Andreas Rebers - kultur 163 - Februar 2020

Der unbequeme Onkel - Andreas Rebers bewegt sich stets zwischen den Fronten

von Thomas Kölsch

Links oder rechts, liberal oder konservativ, richtig oder falsch: Bei derartigen Kategorisierungen stellen sich bei Andreas Rebers die Nackenhaare auf. Bloß nicht dieses Schwarz-Weiß-Denken. Klar, es könnte so einfach sein, wenn man sich auf eine der beiden Seiten stellt und die andere zumindest verbal mit Steinen bewirft. Doch einfach will Rebers es sich nicht machen. Dafür ist er nicht Kabarettist geworden. „Mein Ansinnen ist es stets, eine Situation von allen möglichen Seiten zu betrachten“, sagt er im Interview mit der kultur. Auch wenn er damit immer wieder aneckt. „Ich polarisiere gerne“, erklärt der 62-Jährige, „meine Position ist die der radikalen Mitte. Ehrlich gesagt habe ich diese Aufteilung in politische oder gesellschaftliche Lager nie verstanden. Ich nehme alle Seiten ernst – und schieße gerade deshalb gegen alle.“
Rebers gehört ohne Zweifel zu den ambivalentesten Vertretern seiner Kunst. In einer Zeit, in der jeder nur die Rettung der Welt fordern muss, um sich des Beifalls der Menge gewiss zu sein, fragt er nach konkreten Maßnahmen und möglichen Nachteilen; und während jeder gerne gegen die CSU und noch lauter gegen die AfD austeilt, will Rebers erst einmal mit diesen Leuten reden. „Manches muss man eben aushalten“, sagt er. „Und nicht alles ist per se falsch, nur weil es von einer ungeliebten Partei kommt.“ Oder umgekehrt. „Genau. Die Grünen zum Beispiel können zu vielen wichtigen Themen nichts sagen, etwa zu Renten, dem Mindestlohn oder zu Identität und Heimat. Und auch in Sachen Umweltschutz gibt es durchaus gegenteilige Positionen als die ihren, etwa von den Bauern in Bayern.“ Das kann man ja mal anmerken. Und sich gleichzeitig mit der AfD auseinandersetzen. „Wenn die irgendwo einen Infostand hat, gehe ich durchaus hin“, sagt Rebers. „Und dann stelle ich ganz konkrete Fragen. Meistens haben die darauf keine Antworten, und wenn doch, sind die mir zu plakativ oder widersprechen meinem Menschenbild. Trotzdem muss ich sie wahrnehmen. Das Problem ist, dass die Spaltung der Gesellschaft als funktionierendes Geschäftsmodell gesehen wird. Und dagegen wehre ich mich.“
Dabei ist Rebers der politische Aktivismus mit all seinen Facetten nicht fremd. „Ich habe die Grünen miterfunden“, behauptet er. „Ich war in der Anti-Atomkraft-Bewegung aktiv, damals noch als Musiker, war Teil der Republik Freies Wendland und habe Anfangs auch Wahlkampf für die Grünen gemacht.“ Doch mit vielen der heutigen Wohlstandsthemen der Partei hat der Kabarettist so seine Probleme. „Es gibt so viele pseudo-linke Adjektive, mit denen inflationär umgegangen wird. Alle bezeichnen sich als bunt und offen und tolerant, aber nur wenige leben das auch.“ Das stört Rebers massiv. Und im Gegensatz zu vielen anderen sagt er das auch, selbst wenn er dafür mitunter ziemlich angefeindet wird. „Vor Jahren habe ich mir mal erlaubt, einen Flüchtlingshelfer zu parodieren, der völlig überforderte Menschen am Münchener Hauptbahnhof in Empfang nahm. Ich empfand diesen Menschen als ziemlich scheinheilig. Aber meine Satire sorgte für einen Aufschrei der Entrüstung.“ Eine Reaktion, die Rebers auch aus anderen Situationen kennt – und die er so gut wie möglich zu ignorieren versucht. „Meiner Meinung nach muss man auch unbequem sein können. Das respektiere ich zum Beispiel bei Uwe Steimle, der ja mittlerweile sehr umstritten ist. Ich halte ihn für einen aufrechten Querulanten, auch wenn ich längst nicht in allen Punkten seiner Meinung bin.“
Gleichzeitig bekennt sich Rebers zur Diversität. „Vielfalt in allen Belangen ist das Wichtigste überhaupt“, sagt er, „ob es nun um Meinungen geht oder um Kulturen. Erst der Austausch bereichert uns. Wir müssen einfach offen sein.“ Und kritisch. Vielleicht ist Rebers deshalb bei vielen jüngeren Kabarettisten und Comedians beliebt. „Ich glaube, es war ­Hazel Brugger, die mich zum ersten Mal 'Onkel Andi' nannte“, erinnert er sich. „Das ist einer der Gründe, warum mir der Beruf weiterhin so große Freude macht.“ Denn trotz aller Anfeindungen und Verrisse: Aufhören kann und will Andreas Rebers noch lange nicht. Stattdessen schaut er lieber in den Giftschrank mit den ungeliebten Argumenten. Und mischt sich einen Cocktail nach dem anderen.

Freitag, 24.04.2020

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