Drei Männer im Schnee - Kleines Theater Bad Godesberg - kultur 143, Februar 2018

Drei Männer im Schnee
Foto: Kleines Theater Bonn
Drei Männer im Schnee
Foto: Kleines Theater Bonn

Köstliches Wintervergnügen

In der Zeit um Weihnachten waren die Drei Männer im Schnee fast so oft im TV-Programm zu finden wie die Drei Haselnüsse für Aschenbrödel. Ein modernes Märchen ist die Geschichte vom armen jungen Mann, der das Herz eines reichen Mädchens gewinnt, tatsächlich. Die vom Konzernchef, der im Hochgebirge die sozialen Niederungen erkundet, beglückt ohnehin jedes wundergläubige Herz.
„Dass wir wieder werden wie Kinder, ist eine unerfüllbare Forderung“, schrieb der Dichter Erich Kästner, der vor allem durch seine Kinderbücher weltberühmt wurde. Unter dem Titel Das lebenslängliche Kind wurde 1934 die Komödie nach seinem Roman Drei Männer im Schnee uraufgeführt. Unter dem Pseudonym Robert Neuner, denn Kästner konnte seit 1933 nicht mehr unter seinem eigenen Namen publizieren. Drei Männer im Schnee wurde mehrfach erfolgreich verfilmt. Bis heute unübertroffen ist die Fassung von 1955 in der Regie von Kurt Hofmann (mit Paul Dahlke, Günther Lüders und Claus Biederstaedt), zu der Kästner selbst das Drehbuch verfasste.
Mithalten kann da freilich die Vorstellung des heiteren Verwechslungsspiels im Kleinen Theater. In der Rolle des Geheimrats Tobler glänzt Michael Schanze, der nicht nur seine Qualität als brillanter Entertainer beweist, sondern mit geradezu kindlicher Freude sein Vergnügen am Schein auf die Spitze treibt. Der joviale alte ­Patriarch, millionenschwerer Besitzer eines Wirtschaftsimperiums, möchte die Menschen erkunden. Deshalb hat er unter falschem Namen an einem Preisausschreiben seiner Firma „Putzblank“ teilgenommen und prompt einen Aufenthalt in einem Alpen-Luxushotel gewonnen. Als armer Schlucker Schulz wird er in einer ungeheizten Gesindekammer einquartiert und zu allerhand Hilfsdiensten herangezogen. Sein Diener Johann muss natürlich mitreisen und einen schwerreichen Reeder mimen. Makke Schneider spielt die Verwirrungen des treuen Untergebenen mit köstlicher Dienstfertigkeit.
Wie ein Millionär fürstlich hofiert wird dagegen der arbeitslose Werbetexter Dr. Hagedorn, der bei dem Wettbewerb ebenfalls einen Urlaub im Grand Hotel gewonnen hat. Olaf Böhnert in der Rolle des durchaus selbstbewussten Akademikers ist der einzig Ehrliche in dem amüsanten Chaos. Zudem ausgestattet mit sozialer Empathie und solch charmanter Naivität, dass die drei Männer – eher ohne Wintersport, dafür aber mit reichlich Champagner und Cognac – einfach Freunde werden müssen.
In der leichtfüßigen Regie des gebürtigen Schweizers Jan Bodinus funktioniert der muntere Winterspaß vorzüglich. Die witzigen Kostüme von Hanne Eckart machen alle zu Spielfiguren, Christian Baumgärtels Bühne verwandelt sich bald vom Toblerschen Salon ins Foyer der noblen Herberge mit Gebirgspanorama. Wo der strenge Hoteldirektor (Karl-Heinz ­Dickmann) und der windige Portier (Heiko ­Heynert) energisch den unverschämten Störfaktor Schulz aus der feinen Gesellschaft entfernen möchten. Derweil versuchen zwei erfahrene Damen, den vermeintlichen Millionär Hagedorn zu umgarnen: Die lispelnde Schreck­schraube Casparius (Dana Cebulla) und die anhängliche Russin von Mallebré (Olga Yakovleva) könnten jeden Mann das Fürchten lehren.
Glücklicherweise hat der „olle Tobler“ neben seinem Wirtschafts-Imperium und seiner Vorliebe für Siamkatzen noch ein reizendes Töchterchen. Entzückend spielt Eva Wiedemann die junge Hildegard, die nicht ganz unschuldig ist an dem Verwechslungs-Drama, aber in Sekundenschnelle schon verlobt mit dem echten Underdog. Tante Julchen (in Wirklichkeit Hausdame bei den Toblers) schaut ungläubig auf das seltsame Treiben zwischen Schnee und Geldadel. Ursula Michelis liefert in der kleinen Rolle eine hinreißende Studie über das Verhalten erwachsener Menschen im Zustand der Umkehrung von Oben und Unten.
Keine Sorge: Geheimrat Tobler kehrt zurück in seine Grunewald-Villa, bereichert durch viele Erfahrungen und einen hochbegabten Schwiegersohn. Beide handeln virtuos mit virtuellen Effekten wie Kästners grimmig-lustiges Märchen. Denn „wir können zu verhüten versuchen, dass die Kinder so werden wie wir.“ Zur Not kauft man den ganzen Laden einfach auf …
Riesenbeifall bei der Premiere im restlos ausverkauften Kleinen Theater Bad Godesberg, das mit diesem Unterhaltungs-Klassiker überzeugend ins neue Jahr startete. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2¼ Stunden inkl. Pause
Vorstellungen bis zum 2.02.18
(Es gibt nur noch Restkarten.)

Startprobleme scheint es dagegen mit dem Kölner Ensemble „Phoenix“ zu geben, das ab Mitte 2019 das Kleine Theater Bad Godesberg bespielen möchte. Die bisher angekündigten Gastspiele fielen aus. Der Verkauf der städtischen Liegenschaft mit dem sanierungsbedürftigen Theatergebäude zur weiteren kulturellen Nutzung an einen privaten Bewerber steht auf der Tagesordnung des Stadtrats im nichtöffentlichen Teil seiner Sitzung Ende Januar.

Donnerstag, 02.08.2018

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