von Reznicek, Emil Nikolaus (1860 - 1945)

Emil Nikolaus von Reznicek
Foto: Philipp Hennecke
Emil Nikolaus von Reznicek
Foto: Philipp Hennecke

kultur 126 - Mai 2016

Der aus der böhmischen Familie des k.u.k. Generals Joseph Reznicek stammende Komponist Emil Nikolaus von Reznicek wurde in Wien geboren. Der Maler Ferdinand von Reznicek (1868–1909) war sein Halbbruder. Zunächst wurde Emil Nikolaus in Graz musikalisch ausgebildet, später am Leipziger Konservatorium bei C. Reinecke (Klavier) und S. Jadassohn (Musiktheorie). Als Kapellmeister wirkte er in Zürich, Stettin, Mainz, Berlin und seit 1888 in Prag, wo er sieben Jahre lang lebte und zeitweilig als Militärkapellmeister diente. Nach ­vorübergehender Anstellung als Hofkapellmeis­ter in Weimar wirkte er von 1896 bis ’99 in gleicher Funktion in Mannheim. 1902 bis ’05 leitete Reznicek rund ein Dutzend Kammerkonzerte der Berliner Philharmoniker. Nach einem knapp dreijährigen Engagement als Dirigent der Oper und des philharmonischen Orchesters in Warschau kehrte der Komponist 1909 dauerhaft nach Berlin zurück. Hier war er an der Komischen Oper bis 1911 als Erster Kapellmeister tätig. 1919 wurde Reznicek Mitglied der Berliner Akademie der Künste und unterrichtete von 1920 bis ‘26 Komposition und Instrumentation an der Berliner Hochschule für Musik. Gemeinsam mit Richard Strauss formierte er den „Ständigen Rat für die internationale Zusammenarbeit der Komponisten“, ein Musikergremium auf internationaler Ebene. Es wurde 1934 in Venedig gegründet und bestand acht Jahre. Zu seinem 75. Geburtstag wurde Reznicek vom Allgemeinen Deutschen Musikverein zum Ehrenmitglied ernannt und die Stadt Hamburg verlieh ihm die Brahms-Medaille. Seit 1940 erhielt er auf Bewilligung Adolf Hitlers einen monatlichen Ehrensold. Zehn Jahre nach seinem Tod wurde in Wien-Alsergrund (9. Bezirk) die Reznicekgasse nach ihm benannt. Der Komponist ruht auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf in Berlin.

Reznicek, der vor allem als Opernkomponist bekannt wurde, hatte seinen ersten großen Bühnenerfolg mit der Aufführung der Donna Diana 1894 in Prag. Auch die Oper Spiel oder Ernst (1930) wurde in vielen Städten aufgeführt. Während seine weiteren Bühnenwerke wie Holofernes (1923), Satuala (1927) oder Gondoliere des Dogen (1931) überwiegend in Vergessenheit gerieten, blieb Donna Diana seine meistgespielte Oper. Über 100 Jahre nach ihrer Uraufführung erlebte diese Oper 2003 eine auch auf Tonträger festgehaltene moderne Wiederaufnahme in Kiel. Ein Ausschnitt aus der Ouvertüre dieses Werks wurde in Deutschland über das Fernsehen bekannt; als Eingangsmelodie der von 1969 bis 1985 - mit Unterbrechungen - monatlich ausgestrahlten musikalischen Quizsendung „Erkennen Sie die Melodie?“.

Von Rezniceks Orchesterwerken sind neben den vier Sinfonien vor allem die vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen symphonischen Dichtungen von Bedeutung, die eine glanzvolle Instrumentation aufweisen. Seine Hauptwerke wurden von so berühmten Dirigenten wie Arthur Nikisch, Felix Weingartner, Gustav Mahler und Leo Blech aufgeführt.

Rezniceks Musik vereint böhmisches Musikantentum mit deutscher Tradition und gelegentlich auch mit fremdartigen Einflüssen. Sein Zeitgenosse Peter Raabe äußerte zu dessen 80. Geburtstag: „Wie der Meister selbst nicht altert, so werden es auch seine Werke nicht tun, deren Frische darauf beruht, daß in ihnen kein Einfall gesucht ist, keine Verarbeitung des Einfalls gekünstelt, sondern daß alles natürlich ist, alles gewachsen - genitum, non factum!“
Neben der Musik hatte Reznicek zwei weitere Leidenschaften - die Berge und die Schmetterlinge. Der Komponist hatte eine Sammlung von annähernd 10.000 Exemplaren, die er alle selbst gefangen hatte. Eine von ihm entdeckte Bläulingsvariante wurde „Variatio Rezniceki“ genannt. E.H.


Hörtipps:
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Donna Diana; Uhl, Sadnik, Pauly, Schlüter, Kiel Opera Chorus, Kiel Philharmonic Orchestra, Ulrich Windfuhr, cpo.

- Symphonische Dichtung „Der Sieger“, Beate Koepp, WDR Rundfunkchor Köln, WDR Sinfonieorchester Köln, Michail Jurowski, cpo.

- Symphony No. 1 „Tragic“, Vier Buß- und Betgesänge, Marina Prudenskaja, Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt, Frank Beermann, cpo.

Donnerstag, 07.07.2016

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