Kai Magnus Sting - kultur 137 - Juni 2017

Mord à la carte - Kai Magnus Sting kombiniert Lesung und Kabarett

von Thomas Kölsch

Mord geht durch den Magen: Verbrechen und Essen scheinen bei Kai Magnus Sting eine ganz spezielle Verbindung zu haben. Wenn eine Sammlung absurder, tiefschwarzer Krimi-Kurzgeschichten schon Tod unter Gurken betitelt ist und darin unter anderem mehrere Menschen durch eine explodierende Weihnachtsgans zu Tode kommen, ist zumindest ein gewisses Muster zu erkennen. „Das stimmt“, gesteht Sting und lacht. „Mein Techniker, mit dem ich schon sehr lange zusammenarbeite, hat mir auch schon gesagt, das ich anscheinend immer nur an das eine denke. Aber Essen ist für mich nun einmal eine sehr sinnliche Angelegenheit, über die sich viel erzählen lässt.“ Ein lebensnotwendiger und lebensbejahender Akt, der durch einen Mord in sein Gegenteil verkehrt wird. „So in etwa. Allerdings spielt der Titel tatsächlich auf etwas anderes an: In einem meiner Texte werden zwei Menschen in einem Wellness-Hotel umgebracht, während sie eine Gurkenmaske auf dem Gesicht haben. Der Verlag war von der Idee so begeistert, dass er gleich das ganze Buch so genannt hat. Dabei kann man mich mit Gurken eigentlich jagen, ich empfinde sie als Angriff auf meine Persönlichkeit.“ Wieder ein herzhaftes Lachen. „Auch wenn die Gurken seitdem immer wieder Cameo-Auftritte haben, schreibe ich auch über andere ungewöhnliche und makabere Verbrechen.“ Stimmt. Mal ertrinkt ein Mann am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer, dann wieder werden Leichen falsch zusammengebaut und ausgestellt. Und immer ermittelt Alfons Friedrichsberg, den Sting sowohl im Hörbuch als auch auf der Bühne zum Leben erweckt. „Ich hoffe, dass ich im Alter so ähnlich wie er sein kann“, sagt Sting. „Gesellig, nicht gerade dumm und ein echter Genussmensch, der sich nicht mehr rechtfertigen muss und seine Nase in alles reinstecken kann, was ihn interessiert.“
Die Liebe zu Krimis hat Sting schon als Kind entwickelt. „Ich habe mir immer gerne Geschichten erzählen lassen und war auch eines dieser typischen Kassettenkinder, die die drei ??? in Dauerschleife gehört haben“, erinnert er sich. „Dann bin ich relativ früh, so mit zehn oder elf Jahren, auf Agatha Christie und Edgar Wallace gestoßen, was mich ebenfalls faszinierte. Irgendwann habe ich schließlich die WDR-Hörspielkrimis für mich entdeckt, die immer samstags liefen. Wenn ich in die Schule muss­te, habe ich mir die aufnehmen lassen, um ja keine Folge zu verpassen. So habe ich auch erstmals Paul Temple gehört.“ Jener berühmte fiktive Krimi-Autor, mit dem Sting vor ein paar Jahren wieder eine unerwartete Begegnung hatte. „2013 hat mich Bastian Pastewka angerufen und gefragt, ob ich an zwei bestimmten Abenden Zeit hätte, um einen verschollenen Paul-Temple-Fall einzusprechen. Das war eine riesige Ehre für mich – als wir schließlich im WDR in Köln in genau den Studios saßen, in denen auch die anderen Folgen produziert worden waren, hatten Bastian und ich Tränen in den Augen.“

Derzeit ist Sting allerdings mit einer eigenen Lesereise unterwegs, bevor im Herbst sein neues Solo-Programm „Sonst noch was“ Premiere feiert. Zusammen mit Altmeister Henning Venske und einem weiteren, ständig wechselnden Kollegen liest er aus Tod unter Gurken. „Eigentlich ist das vergleichbar mit einem Schulausflug“, sagt Sting. „Ich wollte einfach noch mal mit guten Freunden unterwegs sein und eine schöne Zeit auf der Bühne haben. Henning hat sofort für die ganze Tour zugesagt, die anderen müssen halt aus Termingründen wechseln. Ein paar Abende machen wir mit Konrad Beikircher, dann welche mit Bastian Pastewka oder Fritz Eckenga. In Bonn haben wir Andreas Etienne gewinnen können, worauf ich mich schon sehr freue, und dann wieder sind wir mit Jochen Malmsheimer unterwegs. Außerdem werden wir von Markus Paßlick begleitet, der Percussionist von Götz Alsmann ist. Wir werden etwa vier Texte szenisch lesen und dazwischen ein bisschen Kabarett machen.“ Klingt auf jeden Fall mörderisch gut.

Dienstag, 12.09.2017

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