Frank Oppermann - kultur 159 - Oktober 2019

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Frank Oppermann - Neuer Intendant des Kleinen Theaters

Der Start ist geglückt. Zum Eröffnungsfest am 2. August kamen zahlreiche Gäste aus Kultur und Politik. Die ­Atmosphäre war nach arbeitsreichen Wochen recht entspannt. Der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan zeigte sich hoch zufrieden, dass eine Lösung für den Fortbestand des beliebten Kleinen Theaters gefunden wurde. Auch der im Mai neu gewählte Bad ­Godes­ber­­ger Bezirksbürgermeister ­Christoph Jansen freute sich deutlich über den Neubeginn in dem eng mit der Geschichte des Stadtteils verbundenen Haus und den Erhalt eines kulturellen Glanzlichts. Natürlich war die Feier auch eine Hommage an den Gründer des Hauses Walter Ullrich, der mehr als 60 Jahre lang mit künstlerischer Intelligenz und unermüdlicher Energie sein Theater über alle Klippen steuerte.
Fast drei Jahre vergingen seit der ersten Bewerbung Frank Oppermanns im Juni 2016, bis er endlich vom Rat der Stadt Bonn grünes Licht bekam und im April 2019 den Pachtvertrag unterzeichnen konnte. Dass er einst in Ullrichs Fußstapfen treten würde, hat Oppermann, geboren 1966 in Brühl, sich bei seinem ersten Theaterbesuch mit elf Jahren nicht träumen lassen. „Tatsächlich hat das Kleine Theater damals meine Liebe zur Bühnenkunst geweckt. Meine Tante hatte mir ein Abo bei der Theatergemeinde geschenkt. Wir fuhren mit dem Theaterbus nach Bad Godesberg, und ich war sofort fasziniert von der intimen Atmosphäre des Raumes und der Fantasie auf der Bühne. Welches Stück ich damals dort gesehen habe, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Nur dass ich mich einfach wohlfühlte. Der Schock folgte dann beim städtischen Schauspiel, das damals noch im Opernhaus stattfand. ‚Dantons Tod‘ war irgendwie überwältigend, aber für mich als Kind alles zu groß, zu laut, zu nackt. Mittlerweile finde ich das Bonner Opernhaus mit seinen vielen ästhetisch raffinierten Details übrigens außerordentlich schön und unbedingt erhaltenswert.“
Aufgetreten ist der gelernte Musicaldarsteller Oppermann dort nie, wohl aber 1997 als Gast in der Halle Beuel in Jacques Offenbachs Opéra ­Bouffe La Périchole an der Seite des Bonner Kabarett-Urgesteins Norbert Alich und Rainer Pause vom Pantheon, das nun in diesem Spielort residiert. Anfang 2019 spielte der bekennende Operettenfan den berühmten Librettisten Ludovic Halévy in dem Kölner Divertissementchen Offenbach zum 200. Geburtstag des Komponisten. In der Titelrolle brillierte übrigens der ehemalige Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, der mittlerweile wieder im rheinischen Bühnenleben tätig ist. Die Inszenierung der stets ausverkauften Produktion (rund 30 Vorstellungen) des traditionsreichen „Kölner Männer-Gesang-Vereins 1842“ übernahm erneut Lajos Wenzel, der soeben als Nachfolger von Walter Ullrich sein Amt als Intendant des Landestheaters Rheinland-Pfalz mit Sitz im Schlosstheater Neuwied angetreten hat.
„Als jemand aus der freien Szene ist man zunächst ziemlich überwältigt von den finanziellen und künstlerischen Mitteln für die Cäcilia-Wolkenburg-Projekte in der Kölner Oper. Das funktioniert jedoch nur, weil die Hauptarbeit ehrenamtlich geleistet wird.“ Oppermann hat da seit 2015 regelmäßig als Solist mitgewirkt sowie die Öffentlichkeitsarbeit und Mitgliederbetreuung geleitet. Das geht angesichts seiner neuen ständigen Präsenz in Bad Godesberg nicht mehr.
Dankbar ist Oppermann dafür, dass fast alle vom bewährten Team des Kleinen Theaters weitermachen, wie beispielsweise der langjährige technische Leiter Lutz Arkenberg. Alle festen Mitarbeiter*innen bekommen ein nicht gerade üppiges Gehalt, die Schauspieler eine Einheitsgage – „keine Stargagen, das uralte Gleichheitsmodell, aber ohne den ideologischen Überbau“. Nachdem der Rat der Stadt Bonn dem Kleinen Theater den jährlichen kommunalen Zuschuss von rund 80.000 Euro gestrichen hat, muss man halt jeden Cent dreimal umdrehen. Gute Nachricht vom Land NRW ist jedoch soeben eingetroffen, das mit mehr als 90.000 Euro die Übergangsphase zwei Jahre lang unterstützen will, auch um damit neue Verhandlungen mit der Stadt auf den Weg zu bringen.
Sein Bühnenleben begann Oppermann kurz nach seinem ersten ­Theatererlebnis an einer Brühler Ballettschule. „Die Ausbildung war technisch und stilistisch jedoch vielseitig, aber auch sehr streng. Als semiprofessionelle Truppe waren wir sogar in großen Sälen gefragt. So bin ich schon als Gymnasiast an der Seite von Udo Jürgens und Paul Kuhn aufgetreten.“ Trotzdem machte der Spross einer Brühler Chemie-Unternehmerfamilie nach dem Abitur erst mal eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Kreissparkasse Köln. Ein Jura-Studium in Trier brach er ab, als er 1990 an der Folkwang Universität der Künste in Essen einen der begehrten Studienplätze erhielt. 1995 schloss er seine künstlerische Ausbildung mit dem Diplom als Bühnendarsteller ab. Tanz blieb ein Schwerpunkt. „Aber 24 Stunden Training pro Woche sind schon arg anstrengend, und außerdem lerne ich nicht so gern Choreografien. Das Bewusstsein für körperliche Bewegung ist freilich immer ein Vorteil.“
Als wichtigste Lehrerin in seinem Hauptfach Gesang nennt er die äußerst vielseitige amerikanische ­Sopra­nistin Catherine Gayer, als seinen bedeutendsten Schauspieldozenten Werner Wölbern. „Der war nur ein paar Jahre älter als ich und stand gerade am Anfang seiner Karriere.“ Bei einem Musical-Workshop bei den Jugendfestspielwochen in Bayreuth lernte er den Regisseur Michael Pinkerton kennen, der ihn an das 1994 frisch gegründete private Theater Neu-Ulm empfahl. Nach Hochschulproduktionen und ersten Musical-Rollen am Theater Essen landete der junge Schauspieler also gleich als irrsinniger Frank N. Furter in der kultigen Rocky Horror Show. „Noch mehr Spaß machte mir die Rolle des Conférenciers in Cabaret. Echtes Lampenfieber bekam ich erst als Einspringer für den Tony in West Side Story am Theater Ulm. Übrigens unter der musikalischen Leitung von Philippe Jordan, der damals gerade sein ers­tes festes Engagement als Kapellmeister angetreten hatte.“
Oppermann machte Kabarett, Popmusik und arbeitete als Feature-­Sprecher für den WDR, bis er nach dem Tod seiner Vaters von der Donau an den Rhein zurückkehrte. Von 1998 bis 2010 war er in Köln wieder als Bankkaufmann tätig, übernahm die Geschäftsführung des Familienbetriebs und leitete dessen Übertragung an eine internationale Unternehmensgruppe. Trotz seiner Arbeit als Wirtschaftsmanager blieb er ein leidenschaftlicher Theatermann, wurde 2016 festes Mitglied des freien Ensembles „Phoenix Bühnenspielgemeinschaft e.V.“ und organisierte deren neue Etablierung im Kölner „Urania-Theater“. Von der Truppe um die Gründerin Bettina Montazem hat Oppermann sich inzwischen wieder getrennt, um eigenständig für Funken in der Bonner Szene zu sorgen. Kooperation ist dabei sein ­liebs­tes Arbeitsmodell: „In der Bonner Szene gibt es weniger Konkurrenzdruck als in Köln und viel gegenseitigen freundschaftlichen Respekt. Super ist dabei natürlich die Unterstützung der Theatergemeinde.“ Das Wort „Wertschätzung“ fällt bei unserem Gespräch ungewöhnlich oft. Was nebenbei damit zu tun hat, dass er Anfang 2019 einen Essay dazu veröffentlichte und den Begriff zur Grundlage künstlerischen Gelingens erklärte.
Der Träger- und der Förderverein des Kleinen Theaters sind neu aufgestellt, solide Fäden zu anderen gemeinnützigen Organisationen und Events in der Nachbarschaft geknüpft, und seit Anfang August strömt das neugierige Publikum in das denkmalgeschützte Haus am Kurpark. Die ersten beiden Premieren (s. diese kultur-Seite 4) stimmen zuversichtlich. Für die Etablierung des ambitionierten Zusatzprogramms braucht es noch etwas Geduld. Okay: Wenn die Heizung unwiderruflich kaputt geht, muss die Renovierung der Kellerbar halt warten. Es muss auch nicht gleich ein Stern am globalen Theaterhimmel sein, zumal Oppermann weiterhin noch literarisch-theatrale „Genuss-Projekte“ pflegt. Regionalen Winzerwein gibt es schon, in absehbarer Zeit (sein Vertrag läuft 30 Jahre) auch ­gastronomische Überraschungen. Am meisten freut es ihn, wenn treue Zuschauer*innen ihn abends willkommen heißen in „unserem“ Theater.

Donnerstag, 10.10.2019

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.



Letzte Aktualisierung: 28.03.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn