Frida Kahlo - Theater Die Pathologie - kultur 132 - Januar 2017

Frida Kahlo
Foto: Jürgen Klack
Frida Kahlo
Foto: Jürgen Klack

Selbstbildnis einer Todestänzerin


Diego hockt noch lässig in der Badewanne, während Frida das Haus mit Blumen geschmückt hat. Diego Rivera, der berühmte Maler, den sie zweimal heiratete. Das komplizierte Verhältnis zu dem zwanzig Jahre älteren Künstler und Salonkommunisten ist Ausgangspunkt des kurzen Bühnenmonologs, den die Schauspielerin Karin Kroemer im intimen Theater Die Pathologie der mexikanischen Malerin Frida Kahlo gewidmet hat. Zusammen mit dem Regisseur Géza Melczer-Lukas hat sie aus Briefen, Lebenszeugnissen und Bildern eine szenische Annäherung an die Frau konstruiert, die längst selbst zu einer Ikone geworden ist.
Kroemer im grünlich-gelb schillernden weiten Rock (in Kahlos Farbkanon steht der Ton für Wahnsinn und Geheimnis) erzählt von den inneren und äußeren Verletzungen, die dieses „Bilderleben“ prägten. Auf dem schmalen Grat zwischen Identifikation und Distanz zu dem Bild, das sich die Welt von der Künstlerin gemacht hat. Mit rotem Blütenkranz auf dem grauen Haar erscheint sie als Frida, die aus der Rückschau von sich berichtet. Nicht biografisch linear, sondern als Collage aus Selbstreflexionen. Sie ist die Frida Kahlo (1907 – 1954), die kokett ihre Geburt ins Jahr der mexikanischen Republikgründung 1910 verlegt, die von der Erkrankung an Kinderlähmung einen verkrüppelten Fuß behält und 1925 einen Busunfall knapp überlebt. Immer wieder verarbeitet sie ihre körperlichen und seelischen Qualen in Selbstporträts (insgesamt über 50), auf denen sie den Betrachter stets provozierend ernst anblickt. Man will ihre Schönheit sehen, nicht die zahllosen Brüche und schon gar nicht einen zerfetzten Unterleib, der gebären möchte.
Kroemer zeigt indes nicht nur die Leidende, sondern auch die Lebensfreudige, die ihre erotische Ausstrahlung genießt und ihre versehrte Gestalt bewusst zum Kunstmotiv erhebt. Es ist nicht nur persönliche Überzeugung, wenn sie sich in der traditionellen Tracht der Frauen aus Oaxaca zeigt. Es ist auch politisches Kalkül an der Seite eines geschäftstüchtigen Populärkünstlers und abenteuerlustigen Machos, der sie mit kostbarem Schmuck an sich kettet, aber als Künstlerin auch großzügig unterstützt.
Differenziert mit einem feinen Schuss Selbstironie spielt Kroemer mit lauten und leisen Tönen und den sparsamen Requisiten, darunter eine rituelle Judaspuppe an der Wand, in die man alles Böse hineinwünschen kann. Sie zitiert die Dichterinnen Virginia Woolf und Silvia Plath, die in den Suizid flohen, den Frida ebenfalls in Erwägung zog. Zur Vernissage ihrer ersten Einzelausstellung 1953 in Mexiko ließ sie sich im Krankenbett tragen und erregte damit mehr Aufmerksamkeit als ihre Bilder. Zeitlebens eine ­Todestänzerin, die an ihrem eigenen Mythos feilte. „Ich bin das Bild“, erklärt sie am Schluss. Es hat funktioniert: Die Frau, die lange nur als hübsche Blume im Knopfloch eines prominenten Malers galt, triumphierte über ihren geliebten Meister. Das blaue Haus in Mexiko-City zieht Touristen aus aller Welt an, weil hier Frida Kahlo wohnte, die etliche Männer und Frauen faszinierte. Diego Rivera mit seinen großartigen Wandbildern war bloß ihr Gatte.
Bei der fast ausverkauften fünften Vorstellung gab es langen Beifall. E.E.-K.

Spieldauer ca. 45 Minuten, keine Pause
Die nächsten Vorstellungen:
26.01., 27.01.17

Dienstag, 24.01.2017

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