Aufguss - Contra-Kreis-Theater - kultur 117 - Juni 2015

Aufguss
Foto: Contra-Kreis-Theater
Aufguss
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Hintersinniger
Sponsoren-Spaß


Für Lustspiel-Volldampf zwischen Sauna und Sanarium ist bestens gesorgt bei der „Wellness-Komödie“ im Contra-Kreis-Theater. Wer beim Titel Aufguss an eine andere Vorsilbe denkt, liegt durchaus richtig. Auch wenn der erfolgreiche Waschmittelfabrikant Dieter trotz märchenhafter Geschäftsbilanzen nicht mehr ganz so flüssig ist, wie einige sich das vorstellen. Seine reizende Lebensabschnittsgefährtin Mary z.B. hat schon einen mathematisch begabten Penthouse-Bewohner im Hinterkopf, wenn der charmante Best-Ager sie zu einem entspannten Wellness-Wochenende auf dem Lande einlädt. Wobei ersterer genetisch recht gut ins Nachwuchs-Programm passen könnte, was wiederum Dieter zu einem heiklen Schritt animiert hat. Während der linkische Kinderklinikchef Lothar auf der Suche nach Geldspenden für seine kranken Schützlinge wirklich nichts unversucht lässt. Zugegeben: Er braucht fürs Marketing eine herzhafte „rechte Hand“ namens Emelie, die allen Infusionen gewachsen ist.
Tausendsassa René Heinersdorff, Leiter des koproduzierenden Düsseldorfer Theaters an der Kö, Autor und Regisseur des bizarren Spenden-Wirrwarrs, spielt selbst den geistig nicht gerade übertrieben hellen Mediziner auf der Suche nach Quellen für sein sozial aller Ehren wertes Hilfsprojekt. Dafür stürzt er sich angesichts der komödiantischen Überhitzung sogar heldenhaft in ein Abkühlbe­cken.
TV-Star Hugo Egon Balder verkörpert den fortgeschrittenen Playboy mit Vorliebe für saubere Lösungen und beweist erneut seine exzellenten Qualitäten als Bühnenschauspieler. Dass Balders ers­te Band „Birth Control“ hieß und dass er sich mittlerweile ehrenamtlich für Knochenmarkspenden engagiert, ist insofern von Belang, als es um gesunden Nachwuchs tatsächlich geht im amüsanten Beziehungsgeflecht des allen Boulevard-Kunststücken trefflich gewachsenen Darstellerquintetts. Wie sie manchen schlüpfrigen Wortspielen noch eins draufsetzen – „Das ist jetzt eine hübsche Formulierung in diesem Zusammenhang“ – treibt die Zweideutigkeit auf die Spitze und multipliziert die Lacher im Publikum.
Wobei Madeleine Niesche als bildhübsche Mary mehr Grips hinter ihrer gertenschlanken Erscheinung verbirgt als die üblichen Männerfantasien zulassen. Dorkas Kiefer als unerschütterliche Spenden-Fachfrau Emelie ist ein echter Schatz auf der Suche nach potenten/potenziellen Helfern. Jens Hajek als Samenproduzent Alain – an der Fernuniversität zu Hagen nennen sie ihn „The Body“, im Fitness-Studio „The Brain“ – ist jedenfalls eine gute Wahl.
Das mit den Spenden zwischen Genen und Geld ist zwar etwas heikel, überspringt aber mit trockenem Humor alle peinlichen Feuchtgebiete. Nach der Pause trägt das Ensemble nicht mehr Einheitsbademäntel, sondern höchst ansehnliche Outfits. Und zelebriert ein kulinarisches Alliterations-Menü mit köstlichem Lokalkolorit, das allein schon den Besuch im Contra-Kreis wert ist. Im coolen Fitness-Oasen-Bühnenbild von Tom Grasshof steuert die lebenslustige Satire elegant ins Ziel: Befreiendes Lachen über den nack­ten Wahnsinn, der ganz normale Defekte nicht mehr akzeptiert. Der reichlich gespendete Applaus nach zwei Stunden bester Unterhaltung ohne schmerzhafte Bloßstellungen war fulminant. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 Stunden, eine Pause
die Nächsten Termine:
tägl. ausser montags bis 28.06.15

Dienstag, 22.09.2015

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