Herren jedoch kaum vom Hocker reißt. Als spinnerte, äußerst fachfremde Lehrkraft ist sie in der komischen Lehrerzimmer-Szene der Schrecken ihres Schulleiters und der beiden Kollegen. Absurde Schulrealität zwischen Burnout und Corona auf dem sicheren Weg zum Bildungsnotstand. Herrlich komisch ist der Auftritt der munteren Viererbande als zutiefst betroffene Gäste fremder Trauerfeiern, getrieben vom Hunger auf den besten Leichenschmaus.
Als famoser Solist läuft Etienne zu großer Form auf. Seine Albtraumerzählung von der Reise eines Medizinstudenten kurz vor dem Physikum nach Hippokratien hat geradezu klinischen Heiterkeitswert. Übertroffen nur noch von der Expedition – zwecks Steuererklärung – durch den Finanzamts-Dschungel in die dunkle Höhle des gefährlichen Fiskalosaurus Rex. Wobei Müller akustisch und mimisch das Reich der Fossilien und Reptilien schön gruselig zum Leben erweckt. Aber wie kriegt man es hin, dem lieben Andreas eine Freude zu machen, ohne dass er gleich wieder spielen will und einen ­Rückzieher vom Rückzug macht? Schließlich haben der unerschütterliche Mike, der glorreiche Christoph und die bezaubernde Cosima seine Launen lange genug ertragen.
Eine überraschende Lösung kommt aus Großbritannien. Das Poppelsdorfer Original Amelie Keltenbach entpuppt sich als uneheliche ­älteste Tochter der verstorbenen Queen Elizabeth II. Wer besteigt nun den Thron in London, und wer bleibt auf der Bühne in Endenich? Sicher ist: Andreas Etienne wird mit 68 wohl kaum in Rente gehen, um sich zu Tode zu langweilen. „Erwartungen sind dazu da, gebrochen zu werden. Das ist Kunst!“, verkündet „King Mum“. Eine Regierungserklärung, die eher nach Anfang als nach Ende klingt. Die höchst unterhaltsame Kabarett-Revue mit virtuosen Gesangseinlagen bleibt jedenfalls in der kommenden Saison weiter auf dem Spielplan.
E.E.-K.
Spieldauer ca. 2 ½ Stunden, inkl. Pause
Die nächsten termine: 28.07. / 29.07. / 25.08. / 26.08. / 8.09. / 9.09.23

Dienstag, 01.08.2023

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Letzte Aktualisierung: 29.04.2024 10:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn