Sum Thoughts - Tanzgastspiel des Nederlands Dance Theater 2 in der Oper - kultur 147 - Juni 2018

Pures Tanzglück

Zu ihrem 40-jährigen Bestehen hat die fabelhafte Nachwuchstruppe des ruhmreichen Nederlands Dans Theater eine Art Summe ihres großen Könnens gezogen. Zwei neue Stücke, erst im März 2018 in Den Haag uraufgeführt und nun als Deutschlandpremieren in Bonn zu erleben, umrahmten zwei ältere Werke. Allerdings ganz frisch präsentiert von dem jungen Ensemble (zwischen 17 und 23 Jahren), das mit seiner tänzerischen Virtuosität selbst zur Weltspitze gehört.
Ein Klassiker ist Hans van Manens Short Cut von 1999 zur Streichquartett-Musik von Jacob ter Veldhuis. Ein Mann und seine stets neue Beziehung zu drei verschiedenen Frauen. Drei Pas de deux auf halber Spitze getanzt, fast puristisch und dennoch bewegend. Ein gut viertelstündiges Meis­terwerk, das in scharfem Kontrast stand zu dem vorhergehenden, etwa gleich kurzen Mutual Comfort von Edward Clug aus dem Jahr 2015. Zur Musik von Milko Lazar entfalten zwei Männer und zwei Frauen mit atemberaubendem Tempo und immer wieder überraschenden Wendungen eine verführerische Eleganz. Manchmal mechanisch unterkühlt, dann wieder von fast schwebender Leichtigkeit.
Vorangestellt hatte die Truppe ihr neues Stück A hefty Flood, entwickelt von der ehemaligen NDT 2-Tänzerin Marina Mascarelli zusammen mit dem Ensemble. Das Glühwürmchen-Sternenlicht ist zwar ebenso hübsch wie die roten Wellen im Hintergrund, aber tänzerisch zu sehen ist wenig unter der grau schimmernden Plane. Ein Kopf, suggestive Schatten, Körper im Licht von selbst auf Bewegungsmomente gerichteten Glühbirnen, animalische Monaden im Plastikozean. Die treibenden Rhythmen der Musik von Iras Fajro erhellen die monotone 25-minütige Performance leider trotz aller optischen Effekte auch nicht.
Hochspannend dagegen das halbstündige Schluss-Stück Subtle Dust des erfahrenen Choreografen-Duos Sol León und Paul Lightfoot. Zur Musik von Johann Sebastian Bach erzählt das Ensemble eine rätselhafte Geschichte. Der Mann im schwarzen Mantel erinnert an den Magier Rotbart im Schwanensee. Eine Tänzerin in Weiß und eine in Schwarz wehren sich gegen seinen Zauber. Wenn man ganz genau hinhört, bemerkt man zwischen den verfremdeten Barock­klängen Atemgeräusche aus dem Ozean: Natursound von schlafenden Walen. Ein tänzerisch abstraktes Werk, dessen subtil vernebelte Subversität die heftige Flut des Anfangs vergessen ließ. Beglückter Applaus im wieder mal restlos ausverkauften Opernhaus.
E.E.-K.

Die Highlights des internationalen Tanzes der Spielzeit 2018/19 stellen wir Ihnen in der nächsten kultur vor. Natürlich finden Sie auch in der ­nächs­ten Saison alle Highlights in den Tanz-Abonnements der Theatergemeinde wieder.

Dienstag, 15.01.2019

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 20.04.2024 09:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn