Toys - GOP-Varieté-Theater - kultur 141 - Dezember 2017

Fröhliches Erwachen


Es könnte aus einer Story von Charles Dickens stammen: Stofftiere, Puppen und altes Spielzeug inmitten von alten Möbeln und Neugier weckenden Vorhängen, ein Ladeninhaber mit Zylinder. Und sobald dieser das Spielzeuggeschäft verlassen hat, erwachen die Bewohner in den Regalen und hinter den Vorhängen und wollen ihre Künste zeigen. Das Spiel kann beginnen.
Toys, die nun schon siebte Show des Bonner GOP, Regie Ulrich Thon, ist eine zauberhafte Melange aus Poesie und meis­terhafter Artistik. Es ist - wie eigentlich immer bei den GOP-Shows - keine lockere Abfolge von artistischen Kunststücken, sondern eine durchkomponierte zweistündige Geschichte, in der die Künstler neben ihren „großen“ Auftritten in vielerlei kleinen Rollen am Gesamtwerk mitweben.

Trotzdem sind die „Nummern“ die Glanzpunkte eines jeden Varietéprogramms. Und davon hat Toys einige zu bieten. Und meist mit einer solchen Leichtigkeit und Eleganz vorgetragen, dass man immer wieder vergisst, welche Kraft und Konzentration und wieviel Training dahinterstecken.
Kateryna Kurichenko zum Beispiel erweckt­ den guten alten Hula-Hoop-Reifen zu neuem Leben, mal langsam, mal dynamisch, mal einen, mal bis zu 10 Stück gleichzeitig.
Die Portugiesin Joe Martinho bewegt sich bei ihrer Handstand-Akrobatik so schwerelos, dass man Schweben als eine menschliche Fortbewegungsart sehen könnte.
Thomas Vey kommt als Harlekin aus den Regalen und liefert eine perfekte Show mit wilden Pirouetten auf dem Einrad ab.
Der Versuch von Salim Musa Yusuf und Roos Harmanides, ein „Toys“-Schild mithilfe eines Trapezes im Laden aufzuhängen, führt zu einer unglaublichen komödiantischen Nummer von großer Perfektion. Da ist jede Bewegung aufeinander abgestimmt.
Artistischer Höhepunkt, im wahrsten Wortsinne, ist der Auftritt der drei Russen Alexey Suleymanov, Vladimir Paklin und Igor Boytsov mit dem russischen Barren (einer ca. 5 Meter langen, elastischen Stange). Mit Kraft und Perfektion wird bei den ­Salti jeder Zentimeter Raumhöhe ausgenutzt - sichere Landung auf der Stange selbstverständlich.
Vitaliy Ostroverkhov beweist, dass auch Männer Multitasking-fähig sind: Mit dem Einrad auf dem Seil balancieren und zusätzlich Hütchen jonglieren. Großartig.
Das Duo Dinh Anh aus Vietnam und Frankreich strahlen bei ihrer Bodenakrobatik, die an fernöstlichen Tanz erinnert, eine solche Harmonie aus, dass selbst schwierigste Übungen unglaublich leicht wirken.
Und dann ist da noch Gabor Vosteen zu erwähnen, der wort-, aber nicht tonlos die Geschichte zusammenhält. Seine Blockflöten-Comedy mit bis zu fünf Flöten ist von besonderer Güte. Musikalisch interessant und witzig.

Dann kommt der Ladenbesitzer wieder - nach zwei Stunden oder einer Nacht und alle verschwinden wieder in ihren Regalen, glücklich, einmal gezeigt zu haben, was sie so können.

Daran sollten Sie denken, wenn Sie noch Reminiszenzen an Ihre Kindheit in Schubladen oder Kisten haben: „Free Your Stofftier“. Und schauen Sie mal durchs Fenster, nach dem Weggehen ... ubi

Spieldauer ca. 2 Stunden, eine Pause
Vorstellungen bis 14.01.18
Auch für Kinder geeignet.

Dienstag, 16.01.2018

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