The Importance of Being Earnest - kultur 142 - Januar 2018

Brillante Gesellschaftskomödie


Der irische Dichter hielt sein letztes Drama The Importance of Being Earnest zu Recht für sein bestes. Kurz nach der erfolgreichen Uraufführung 1895 in London wurde Oscar Wilde wegen Homosexualität zu einer Zuchthausstrafe verurteilt und starb gesundheitlich und finanziell völlig ruiniert mit 46 Jahren in Paris. Die Akteure in seiner Komödie, die in Deutschland meistens unter dem Titel Bunbury auf die Bühne kommt, sind saturierte Müßiggänger und hinreißend oberflächlich.
Um im viktorianischen Zeitalter zur besseren Society zu gehören, bedurfte es eines guten Namens, tadelloser Abstammung und natürlich ökonomischer Sicherheit sowie einer charmanten Erscheinung. Wie die alte Lady Bracknell konstatiert, geht es bei wirklich bedeutenden Angelegenheiten nicht um Aufrichtigkeit, sondern um Stil.
Deshalb hat das Euro Theater Central das Werk nun in der Originalsprache herausgebracht und dafür ein fabelhaftes Ensemble aus anglophonen Darstellern gefunden, das alle wortspielerischen Finessen perfekt beherrscht. Fast alle sind neu am ETC, und was die Schweizer Regisseurin Marianne de Pury in fünf Probenwochen mit ihnen erarbeitet hat, ist eine echte Kostbarkeit. De Pury, seit vielen Jahren dem ETC verbunden, wo sie u.a. 2012 Molières Malade imaginaire auf Französisch inszenierte, setzt auf präzise Personenführung und sprachliche Raffinesse.
Der auf zwei Seiten vom Publikum flankierte Spielraum ist reduziert auf zwei Sofas, weiß in der Stadt, mit geblümtem Überzug auf dem Land (Set-Design: Thomas Ziegler). Mehr ist nicht nötig, damit auf Sitzen und Lehnen bald tollkühne Bewegung herrscht und die verbalen Pointen ihren Zündstoff entfalten. Die jungen Gentlemen John Worthing und sein Freund Algernon Moncrieff haben sich jeweils eine zweite Figur erfunden, um gelegentlich ihren langweiligen gesellschaftlichen Verpflichtungen zu entfliehen. Ryan Wichert gibt herrlich komisch den blässlichen Dandy John, der neben seinem verlotterten fiktiven Bruder Ernest auch noch seine höchst zweifelhafte Geburt vorzuweisen hat. Quatis Tarkington spielt den schillernden Algernon, der angeblich seinen kranken Freund Bunbury pflegt, wenn er nicht gerade bei noblen Tee-Partys seiner Vorliebe für Gurkensandwiches und Muffins frönt.
Claudia Dalchow brilliert als seine selbstbewusste Cousine Gwendolen und als Gouvernante Miss Prism, der einst eine Reisetasche samt eigenhändig verfasstem Roman fatal abhandenkam. Entzückend spielt Lili Koehler das strenge Hausmädchen Lane und die muntere Cecily, Johns Mündel und verknallt in Algernon. Nicht allzu ernsthaft, denn ebenso wie der mit John verlobten Gwendolen geht es den jungen Frauen weniger um echte Gefühle als um elegante Formulierungen in ihren romantischen Tagebüchern. Außerdem bestehen beide darauf, dass ihr Zukünftiger unbedingt „Ernest“ heißen und „earnest“ (aufrichtig, zuverlässig) sein muss. Phonetisch kein Unterschied, aber eine ziemlich ernste Sache, die allerhand Komplikationen nach sich zieht.
Mit Romantik nichts am koketten Rosenhütchen hat die strenge Tante Bracknell, ungemein witzig verkörpert von dem in Köln lebenden Briten Tony Dunham. Die robuste Dame sorgt schließlich für die Aufklärung der komplizierten Verhältnisse, was zudem beiden Herren den dringend benötigten Namen Ernest beschert. Wirklich hart für John, der plötzlich begreift, dass er sein Leben lang die Wahrheit gesagt hat. Zweifellos ein Verbrechen gegen die absurde Scheinhaftigkeit der Welt, in der es doch bloß darum geht, jede Lüge blendend in Worte zu fassen. Insofern ist die amüsante Vorstellung im ETC sogar durchaus aktuell.
Es ist nach diversen fremdsprachigen Aufführungen die erste englische Eigenproduktion des literarisch ambitionierten Privattheaters, das weiterhin um seine Existenz bangen muss. Nach der begeistert gefeierten Premiere müssten sich im städtischen Haushalt doch Mittel auftreiben lassen für die kleine internationale Bühne im Bonner Zentrum. E.E.-K.
Spieldauer ca. 2¼ Stunden inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen sind erst im Februar.

Dienstag, 13.02.2018

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