Max Mutzke trifft in der Bonner Oper auf Thomas Quasthoff - kultur 128 - Juli 2016

Gesucht und gefunden

von Thomas Kölsch
Jazz verbindet. Über alle Grenzen hinweg ist die Lust am Improvisieren, an der Freiheit und an der Offenheit dieses Genres spürbar: Nun treffen zwei ganz unterschiedliche Künstler in einem Konzert aufeinander, dass es in dieser Form ursprünglich nur in Bonn geben sollte und das letztlich der Türöffner für eine herausragende Kooperation ist. Max Mutzke, ein Hans Dampf in allen musikalischen Gassen, trifft zu Saison-Eröffnung der Reihe Quatsch keine Oper am 3. September auf Bassbariton Thomas Quasthoff. Erst einmal zuvor, zu Pfingsten auf Schloss Elmau, gab es einen gemeinsamen Auftritt, ein erstes Abtasten und Kennenlernen, das eigentlich nur eine Stunde währen sollte und somit gewissermaßen eine Generalprobe für das Konzert in der Bundesstadt gewesen wäre. Er dauerte länger. Viel länger. „Es war so ein unglaublich emotionales Erlebnis, das konnten wir nicht einfach abbrechen“, gesteht Mutzke. „Du hörst ja auch nicht kurz vor dem Orgasmus auf.“ Da scheinen sich zwei gesucht und gefunden zu haben. „Wir kannten uns vorher nur per Telefon, aber wir hatten sofort einen Draht zueinander“, erzählt der 35-Jährige. „Wir haben uns gegenseitig die Bälle zugeworfen, uns zugehört, ganz spontan viele Duette gesungen – und alles hat sich so gut angefühlt.“

Den Grundstein für das gemeinsame Konzert bildete eine ganz besondere Aktion Max Mutzkes: „Ich habe bei seinem Video 'Wir machen's bunt' mitgewirkt, das ein Zeichen für Toleranz und den friedvollen und sozialen Umgang zwischen Kulturen und Religionen setzen wollte“, erinnert sich Quasthoff. „In diesem Zusammenhang haben wir mehrmals miteinander telefoniert und waren uns so sympathisch, dass wir direkt beschlossen, wir müssten mal etwas zusammen machen. Und da weder Max noch ich zu denen gehören, die so etwas einfach nur sagen, haben wir direkt Nägel mit Köpfen gemacht.“ Was sich ausgezahlt hat, wie Max Mutzke mit Blick auf das Elmau-Konzert bestätigt: „Nach diesem wegweisenden Treffen hat Thomas kurzerhand seinen gesamten Plan für 2017 umgeschmissen. Einen Tag nach dem Konzert sagte er mir, dass er jetzt wieder einmal gemerkt habe, was Musik leisten kann, und dass wir mehr machen müssten. Also haben wir nach dem Auftritt in Bonn schon drei weitere Konzerte festgemacht, unter anderem in der Staatsoper Wien. Und wir planen, im kommenden Jahr mit einem 80-köpfigen Orchester auf Tour zu gehen. Wenn das alles klappt, wird das phänomenal.“

Wer auch nur einen der beiden Künstler in diesem Jahr schon in der Region erlebt hat, kann dies ohne weiteres nachvollziehen. Quasthoff hatte nach dem unerwarteten tragischen Tod von Roger Cicero kurzfristig dessen Part bei der Eröffnung des Bonner Jazzfests übernommen, wo er sich als leidenschaftlicher Crooner entpuppte, der aber auch den rauen Blues- und den völlig verrückten Scat-Gesang beherrschte; und Mutzke war erst vor wenigen Tagen im Rahmen des Rheinhoch7-Festivals zusammen mit einem Streichquartett in der hiesigen BMW-Niederlassung zu Gast – und Ende Mai anlässlich der Tour zum 80. Geburtstag von Klaus Doldinger in Köln. Doch Wiederholungen wird es kaum geben, verspricht Mutzke: „Ich finde es so großartig, dass man dreimal in das gleiche Konzert gehen kann und es doch jedes Mal anders ist“, sagt er. „Ich genieße das. Du musst immer präsent sein, weißt nie, was kommt und musst dich auf alles einstellen. Jazz ist für mich wie Surfen, bis die Welle abreißt.“

Diese Leidenschaft teilt Quasthoff, zwar mit einer anderen Bildsprache, aber letztlich dem selben Ziel. „Jazz war schon immer ein Teil meines Lebens“, sagt er. „Ich bin mit dieser Musik groß geworden und habe sie immer sehr geschätzt.“ Und als der 56-Jährige sich dann Anfang 2012 von der Opernbühne verabschiedete, weil er sich nicht mehr bei einhundert Prozent sah, bot ihm die Zusammenarbeit mit profilierten Musikern wie Frank Chastennier, Dieter Ilg und Wolfgang Haffner eine Alternative, mit der er die Menschen berühren und sich selbst immer wieder neu (er)finden konnte. „Ich habe unglaublich viel von diesen Künstlern gelernt“, gesteht Quasthoff. „Zugleich sind sie mir wirklich gute Freunde geworden. Das sind Geschenke, die können Sie sich kaum vorstellen.“

Donnerstag, 13.10.2016

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