Aris Argiris - kultur 34 – Februar 2007

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Aris Argiris - Germont, Giovanni und Almaviva

Anfang Dezember hat Generalintendant Klaus Weise seinem Grafen Almaviva trotz der auf Hochtouren laufenden Proben zu Le Nozze di Figaro freigegeben für eine kurze Reise nach Athen. In seiner Heimatstadt wurde der Bariton Aris Argiris nämlich von der griechischen Vereinigung der Musik- und Theaterkritiker als bester junger Künstler Griechenlands ausgezeichnet. „Die Preisverleihung in der Athens Concert Hall war wunderschön und hat mich und meine Eltern emotional sehr berührt. Obwohl ich inzwischen meistens in Deutschland arbeite, beachten und beobachten mich meine Landsleute.“ Vor zehn Jahren hat Argiris in der Athener Staatsoper seine erste Solopartie gesungen, mit 18 Jahren wurde er Mitglied des dortigen Opernchores.
Bei unserem Treffen am 20. Dezember nachmittags in der Hausbar - Aris hat ganz spontan von einem auf den anderen Tag zugesagt - gesteht er eher beiläufig, dass er genau heute Geburtstag hat: „Viel Zeit zum Feiern bleibt mir ohnehin nicht. Um 16.00 Uhr muss ich in der Anprobe sein, um 16.45 Uhr in der Maske, um 18.00 Uhr ist Generalprobe für die morgige Wiederaufnahme von Don Giovanni, den ich dann in Klaus Weises Bonner Inszenierung zum ersten Mal spiele.“ Nicht zum ersten Mal überhaupt, denn die Titelrolle in Mozarts Oper hat der gerade 32-jährige schon mehrfach verkörpert und wird damit im Sommer 2007 auch in Peter Konwitschnys Inszenierung an der Komischen Oper Berlin gastieren. Als Don Giovanni gewann er schon 2002 den Internationalen Gesangswettbewerb der Kammeroper Schloss Rheinsberg. „Aris Argiris ist optisch ein idealer Giovanni, der über einen wohlklingenden hellen Bariton verfügt und durch seine differenzierte stimmliche und darstellerische Gestaltung faszinierte“, schrieb die Zeitschrift Orpheus.
Sofort in die Herzen des Bonner Opernpublikums gesungen hat sich Argiris Anfang 2006 als sensibler Giorgio Germont und überregional höchst gelobter Star in der hinreißenden Traviata-Inszenierung von Andreas Homoki (s. kultur 25), dem derzeitigen Intendanten der Komischen Oper Berlin. Damals war Argiris noch fest engagiert in Dortmund; seit Beginn dieser Spielzeit ist er Mitglied des Bonner Ensembles. „Die Begeisterung und Herzlichkeit der Bonner ist etwas ganz Besonderes. Wie ich hier direkt aufgenommen wurde - davon kann man eigentlich nur träumen“, schwärmt er und hat gleich noch eine kleine Anekdote parat: „Nach der Einführungs-Matinée zu La Traviata musste ich mich gleich in den Zug setzen, um abends an der Stuttgarter Oper einzuspringen - als Don Giovanni.“
Den Dirigenten Erich Wächter schätzt er außerordentlich: „Er ist wie ein Mentor, kennt die ganze Tradition und nimmt uns Sänger immer ernst.“ Mit Wächter am Pult arbeitet er jetzt an Klaus Weises neuer Inszenierung von Mozarts Le Nozze di Figaro (Premiere am 21.Januar). Der Graf Almaviva ist dabei ein echtes Rollendebüt. Der Figaro in Rossinis Il Barbiere di Siviglia ist ihm dagegen sehr vertraut. Er singt ihn in der laufenden Spielzeit nicht nur in Dortmund, sondern war in dieser Rolle im Mai 2005 schon an der Staatsoper Athen zu erleben und im März 2006 als Silvio in Leoncavallos I Pagliacci. „Ab und zu müssen meine Landsleute also doch nicht so weit reisen…“, scherzt Aris, schüttelt seine langen schwarzen Haare und sieht fast aus wie ein junger Gott. „Übertreib bitte nicht! Ok, ein barocker Orpheus in der ganz frühen Opernfassung des Mythos von Jacopo Peri war ich schon, und im Rheingold auch ein ordentlicher Donner.“ Als Wagner-Sänger wird er sich übrigens dem Bonner Publikum bei der Gala am 24. Februar an der Seite von Eva Johansson und John Treleaven vorstellen.
Mit der Musik beschäftigt sich der 1974 geborene Künstler seit seinem 11. Lebensjahr, hat aber in Athen erst mal Marketing und moderne Sprachen studiert. Außerdem Musiktheorie und Saxophon, Gesang eigentlich nur nebenbei. Bis sein Talent unüberhörbar wurde und der Operngesang ins Zentrum seiner Ausbildung rückte. Kostas Paskalis, der ein Vierteljahrhundert lang an der Wiener Staatsoper wirkte, war in Griechenland sein erster wichtiger Lehrer. 1999 erhielt Aris das Maria-Callas-Stipendium. „Mit der größten griechischen Sängerin habe ich zumindest eins gemeinsam: Auch ich trage einen Künstlernamen. Aris heiße ich tatsächlich; Argiris bedeutet ‚silbern'."
In der Jury des Callas-Wettbewerbs saß die Gesangsprofessorin Daphne Evangelatos, die ihren jungen Landsmann sofort in ihre Meisterklasse an der Münchner Hochschule für Musik und Theater holte. Sein perfektes Deutsch lernte er am dortigen Goethe-Institut. „Daphne ist bis heute meine verehrte Lehrerin, mit der ich mich oft zum Rollenstudium treffe und immer wieder Einzelheiten bespreche.“
Während des Studiums wirkte Argiris schon bei Konzerten und Aufführungen u.a. am Prinzregententheater in München, am Gewandhaus Leipzig, an der Athener Staatsoper und im Musik Megaron Thessaloniki mit. Es folgten Engagements in Gelsenkirchen und Dortmund. Inzwischen hat er sich ein Repertoire von etwa 35 Opernpartien erarbeitet und mit so berühmten Dirigenten wie Kurt Masur, Christian Thielemann und Gustav Kuhn zusammengearbeitet. In der Beethovenhalle wirkte er schon vor seinem Engagement an der Bonner Oper beim Neujahrskonzert der Klassischen Philharmonie Bonn 2004 unter Heribert Beissel in Carl Orffs Carmina Burana mit.
Die zeitgenössische Musik verfolgt er neugierig. „Ich singe jedoch nicht gern etwas, das ich nur intellektuell erfassen, aber nicht emotional und sinnlich begreifen kann.“ Deshalb ist er begeistert von dem Komponisten Siegfried Matthus, dessen Stück Ariadne - Dithyrambus für Bariton und Orchester nach Texten von Friedrich Nietzsche er 2003 in Frankfurt/Oder und Potsdam gesungen hat. Im Sommer 2008 wird eine CD-Aufnahme herauskommen.
Aktuell ist Argiris sowieso mehr als nur gut beschäftigt. In Bonn steht er auf der Bühne als Demetrius in Brittens Midsummer Night's Dream in der Inszenierung von Silviu Purcarete und freut sich schon auf den Enrico Ashton in Donizettis Lucia di Lammermoor - wieder mit Purcarete (Premiere am 18.März). „Der ist ein unglaublicher Bilderzauberer und wunderbarer Sänger-Regisseur…“. Als ob das noch nicht genug wäre, debütiert er demnächst an der Hamburger Staatsoper: Im Februar als Escamillo in Bizets Carmen und im März als Marcello in Puccinis La Bohème. Der freche Kammerdiener Dandini in Rossinis La Cenerentola steht weiter nördlich auf seinem Programm, in der Saison 2008/09 an der Königlichen Oper Stockholm. Dann hat er sich leider auch schon wieder von Bonn verabschiedet ins Ensemble der Oper Frankfurt/Main. „Glücklicherweise nicht weit weg von der liebenswürdigen Bundesstadt…“
Was er sich fürs neue Jahr wünscht? „Körperlich, mental und stimmlich gesund bleiben, für einen künstlerischen Anspruch kämpfen können und die Kraft behalten, ab und zu ‚Nein' zu sagen. Das dient der Karriere oft besser als ein eitles ‚Ja'. Echt toll, wenn man sich das an seinem 32.Geburtstag schon leisten kann.“ Aris Argiris genießt völlig entspannt („Die Aufregung kommt morgen bestimmt!“) seinen zweiten Espresso und saust in die Garderobe.

Dienstag, 25.02.2014

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