Der Messias - Contra-Kreis-Theater - kultur 141 - Dezember 2017

Der Messias
Foto: Contra-Kreis-Theater
Der Messias
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Unselige Christmas-Comedy


Bei britischen Familien sind Christmas Pantos beliebt. Parodien populärer Märchen oder Musicals, für die erwachsenen Zuschauer gern auch aufgepeppt mit Travestie- und Slapstick-Elementen sowie bekannten Größen des Showgeschäfts. Das 1983 in London uraufgeführte Stück Der Messias des englischen Autors und Comedians Patrick Barlow ist eine solche Farce. Übersetzt wurde es von dem legendären Gründer des Berliner Grips-Theaters Volker Ludwig und erlebte an diesem Kinder- und Jugendtheater auch 1987 seine deutschsprachige Erstaufführung. Seitdem ist es zur Weihnachtszeit auf etlichen Bühnen geradezu Kult.
Im Contra-Kreis hat Lajos Wenzel die Krippenspiel-Komödie inszeniert. Mit dem TV- und Showstar Ingolf Lück und dem hochtalentierten Schauspieler und vielseitigen Sprecher Martin Bross. Der lange Dünne und der rundliche Kurze wären eigentlich eine Idealbesetzung für die beiden Figuren, die auf Teufel komm heraus improvisieren müssen, um die Heilige Nacht zu überleben. Dabei lässt die Regie ihnen ziemlich freie Hand und setzt auf recht robus­ten Humor.
Es geht darum, dass zwei reichlich unbegabte Amateurschauspieler die Weihnachtsgeschichte aufführen möchten. Geld haben sie – wie so oft beim freien Theater – leider nicht, müssen also alle Rollen selbst spielen. Den braven Zimmermann Joseph, die Jungfrau Maria, den Erz­engel Gabriel, den Heiligen Geist, die Hirten, die drei Könige, ein paar freche Römer und zur Not sogar den lieben Gott. Außerdem brauchen sie Requisiten. Aber die Bühnenleidenschaft der Herren ist durch kein Hindernis zu stoppen. Die Eimer aus einem Putzwagen werden zu römischen Helmen, und allerhand Gegenstände taugen zu überraschenden Zwecken. Ein rosa Plastik-Tannenbäumchen sorgt für Weih­nachtsstimmung (Bühne: Tom Grasshof).
Bross als keifende, 14-jährige Maria mit Kopftuch schafft das irgendwie mit der schwierigen Geburt des Messias. Lück gibt den geistig arg bescheidenen Joseph. Mitunter mischt sich noch Nicole Johannhanwar als Opernsängerin ein, die zu ihrer barocken Erscheinung eine wirkliche Engelsstimme mitbringt und am Ende mit Christbaumkugeln geschmückt (Kostüme: Anja Saafan) einen tollen Auftritt hat. Die Musik stammt von dem Wahlbriten Händel. Das Publikum darf als wütendes Volk von Nazareth gegen den römischen Kaiser protestieren. Herodes hat einen bayrischen Akzent, und Gottvater spricht rheinisch. Meckenheim und Auerberg kommen vor, sogar Beckenbauer und Gottschalk sind eingebaut in die bizarre Posse. Witzig wird es, wenn die Schauspieler aus ihren Rollen treten und über das Theater selbst reden. Lück beweist vor allem dabei seine Entertainer-Qualitäten.
Blasphemisch ist die schrille Satire kaum. Dafür ist sie schlicht zu albern. Ein paar Szenen erinnern an Monty Pythons Leben des Brian. Aber der Filmklassiker ist geradezu feinsinnig gegenüber dem Bühnenklamauk. Bei der Premiere am Allerheiligentag verließen etliche Zuschauer schon in der Pause das Theater. Vielleicht ist es ratsam, sich vor der Vorstellung auf dem nahen Weihnachtsmarkt einen Glühwein zu genehmigen. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 Stunden, inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
täglich außer montags und Heiligabend bis 7.01.18

Dienstag, 16.01.2018

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