Robert Nippolt und das Trio Größenwahn - kultur 149 - Oktober 2018

Robert Nippolt in "Ein rätselhafter Schimmer"
Foto: Pantheon Bonn
Robert Nippolt in "Ein rätselhafter Schimmer"
Foto: Pantheon Bonn

Die 20er in Tusche und Ton - Robert Nippolt und das Trio Größenwahn laden zur Zeitreise der besonderen Art ein

von Thomas Kölsch

Ein paar Pinselstriche, mehr braucht es nicht. Hier einer, dort einer, schon tanzt ein Paar Foxtrott oder Charleston und genießt das Leben der Goldenen 20er in vollen Zügen. Ein rätselhafter Schimmer lautet der Titel jenes faszinierenden Programms, in dem die Skizzen zum Leben erwachen, erschaffen von Ausnahme-Künstler Robert Nippoldt und vertont vom Trio Größenwahn. Jetzt kommt die „poetische Amüsier-Show“ zum wiederholten Mal ins Pantheon und verspricht einen liebevoll gestalteten multimedialen Abend mit den Hits der Weimarer Republik und den Zeichnungen des mehrfach ausgezeichneten Illustrators.

„Es war schon eine besondere Zeit damals“, versucht Lotta Stein die Faszination jener Ära zu beschreiben. Die Sängerin des Trios Größenwahn ist schon seit ihrer Jugend im Bann der Schlager und Couplets, animiert von Max Raabe und seinem Palastorchester. „Die Texte, die Musik, die Architektur, ach die ganze Kultur, die in den 20ern in Berlin entstand, war ungeheuer aufregend“, sagt sie. „Rückblickend war dies der letzte Tanz auf dem Vulkan, und man fragt sich, wo wir heute stehen würden, wenn damals nicht die Nazis die Macht ergriffen hätten. Entsprechende Warnsignale gab es damals schon – und wenn man sich anschaut, was gerade in Politik und Gesellschaft passiert, sind die 20er uns näher, als wir uns wünschen würden.“
Zusammen mit Robert Nippoldt hat das Trio Größenwahn eine ­Hommage an die Roaring Twenties geschaffen, die in dieser Form einzigartig ist. „Ich kenne Robert noch aus dem Studium“, erzählt Lotta Stein. „Zwei seiner Bücher haben wir schon musikalisch untermalt“, darunter „Jazz im New York der wilden Zwanziger“, das 2008 von der Stiftung Buchkunst zum schönsten Buch Deutschlands gekürt wurde und seinem Schöpfer unter anderem den International Book Award sowie zahlreiche weitere Auszeichnungen aus der ganzen Welt einbrachte. „Während seiner Arbeit an einem Berlin-Buch meinte er, er wolle mal etwas anderes machen als nur die üblichen Lesungen. So entstand die Idee zu der Show, die 2015 Premiere feierte. Wir haben uns natürlich von Roberts Zeichnungen inspirieren lassen, aber einige Skizzen im fertigen Buch entstanden auch erst während der Arbeit an diesem Programm. Wir haben uns also gegenseitig befruchtet.“ Dabei stehen ganz bewusst nicht nur Glitzer und Glamour im Mittelpunkt des Geschehens, sondern auch die andere, dunklere Seite jener Ära zwischen zwei Weltkriegen, die von Hunger und Hoffnungslosigkeit geprägt war. „Ich glaube, dass genau das für viele Menschen das prägendere Bild war“, gesteht Stein. „Nur die wenigsten konnten es sich schließlich leisten, abends ins Theater zu gehen und Berlin in seiner ganzen Pracht zu erleben.“

Innerhalb der Show zeichnet Nippoldt also live verschiedene Szenen, während das Trio Größenwahn dazu Klassiker von Marlene Dietrich, Friedrich Hollaender und den Comedian Harmonists zum Besten gibt. Dann wieder greift er auf vorgefertigtes Material zurück, das er mittels eines Projektionstisches zeigt und zum Teil animiert, ähnlich wie ein alter Stummfilm. „Es ist schon ein bisschen wahnsinnig, was wir da machen“, gesteht Lotta Stein lachend. „Ich glaube, Robert hat so um die 1000 Zettel, die er pro Show aufgreift, kurz zeigt und dann hinter sich wirft. Am Ende sieht es in einem Zwei-Meter-Radius um seinen Platz aus wie im Zimmer eines pubertierenden 15-Jährigen, kein Zentimeter des Bodens ist mehr sichtbar. Wenn wir dann zusammenräumen, sind die Instrumente im Nu verstaut, aber für die Zeichnungen brauchen wir mehrere Stunden.“ Der Preis der Kunst. „Wir machen das mit so viel Freude und Leidenschaft, dass wir diesen Aufwand gerne betreiben“, so Stein. Wenn auch nicht täglich: In den vergangenen drei Jahren gab es vielleicht drei Dutzend Aufführungen, und eine höhere Taktung ist unwahrscheinlich. „Wir müssen diese Touren mit unseren Familien koordinieren, außerdem hat jeder von uns noch andere Projekte. Wir setzen daher auf Klasse statt Masse und suchen uns besonders schöne Orte aus.“ Wie eben das Pantheon. „Genau. Robert will allerdings immer noch in die Carnegie Hall, aber das ist dann vielleicht doch ein bisschen größenwahnsinnig.“


Robert Nippolt und das Trio Größenwahn sind am 24.10.18 mit ihrem Programm „Ein rätselhafter Schimmer“ im Pantheon zu Gast.
Karten gibt es für Mitglieder auch bei der Theatergemeinde.

Donnerstag, 17.01.2019

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.



Letzte Aktualisierung: 29.03.2024 11:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn