Circus - Festival der Artisten - GOP Varieté Theater - Kultur Nr.166 - Oktober 2021

Circus
Foto: Ralph Mohr
Circus
Foto: Ralph Mohr

Traumtrip in eine schillernde Welt

Das Europäische Parlament erklärte 2005 den Zirkus zum europäischen Kulturgut. Die neue GOP-Show Circus, die vor kurzem ihre Weltpremiere im GOP Bremen feierte, ist wieder eine Zusammenarbeit mit dem Bingo-Zirkustheater aus Kiew. Das vielfach ausgezeichnete Unternehmen aus der ukrainischen Hauptstadt war mit der Produktion „Fashion“, einem Blick hinter die Kulissen der Modewelt, bereits 2018 in Bonn zu Gast und bringt nun frische Zirkusluft auf die GOP-Bühne. Es ist eine Hommage an die große internationale ­Zirkustradition, aber vor allem an die zeitlos aufregende Welt der Artisten. Mit spektakulären Akrobatiknummern, glitzernden Kostümen, einer mitreißenden Choreografie, einem brillanten Lichtdesign und einer exzellenten jungen Truppe. Die rockt die Bühne mit elektrisierender Energie. Die Musik erreicht zwar mitunter Popkonzert-Lautstärke, aber das Programm ist Weltklasse.
Anders als bei der leise poetischen Show „Camping“ mit ihren vielen kleinen Geschichten gibt es hier nur eine kleine Rahmenerzählung: Hanna Levchenko fährt mit der Eisenbahn auf einem prunkvollen roten Sessel ins Zirkus-Wunderland, beginnt zu tanzen, probiert Kostüme aus und wird Teil der schillernden Traumwelt. Herrscher dieses Reichs voller Überraschungen ist Eduardissimo. Unschwer zu identifizieren als Ex-Roncalli-Clown Eddy (Eduard Neumann). Tatsächlich ist die Show in der Regie von Igor Protsenko und Irina German inspiriert vom Zirkus Roncalli, der 1976 auf der Bonner Hofgartenwiese eine neue Ära des Genres einläutete.
Aber es ist trotz der klassischen Erscheinung ein moderner Zirkus mit kraftvoller Akrobatik, pfiffiger Comedy und atemberaubenden Kunststücken. Ein heiteres Augenzwinkern zum russischen Ballett mit frech maskulinem Schwanensee-Trippeln entzückt. Sehr witzig agiert Alexey Bitkine als Puppe im weißen Ballerinen-Tutu, die die Kommandos des Zirkusdirektors mit unbeweglicher Mine kontert. Zusammen mit seiner Frau Tatiana hat Bitkine später eine tollkühne Nummer an der Pole-Stange. Kseniya Shytova zeigt Equilibristik der Spitzenklasse, Kateryna Kurichenko jongliert mit unzähligen Hula-Hoop-Reifen und schafft ästhetisch hinreißende Figuren, das Luftschlaufen-Duo Tatiana Yudina und ­Maryna Tkachenko lässt mit einem tollkühnen doppelten Spagat den Atem der Zuschauer stocken. Bei der Kontorsionsnummer von Anna Pieies gerät man in Zweifel, ob sie ihre Gliedmaßen jemals wieder in die natürliche Ordnung bringt. Anton Shcherbyna erinnert mit seiner virtuosen ­Diabolo-Jonglage an eines der ältesten Spielgeräte der Welt. Fabelhafte Tricks am Luftring (Anastasia ­Kornieieva), am Vertikaltuch (Kateryna Gurina) und die ungeheuer kraftvolle Partnerakrobatik (Vitalii ­Neponiashchy & Dmytro Naumenko) vervollständigen die rasante Inszenierung. Nach einem pausenlosen Feuerwerk voller großartiger Artistik präsentieren die Künstler strahlend die vielen Preise, die sie für ihr Können bereits gewonnen haben. Die Trophäen sind übrigens echt, ebenso wie die Bravourleistungen des gesamten großen Ensembles, das scheinbar mühelos jede Schwerkraft negiert.
Begeisterter Premierenbeifall für eine Vorstellung, mit der das Bonner GOP. voller Stolz sein fünfjähriges Bestehen feiern konnte. E.E.-K.


Spieldauer ca. 1½ Stunden, keine Pause
Mittwochs bis sonntags bis 7.11.21

Freitag, 01.10.2021

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Letzte Aktualisierung: 03.11.2024 11:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn