Prix Pantheon 2017 - Pantheon - kultur 138 - Juli 2017

Preisträger Prix Pantheon 2017
Foto: Harald Kirsch
Preisträger Prix Pantheon 2017
Foto: Harald Kirsch

Nachwuchs-Satire-Wettbewerb


Erstmals am neuen Sitz in Bonn-Beuel und erstmals unter der Schirmherrschaft der NRW-Familien- und -Kulturministerin Christina Kampmann fand am 13. und 14.06.2017 der Prix Pantheon statt: die inzwischen 22. Austragung des Nachwuchs-Satire-Wettbewerbs des Pantheon-Theaters. Die Moderation übernahm in diesem?Jahr der Mainzer Kabarettist, Comedian und Musiker Tobias Mann (*1976), der im Jahr 2008 selbst den Prix-Pantheon-Publikumspreis gewonnen hatte.
Die Wettspielordnung sieht vor, dass am ersten Veranstaltungstag zehn Kandidaten sich mit zehnminütigen Auftritten dem Publikum vorstellen – nachdem sie im Vorfeld von der Jury (bestehend aus der Schauspielerin Susanne Petzold, der Künstlerin Nessi Tausendschön, Medienvertretern und Pantheon-Theaterleiterin Martina Steimer) nominiert worden sind. Nach dieser ersten Runde wählen Jury und Publikum ihre Favoriten, von denen die fünf besten in die Finalrunde am zweiten Tag einziehen.
Trotz gelungener Auftritte ereilte das Aus in der ersten Runde in diesem Jahr den Slampoeten Nektarios Vlachopoulos, den Stand-Up-Comedian Khalid Bounouar, den als „Lehrerkind, Stufe 3” aufgewachsenen und dies auf der Bühne verarbeitenden Kabarettisten Bastian Bielendorfer und die Band Tonträger (Johannes Wolff, Lennart Schlinge, Jonathan Richter und Daniel Bombei) – wobei letztere ein Extra-Lob für ihren guten Sound, ihren Oscar-Wilde-verdächtigen Dandy-Look und die dazu perfekt passenden Songtexte verdient hat. Die nominierte Kabarettistin Gabriele Busse hatte wegen eines familiären Trauerfalls leider kurzfristig ihren Auftritt absagen müssen.
Den Einzug ins Finale schafften hingegen die Hamburger Sängerin und Pianistin Katie Freudenschuss mit einem aus Publikumszurufen spontan erfundenen neuen Lied zur Melodie von Über sieben Brücken musst Du gehn, der originelle Comedian und auf Loop-Elemente spezialisierte Sänger und Comedian Tino Bomelino, der Stand-up-Rap-Comedian Quichotte und sein Gitarrist Flo mit ihrer frechen musikalischen Handlungsempfehlung ‘Gebt die Kinder ins Heim’, die 25-jährige grandios klug-böse und hintergründige österreichische Kabarettis-tin Lisa Eckhart und das bereits im Jahr 1997 gegründete Schweizer Trio Starbugs Comedy.
Am zweiten Wettkampftag sollte der spannende Showdown stattfinden, umrahmt von Kurzauftritten beliebter Satirestars wie Piet Klocke, Chris Tall, Torsten Sträter, Stoiber- und Seehofer-Imitator Wolfgang Krebs und der Band Michael Krebs und die Pommesgabeln des Teufels. Was nach einem für das Publikum grandiosen Abend klingt, ließ in der Umsetzung jedoch auch ein wenig Zweifel daran aufkommen, ob der Rahmen nicht zu sehr von den Hauptakteuren ablenkt: Drei Stunden wirklich gute Show, aber davon nur eine Stunde Wettbewerb der Kandidaten, die mit neuen Kurzauftritten weitere Einblicke in ihr vielseitiges Können gaben. Eine teils unfreiwillig komische, teils ermüdende Rolle spielten die Erfordernisse der Bild- und Tonaufzeichnungen durch den WDR, die für zahlreiche Wiederholungen von Moderationen sorgten.

Die gelungene Preisverleihung am Ende des zweiten Wettbewerbstages bot Spannung und Überraschungen. Zunächst wurde – außerhalb des Wettbewerbs – der Kabarettist Michael Mittermeier (*1966 im oberbayerischen Dorfen) mit dem Ehrenpreis Reif und Bekloppt für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Mittermeier gelang im Jahr 1996 mit seinem Soloprogramm Zapped – Ein TV-Junkie knallt durch und dem Gewinn des Prix-Pantheon-Publikumspreises der Sprung in die Top-Riege der deutschen Comedians. Der Moderator der ZDF-heute-Show Oliver Welke hielt als Überraschungsgast die Laudatio 2017 auf Mittermeier und überreichte ihm den mit 4.000 € dotierten Preis.
Rainer Pause, der Hausherr des Pantheons – der an diesem Tag 70 Jahre alt geworden war und mit einem ca. 500-stimmigen-Geburtstagsständchen gefeiert wurde – hatte anschließend die Ehre, den Gewinner des Prix-Pantheon-
Publikumspreises Beklatscht und Ausgebuht bekanntzugeben. Dieser ging an Fabian Berger, Martin Burtscher und Wassilis Reigel von Starbugs Comedy, die anstatt vieler Worte mit perfekten Choreografien gepunktet und eine Show geboten hatten, die nur kurz nach Boygroup der 1990er Jahre aussah, dann jedoch zu einem umwerfend komischen und hintergründigen Slap-Stick-Spektakel ausartete.
Die Jury verlieh ihren Preis Frühreif und Verdorben an Lisa Eckhart, die ihren Themenbogen mit krassen und klugen Pointen von der Gefahr des Bücherlesens über den Fleischkonsum bis zu ihren Erfahrungen unter „radikalen Ausländern” in Berlin-Neukölln gespannt hatte. Lisa Eckhart fand nach ihrem Studium der Germa-nistik und Slawistik den Weg zur Bühne über das Genre Poetry Slam. Seit dem Jahr 2015 tritt sie mit ihrem ersten Kabarett-Soloprogramm Als ob Sie Besseres zu tun hätten auf. Die Jury lobte Eckharts „fein ziselierte Texte, in denen Himmel und Hölle, Komik und Tragik, Mitleid und Spott ganz nahe beieinander liegen” und nannte sie eine „Sprachkünstlerin auf höchs­tem Niveau”.
Insgesamt war es in diesem Jahr ein gut besetzter Wettbewerb, bei dem jeder der Kandidaten das Publikum für sich zu gewinnen wusste. Wir gratulieren herzlich und wünschen auch allen Nicht-Gewinnern eine erfolgreiche weitere Bühnenlaufbahn! J.S.

Dienstag, 12.09.2017

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 25.04.2024 09:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn