Die Mausefalle - Contra-Kreis-Theater - kultur 157 - Juni 2019

Die Mausefalle
Foto: Contra-Kreis-Theater
Die Mausefalle
Foto: Contra-Kreis-Theater

Gefangen im Schneetreiben

Es ist der Krimiklassiker schlechthin. Seit 1952 ununterbrochen in London gespielt und Weltrekordhalter bei der Zahl der Aufführungen. Es ist sehr britisch, fein gewürzt mit schwarzem Humor und vor allem ein Schauspielerstück. Für seine Inszenierung am Contra-Kreis-Theater hat Regisseur ­Lajos Wenzel, ab der kommenden Spielzeit Intendant der Landesbühne Rheinland-Pfalz, den Text ein wenig entschlackt und präsentiert die Mausefalle als brillante Charakter-Komödie mit einem hervorragenden Darsteller-Ensemble, darunter einige Contra-Kreis-Debütanten.
Ein naiv grausames kleines Kinderlied, ein Schrei – dann geht das Licht an in „Monkswell Manor“. Mollie Ralston hat das Anwesen in der Nähe von London geerbt und dort mit ihrem Mann Giles eine Pension eröffnet. Bühnenbildner Tom Grasshof hat den Empfangssalon liebevoll mit Holzvertäfelung und Ledersofa ausgestattet. Über dem Kamin prangt sogar eine Kopie von Holbeins berühmtem Porträt Heinrichs VIII – auch als reizende Hommage an eine Paraderolle des langjährigen Neuwieder Intendanten Walter Ullrich. Die Contra-Kreis-Aufführung ist eine Koproduktion mit dem dortigen Schlosstheater. Aus dessen Fundus stammen überwiegend auch die tollen old-fashioned Outfits, raffiniert auf die Figuren des Dramas zugeschnitten von Kostümbildnerin Anja Saafan.
Nach und nach treffen die Gäste ein, die merkwürdigerweise alle Einzelzimmer in dem bezaubernden Landgasthof gebucht haben. Außerdem schneit es, so dass bald keiner mehr raus kann: Die perfekte Krimi-Konstellation und von der „Grand Lady of Crime“ in Luxuszügen und auf Schiffen bestens erprobt. Immerhin funktioniert noch das Radio und meldet einen Mord in London. Eine Frau wurde auf offener Straße erwürgt, die Beschreibung des Täters passt auf fast alle Personen, die sich bei den Ralstons einquartiert haben. Manche unter falschem Namen, aber irgendwann alle verdächtig. Denn im Notizbuch des Mörders standen neben dem Kinderlied „Drei blinde Mäuse“ auch die Adresse der Pension und der Hinweis auf weitere Tötungspläne. Irgendwas muss das mit der Longridge Farm zu tun haben und den drei Pflegekindern, von denen eins an brutaler Vernachlässigung oder Missbrauch starb. In die naheliegende Aktualisierungsfalle tappt die Aufführung glücklicherweise nicht, sondern schickt acht Figuren auf die Suche nach einem möglichen Mörder.
Lili Koehler (in Bonn schon bekannt durch englischsprachige Produktionen des Euro Theater Central) spielt die schwangere Hotelchefin Mollie, die zwischen Küche und Zimmerservice den Laden zusammenhält. Dominik Penschek gibt ihren sympathischen Gatten Giles, der mit der Rechtschreibung und der Heizung ein paar Probleme hat, aber ansons­ten brav allen Kommandos gehorcht. Eine Glanznummer liefert Birger Frehse (manche kennen ihn noch als Ensemble-Mitglied vom Schauspiel Bonn) als leicht verrückter Christopher Wren. Der ewige Architekturstudent wird vermutlich keine Kathedrale entwerfen, ist jedoch mit ­Knickerbockern und Hauspuschen so bizarr charmant, dass Mollie ihm das teure Himmelbett-Zimmer gewährt. Die strenge Mrs. Boyle, mit eiserner Haltung verkörpert von Gabriele Schulze, ist vor der Pause leider schon tot, was jedoch niemanden zu Trauerarien animiert.
Der famose René ­Toussaint (ein Contra-Kreis-Urgestein) spielt gewohnt souverän den unerschütterlichen Major Metcalf, Katharina Felschen gibt sensibel die androgyne Miss Cosewell. Echt zufällig schneit Signore Paravicini herein (Heiko ­Haynert als robus­ter Mafioso, dessen Rolls-­Royce dem Glatteis zum Opfer fiel). Bevor die Telefonleitung gekappt wird, schafft es ­Sergeant Trotter auf Skiern ins dramatische Komplott. In dieser Rolle stellt ­Makke ­Schneider allen Typen die Aufgabe, wie bei Hamlets Spiel im Spiel die fremden Identitäten bis zur Aufklärung zu mimen. Eine Mausefalle ohne überflüssige Schnörkel, die auch für erfahrene Krimifans überraschend zuschnappt. Es gehört zum unsterblichen Drama, dass Mr. Trotter am Ende darum bittet, die Lösung des Falls nicht zu verraten.
Das Premierenpublikum versprach es und belohnte das ganze Team mit kräftigem Applaus. E.E.-K.


Spieldauer ca. 2 ½ Stunden inkl. einer Pause
Die weiteren Vorstellungen:
täglich außer montags bis 23.06.19

Mittwoch, 28.08.2019

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