Grand Hotel - GOP. Varieté-Theater - kultur 163 - Februar 2020

Grand Hotel
Foto: GOP Varieté-Theater
Grand Hotel
Foto: GOP Varieté-Theater

Menschen kommen, Menschen gehen. Immer passiert etwas.

Schon seit dem 18. Jahrhundert begeistert es Menschen jeden Alters: das Grand Hotel. Obwohl es keine eindeutige Definition gibt, kann sich jede(r) etwas darunter vorstellen: Palastartige Raumgestaltung, ­höchster Komfort, aufmerksames Personal, das Wünsche erkennt, ehe sie noch da sind. Kurzum: ein Hoteltraum, Illusion schlägt Realität.
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Dieser Illusionsort, oft Filmthema („Menschen im Hotel“ – im Original „Grand Hotel“ – mit Greta Garbo, Wes Andersons Oskar-prämierter Film „Grand Budapest Hotel“ von 2014), noch öfter Filmkulisse und für die meisten kaum erschwinglich (die weltteuerste Suite kostet über 70.000 € pro Nacht) bildet den Hintergrund für die älteste GOP.-Show, die nun in Bonn ihre letzte Station hat und, das sei gleich gesagt, nichts Angestaubtes, aber viel Traumhaftes zu bieten hat.
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Grand Hotel (Regie und wunderbares Bühnenbild: Ulrich Thon) ist eine Show mit einer Geschichte und viel Musik. Angelehnt an ­Kästners Drei Männer im Schnee erleben wir die Silvestervorbereitungen in einem Nobelhotel. Alle haben viel zu tun, damit die abendliche Gala gelingt: Der Concierge versucht das Chaos zu ordnen, scheucht Zimmermädchen und Lobby-Boy, seltsame Gäste schwirren herum – und dann bleibt auch noch die engagierte Künstlergruppe im Schnee stecken, nur der russische ­Fitnesstrainer schafft es bis ins Hotel und muss die Show retten ...
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Natürlich ist das Ganze, wir sind ja in einem Varieté-Theater, angereichert mit erstklassiger Akrobatik.
Antoine, der Concierge, Gilles le Leuch, begeistert mit einer großartigen Diabolo-Jonglage, das Zimmermädchen, Caroline Schroeck, im wahren Leben die Ehefrau von Gilles, verbiegt ihren Körper in einer Kontorsions-Nummer und geht in die Luft und Gwenadou Schroeckleloeck, außerhalb der Show die Tochter der beiden, zeigt eine spielerisch leicht wirkende Hula-Hoop-Jonglage mit x Reifen.
Oksana & Vadim bringen tänzerischen Flair in die Revue, außerdem zeigt Oksana, wie schnell frau ausgehfertig sein kann, wenn sie will (und ­Oksanas Tricks drauf hat), Roman & Anastasia zeigen eine überraschende und sehr gleichberechtigte Akrobatiknummer. Jump’n Roll (Egor Kanashin, Mark Alymov, Sergei Elfimov) machen aus starren Stelzen flexibel-elastische power hoppers und hüpfen damit dynamisch über die Bühne. Salti, Handstände und sogar Seilspringen in luftiger Höhe – mit Stelzen!
Den musikalischen Teil dieser – einem Musical nahekommenden – Varieté-Show bestreiten die Stereo Sisters. Schon vor Beginn kommt der (die) ein oder andere Zuschauer(-in) in den Genuss eines persönlichen Stereo-Flüstergesangs von Anouschka und Anina ­Doinet.
Und dann ist da noch der nicht mehr ganz junge Lobby-Boy, Sergey Maslennikov, der, wie es sich für eine solche Funktion gehört, mit perfektem Timing immer zur Stelle ist und Gläser ebenso formvollendet steppend balanciert wie er Tennisschläger jongliert.
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Das Grand Hotel im GOP. bietet zwar keine „Präsidenten-Suite“ – die gibt es im benachbarten Marriott-Hotel mit traumhaftem Blick über Bonn –, aber eine wunderbar charmante Show im Ambiente eines Luxushotels des späten 19. Jahrhunderts mit Artistik, Tanz, Schauspiel und Musik. Und so muss man dem Satz aus Vicki Baums Roman „Menschen im Hotel“: „Menschen kommen, Menschen gehen. Nie passiert etwas.“ doch ernsthaft widersprechen. ubi


Spieldauer ca. 2 ¼ Stunden, incl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
Mittwochs bis sonntags bis 1. März

Freitag, 24.04.2020

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