Lisa Catena - kultur 154 - März 2019

Der Panda kommt immer zu gut weg - Lisa Catena will mit Satire Verkrustungen sprengen

von Thomas Kölsch

Es ist geil, ein Panda zu sein. Gemütlich liegt man auf der faulen Haut, döst vor sich hin, frisst ein bisschen und wird dann auch noch von allen Menschen total süß gefunden. Dumm nur, dass es sich in der modernen Welt nur die Elite leisten kann, so ein Verhalten an den Tag zu legen. Alle anderen müssen mehr tun, um nicht auszusterben. Und damit kennt sich Lisa Catena bestens aus. Die Schweizerin ist eine der wenigen echten Satirikerinnen und derzeit die einzige Frau im deutschsprachigen Raum, die ihre eigene politische Kabarettsendung hat. Eine Art Wolpertinger der Kleinkunst also. Und als würde das noch nicht reichen, hat sie eben auch den Panda-Code geknackt und weiß nach eigenem Bekunden somit, wie man allen erzählt, dass man bettelarm sei, während man im größten Haus des Ortes lebt. Man benötigt nur eine gewisse Unverfrorenheit. Oder ein schwarz-weißes Fell.
Im Falle Catenas ist es wahrscheinlich ­ersteres. „Ich würde sagen, dass ich auch heute noch zu einem gewissen Teil Punk bin, auch wenn man es mir im Vergleich zu früher nicht mehr ansieht“, erklärt die 40-Jährige im Interview. Ist ja auch schon ein bisschen her, dass sie sich ihre erste E-Gitarre kaufte und eine Punkrock-Frauenband gründete. 15 war sie damals, zwei CDs und unzählige Konzerte in Deutschland und der Schweiz waren das Ergebnis. Von Dauer war der Erfolg nicht, so wie vieles in Catenas jungen Jahren. Die Schule bricht sie ebenso ab wie eine Tanzausbildung, beißt sich dafür aber an den Jazzschulen in Zürich und Bern durch – und wird im Anschluss Singer-Songwriterin. Die Liebe zum Wort wächst, bis sie 2012 ihr erstes Kabarett-Programm zusammenzimmert und sofort den Förderpreis der Oltner Kabarett-Tage gewinnt. Weitere Auszeichnungen folgen, zumal Lisa Catena beständig bissiger wird. „Satire ist die Kunstform, die mich einfach am meisten fasziniert, weil sie Verkrustungen aufsprengen kann“, sagt sie. „Das ist ja der Punk-Gedanke.“ Und zwar einer, der heutzutage wichtiger ist denn je.
Dabei muss die Satire allerdings auch an ihre Grenzen gehen, muss den Menschen auf die Füße und auf den Schlips treten. Für Lisa Catena kein Problem. „Ich will mit meiner Kunst nicht gefallen“, sagt sie. Sondern aufrütteln. „Ich bin lieber politisch und unbequem als beliebt. Natürlich sehne ich mich wie alle Künstler nach Applaus, aber ich kann es auch aushalten, wenn der mal für ein paar Minuten ausbleibt.“ Hauptsache, das Publikum reibt sich an ihr. Nur wenige Künstler sind derzeit dazu bereit, suchen den Konflikt und die Konfrontation. Bei den Frauen wäre höchstens noch Lisa Eckhart zu nennen, die ähnlich wie Lisa Catena versucht, Konventionen zu durchbrechen. „Ich will immer herausstechen und mich nicht anpassen“, sagt letztere. „Deshalb schätze ich auch Künstler, die zunächst nicht verstanden wurden. Pina Bausch ist zum Beispiel ein großes Vorbild, weil sie ihren eigenen Weg gegangen ist und damit letztlich den Tanz revolutioniert hat.“
Leicht ist das nicht, schon gar nicht beim gesprochenen Wort. Die Andersdenkenden erreicht man in Zeiten immer enger und zahlreicher werdender Filterblasen kaum noch, das weiß auch Lisa Catena. „Jeder Mensch macht das ja, mehr oder weniger unfreiwillig. Wir umgeben uns am liebsten mit Gleichaltrigen, suchen die Nähe zu jenen, die mit uns auf einer Wellenlänge liegen und mit denen wir nicht dauernd streiten. Das ist ja logisch und völlig normal. Doch gerade das Kabarett und die Satire bleiben dadurch zu sehr unter sich.“ Auch das ist dann in gewisser Weise der Pfad des Panda. Doch was ist die Alternative? Der Weg des Affen? Wohl kaum. „Ich schlage ja den Laubfrosch vor“, gesteht Lisa Catena lachend. Ein hyperaktives Tier, das durchaus laut werden kann und gerade deshalb oft schlechter wegkommt als gerechtfertigt wäre. Klingt anstrengend. Aber vielleicht kann die Welt gerade jetzt ein paar mehr Laubfrösche gut gebrauchen. Oder zumindest jemanden wie Lisa Catena.

Donnerstag, 01.08.2019

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