Duve, Karen: Fräulein Nettes kurzer Sommer

Fräulein Nettes kurzer Sommer
Foto: Galiani Berlin
Fräulein Nettes kurzer Sommer
Foto: Galiani Berlin

kultur 158 - Juli 2019

Ein dickes Buch, ein kluges Buch, ein gutes Buch … Es erzählt Geschichte um die Figur des Freifräuleins Annette von Droste-Hülshoff herum.
Sie lebte, als die Brüder Grimm ihre Märchen sammelten, als der alte Goethe seinen Ruhm genoss, als die Burschenschaften groß geworden waren und die Straßen im Matsch versanken, wenn es geregnet hatte. Und: Als die Frauen nicht denken, kaum reden durften. Nur handarbeiten durften sie und möglichst früh heiraten, um jedes Jahr ein Kind zu gebären, das dann an Ammen, Kinderfräulein und Gouvernanten abgegeben wurde. Das galt für die „Hochwohlgeborenen“; alle anderen, die arbeiten mussten, um das Leben zu erhalten oder zu ermöglichen, zählten kaum oder gar nicht.
Wehe, man war, wie Fräulein Nette, die in einer riesigen Familie aufwuchs, intelligent, wissbegierig oder gar als Dichterin begabt.
Dass man sie und ihr Werk heute noch kennt, besser gesagt, dass es sie überlebt hat, tröstet. Ihr „kurzer Sommer“, das bisschen Liebe, das ihr vergönnt war, das sie nicht einordnen konnte, das ihr keineswegs erlaubt oder auch nur möglich war, das sie schüchtern spürte und nicht aussprechen konnte ... ach, wie bin ich froh, nicht damals gelebt zu haben!
Karen Duve schuf ein riesiges Zeitgemälde. Die körperlich winzige Heldin mittendrin, sehr lebendig und liebenswert, hat mein ganzes Mitgefühl.

Donnerstag, 05.09.2019

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