Wer hat Angst vor Virginia Woolf? - Euro Theater Central - Kultur Nr.168 - Januar/Februar 2022

Wer hat Angst vor Virginia Woolf ...?
Foto: Euro Theater Central Bonn
Wer hat Angst vor Virginia Woolf ...?
Foto: Euro Theater Central Bonn

Hass und Selbsttäuschung

Dass das Stück, mittlerweile ein Klassiker des amerikanischen Realismus, zu Beginn der 1960er Jahre das Publikum überall schockierte, kann man nachvollziehen angesichts der neuen Inszenierung dieses brutalen Ehekriegs. Der bekannte Schauspieler Richard Hucke gibt damit sein fulminantes Regiedebüt. Im ETC ist man sehr nah dran an diesem toxischen Spiel um falsche Hoffnungen, Lebenslügen und wütende Verachtung. Nach einer Party beim Dekan der Universität hat Martha, seit zwanzig Jahren verheiratet mit dem Geschichtsprofessor George noch ein junges Paar in den sparsam möblierten heimischen Salon (Bühne: Susanne Miller) eingeladen. Ganze Batterien von Fläschchen mit Hochprozentigem stehen schon bereit für ein böses Gesellschaftsspiel, das bald zur mörderischen Schlacht mutiert.
Herrscherin der Psychohölle ist die großartige Kerstin ­Baldauf als furiose Martha, ehrgeizige Tochter des von ihr vergötterten College-Dekans. George, einige Jahre jünger als sie, sollte nach ihren Vorstellungen sein Amtsnachfolger werden. Martha lässt keine Gelegenheit aus, den ‚Versager‘ vor ihren Gästen zu demütigen. Im aufreizenden leichten Kleid macht sie den jungen Biologen Nick zum Objekt ihrer destruktiven Erotik und ihren verhassten Gatten zur Zielscheibe ihrer verbalen Giftpfeile. Tobias Wollschläger als George scheint solche Angriffe gewohnt zu sein und pariert sie anfangs mit bissiger Ironie. Den jungen Kollegen lässt er seine intellektuelle Überlegenheit deutlich spüren. Jonathan Dorando als am Beginn seiner akademischen Karriere stehender Nick läuft zusehends in alle Fallen der abgebrühten Konversationstrategen. Celia Abraham gibt seine stets naiv grinsende Girlie-Gattin Putzi, die mit dem Geld ihres als Wanderprediger zu Reichtum gelangten Vaters und einer hysterischen Scheinschwangerschaft dem aufstrebenden Nachwuchsprofessor als nützliche Lebensgefährtin erschien.
Mit zunehmendem Alkoholkonsum gehen die Beziehungen krachend zu Bruch. Bis George seine Trumpfkarte ausspielt und damit die eiskalte Martha zur Verzweiflung treibt. Der gemeinsame Sohn, der nie existiert hat, aber als Ehekitt diente, ist tot. Die Rückkehr aus der nächtlichen Welt der Illusionen in die Realität wird schmerzhaft.
Zwei Theaterstunden, die unter die Haut gehen!

Spieldauer ca. 2 Stunden, keine Pause
Die nächsten Vorstellungen: 22.01. // 23.01.22

Samstag, 01.01.2022

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Letzte Aktualisierung: 24.04.2024 16:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn