Entführung für Profis - Contra Kreis Theater - Kultur Nr. 178 - Mai 2023

Stan & Ollie als kriminell komische Kidnapper

Oliver Hartmann hat an alles gedacht: Massiver Betonkeller am Stadtrand („fast so tot wie Godesberg“), Supersicherheitsschloss, Feldbett für das im Kofferraum gefesselte Entführungsopfer. Sebastian Lauer kann nicht allen Gedanken seines Freundes folgen, steht aber fest an seiner Seite. Oliver (Wahlspruch: „Hundert Prozent sind nicht genug“) wurde von seinem Chef, einem mächtigen Fleischfabrikanten, schnöde gefeuert. Zugegeben: Die Idee mit der Wurstlimonade („Durst auf Wurst“) war ein ziemlicher Marketing-Flop. Also haben sie zwecks Lösegeld-Erpressung zur Aufbesserung ihrer klammen Konten kurzerhand Ulrike von Droste-Schattenkrupp entführt, die Tochter des fiesen Kapitalisten. ­Maskiert als Oliver Hardy und Stan Laurel, in Deutschland bekannter als „Dick und Doof“. Eher vollschlank sind die beiden Kidnapper durchaus, was sich für manche Expeditionen als ziemlich hinderlich erweist. Als Fachkräfte in punkto Verbrechen sind sie noch reichlich ungeübt, was ihr Opfer schnell begreift. Bei wichtigen Entscheidungen hilft aber immer noch das gute alte „Schnick-Schnack-Schnuck-Spiel” als dramatischer Running Gag.
Stefan Keim (Oliver, der geistige Boss des kriminellen Coups mit entsprechenden Allüren) und Martin Bross (sein treudoofer Gefährte Sebastian) sind nicht nur Fans des legendären britisch-amerikanischen Komiker-Duos, sondern haben sich und ihrer Bühnenpartnerin Michaela Schaffrath ihre „knallzarte Krimikomödie“ auch auf den Leib geschrieben. Die Uraufführung ihres Stücks Entführung für Profis hat Contra-Kreis-Chef Horst Johanning zusammen mit Leon Reichert vergnüglich inszeniert. Ein Pointen-Kracher ist die fröhliche Mischung aus Slapstick und Wortwitz erst mal nicht. Die sympathischen Jungs in ihren grauen ­Overalls (Kostüme: Anja Saafan) sind ja keine gewissenlosen Brutalos, sondern Typen mit viel Herz. Außerdem war Ulrike einst Sebastians heimlicher Primanerschwarm (wie der grenzdebile Sonnyboy das Abitur geschafft hat, bleibt ein ungelöstes Rätsel).
Schaffrath als Ulrike bringt jedenfalls Farbe ins graue Bühnenbild von Tom Grasshof. Ein Stockholm-Syndrom oder andere Psycho-Manipulationen sind da gar nicht nötig. Ulrike übernimmt einfach die Regie des Kriminalfalls, zumal sie ihren reichen Papa hasst und gern auch ihrem ungeliebten Gatten entkommen würde. Außerdem passt nur sie durch den schmalen Luftschacht des Kellers.
Nach dem Cliff-Hänger zur Pause nimmt die Geschichte volle Fahrt auf. Pizza per leicht zu verortendem Smartphone zu bestellen, war keine wirklich gute Idee. Der superstabile Türriegel aus dem Baumarkt hält nicht, was er versprach. Das spektakuläre Entführervideo gelingt nicht total filmreif, und die Drohne über der Waldau war nicht perfekt programmiert. Wie alle trotz etlicher wahnwitziger Turbulenzen aus der Falle wieder rauskommen, darf hier selbstverständlich nicht verraten werden. Dass es ordentlich Spaß macht, ihnen dabei zuzuschauen aber schon. E.E.-K.
Spieldauer ca. 2 Stunden inkl. Pause
Vorstellungen bis 14.05.23 (nicht 8.05.)

Donnerstag, 01.06.2023

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