Heiraten ist immer ein Risiko - kultur 37 - Mai 2007

Die kleinen Freuden der Ehe - Heiraten ist immer ein Risiko von Saul O’Hara im Kleinen Theater

Wenn zwei den Gattenmord als schöne Kunst betrachten, machen sie einem tüchtigen Polizeiinspektor das Leben nicht gerade leicht. Denn leider gibt's keine Beweise dafür, dass all die merkwürdigen Unfälle keine Zufälle waren. Um seine zwei hartnäckigsten Fälle zu lösen, hat der tapfere Kommissar Campbell (Erwin Geisler als eleganter Diener seiner Majestät) den wohlverdienten Ruhestand um einen Monat aufgeschoben und eine List ersonnen: Oberst John Brooklesby und Lady Lydia Barbent - beide bereits sechs Mal in den heiligen Ehestand getreten mit tödlichen Folgen für die Angetrauten und reichlich lukrativen für die trauernden Hinterbliebenen - müssen heiraten! Was angesichts ihrer Virtuosität bei der Gattenentsorgung hochriskant ist, aber das Risiko für den Rest der wohlhabenden Gesellschaft deutlich mindern könnte.
Der irisch-englische Autor und promovierte Wirtschaftwissenschaftler Saul O'Hara feierte 1959 sein Theaterdebüt mit der Krimikomödie Risky Marriage, die seitdem fast schon ein Bühnenklassiker ist und Siegfried Matthus (Libretto von Peter Hacks) sogar den Stoff für eine Oper lieferte. Im Kleinen Theater Bad Godesberg hat Manfred Molitorisz Heiraten ist immer ein Risiko jetzt neu und mit viel feinsinnigem schwarzem Humor in Szene gesetzt. Insbesondere lässt er zwischen all den erstaunlichen Kochbüchern, abstürzenden Kronleuchtern und Säbeln, angesägten Leitern und wackligen Bilderrahmen den sprachlichen Witz nicht zu kurz kommen, dessen beste Poin­ten locker die Qualität von Oscar Wildes Sottisen erreichen.
Dass der nichtstuerische Ruhestand die einzige Kunst ist, bei der es keine Wunderkinder gibt, glaubt man den beiden soignierten älteren Herren aufs Wort, die auf einer Bank an der Seepromenade von Brighton die frische Meeresbrise genießen. Zumal Bühnenbildner Klaus Ulrich Jacob die ganze zweifelhafte Herrlichkeit des feudalen britischen Bades inklusive Royal Pavillon auf einem liebevoll gemalten Prospekt herbeizaubert.
Während Campbell mit strategischem Scharfsinn seine letzte Attacke vorbereitet, faltet Brooklesby Papierschiffchen - seligen Angedenkens ans fröhliche Fregatten-Versenken. Volker K. Bauer spielt ihn glänzend als strammen alten Haudegen mit Hang zur plumpen Charmeoffensive und zu schlauen Finten aus dem Hinterhalt. Dass Mrs. Barbent - Dagmar von Kurmin als Panzerkreuzer auf dem Ozean der nicht ganz unfreiwilligen Witwenschaft - der ehrenhaften Miss Honoria Dodd und ihrem ständig in Geldnöten steckenden Heim für gefallene Mädchen öfter mal mit einem größeren Scheck unter die Arme greift, ist ein schöner Zug und entschieden anziehend für Brooklesby. Weil Lydia mehr für Goldfische übrig hat als für das, was Honoria beim nicht ganz ungefährlichen Bootsausflug angelt, ist der Hochzeitsmarsch in die Ehefalle (natürlich in bester Hoffnung auf einen baldigen Trauermarsch) angesagt.
Im großbürgerlichen Salon laufen die beiden frisch vermählten Turteltäubchen beim Katz- und Mausspiel ums verlockende Erbe zu großer Form auf. Störfaktor ist der hinreißend komische Stefan Krause als steiflippiger Bilderbuch-Butler Perkins, der offenbar alle Giftpilze kennt und aus dem Servieren der Suppe einen schrägen Kriminaltango macht. Renate Clair als herrlich schrullige alte Miss Dodd mit rosa Hütchen (wunderbar skurrile Kostüme von Kara Schutte) hat dieses perfekte Faktotum unter Herz- und Geldbeutelbluten ihren Freunden überlassen, was die munteren Früchtchen ihrer moralisch-pädagogischen Anstrengungen gar nicht gern sehen. Taula Saviddou erobert als entzückende Kleptomanin Perkins Herz im Sturm. Die zierliche Regina Schrott zwingt als keckes Nymphchen den blonden, aber nicht blauäugigen neuen Lehrer Lance Fletcher (Patrick Dollmann) temperamentvoll zur Kapitulation. Ein champagnerseliger Waffenstillstand, zwei neue Hochzeiten - bis dass der Tod euch scheidet. Man muss ja in der Ehe nicht gleich alle liebenswürdigen alten Gewohnheiten aufgeben…
Very british und sehr vergnüglich.
E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 21/2 Std., eine Pause
Im Programm: bis 22.05.07
Nächste Vorstellung: 28.04.07

Dienstag, 06.11.2007

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