Jazz-Ladies im a-cappella-Modus - Les Brünettes feiern starke Frauen

von Thomas Kölsch

Unglaublich aber wahr: Das a-cappella-Frauenquartett Les Brünettes existiert in seiner jetzigen Form nicht zuletzt aufgrund eines eklatanten Desinteresses seitens des anderen Geschlechts. Und das bei derart charmanten, attraktiven und stimmgewaltigen Damen. Kurios. „Wir haben uns ja alle während des Jazzgesang-Studiums in Mannheim kennengelernt und fanden damals einfach keine Männerstimmen, die dauerhaft mit uns zusammenarbeiten wollten“, erinnert sich Stephanie Neigel und lacht. „Irgendwann haben wir uns gesagt, dass es auch sehr schön klingt, wenn wir vier alleine singen. Das hat sich dann bewährt.“ In der Tat. Zumal Les Brünettes so als echte Rarität gelten, sind doch in der a-cappella-Szene entweder reine Herrengruppen oder aber gemischte Formationen unterwegs. Gut, Ausnahmen bestätigen die Regel. Aquabella etwa oder die medlz gibt es natürlich ebenfalls. Aber vier Frauen, die auch noch Jazz machen? „Da haben wir eben unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Neigel stolz.

Dabei gibt Neigel ohne Umschweife zu, dass sie und ihre Kolleginnen sich mit Les Brünettes dann doch ganz gerne zwischen Jazz und Pop bewegen. „Für uns ist das nicht schlimm“, sagt die Sängerin, „so kommt vielleicht auch ein Pub­likum, dass sonst mit Jazz nicht so viel anfangen kann, mal in den Genuss anderer Harmonien.“ Und mit denen kennt sich das Quartett aus. Alle vier haben schon mit diversen Bigbands und in anderen Projekten gesungen und wollen, ja brauchen mehr als nur die schönen, aber letztlich langweiligen Dreiklänge. „Die Herausforderung besteht darin, die Essenz eines Songs und die Quelle seines Grooves zu finden“, erklärt Neigel. „Wir haben eben nur vier Stimmen zur Verfügung und wollen trotzdem komplexe Arrangements haben und dem Stück gerecht werden. Das ist nicht immer einfach, ist aber gerade deswegen sehr reizvoll.“

Derzeit sind Les Brünettes noch mit ihrem Programm A Women Thing unterwegs, einer Hommage an starke Frauen. „Jede von uns hat Künstlerinnen genannt, die sie besonders beeinflusst haben“, erklärt Neigel das Konzept. „Unsere Französin Juliette wollte natürlich Edith Piaf singen, und auch wenn ihre Stimme völlig anders klingt, hat sie doch eine ziemliche Energie. Lisa brachte Aretha Franklin ein, Julia war von Nina Simone fasziniert– und für mich war Joni Mitchell ein Vorbild. Eine Wahnsinnsfrau.“ Ungenannt, aber ebenfalls prägend übrigens ihre Tante Jule Neigel; die Musik liegt der jungen Frau eben im Blut (und nicht nur ihr: Co-Brünette Lisa Herbolzheimer ist die Enkelin des legendären Jazzpapstes Peter Herbolzheimer). So viele starke Namen. Und so hohe Ansprüche. „Natürlich covern wir nicht, das könnten wir auch gar nicht“, sagt Neigel dazu. „Wir setzen die Songs eben auf unsere Art um. Aber wir wissen ja durchaus, was wir tun – und Arrangements sind auch nicht in Stein gemeißelt.
Wir interpretieren gewisse Songs inzwischen sogar noch viel frecher und selbstbewusster als früher, andere klingen dafür weicher.“ Daneben setzen Les Brünettes auf Eigenkompositionen, „wobei wir Wert darauf legen, dass mindestens ein Titel von jedem von uns im Programm ist“, wie Neigel betont. „Und wir werden bei unserem Auftritt in der Bonner Oper sicherlich auch den ein oder anderen Blick auf unser neues Album werfen, das im Frühjahr 2017 erscheinen soll und bei dem wir uns mit den Beatles beschäftigen. Wir werden sogar in den Abbey Road Studios aufnehmen! Das ist für uns noch einmal etwas gewagter, da das Frauenprogramm uns sehr nahe war und ist.“

Die Pläne für die Zukunft sind also bereits gemacht, die Reise mit Les Brünettes kann weitergehen. Und wenn sich irgendwann mal eine der Brünettes dazu entschließt, sich die Haare zu färben? „Dann müssen wir wohl zu dritt auftreten“, scherzt Neigel. „Quatsch, das ist doch egal. Wichtig ist doch eigentlich nur, dass unsere Musik ehrlich ist. Wobei wir zugegebenermaßen so was zum Spaß tatsächlich schon einmal in der Karnevalszeit gemacht haben – da sind wir mit blonden Perücken auf die Bühne gekommen. Hat auch gut funktioniert.“ Also mit gutem Klang. Und viel Elan. Und einer guten Dosis Jazz.

Donnerstag, 19.01.2017

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