Rota, Nino (1911 - 1979)

kultur 122 - Januar 2016

Der in Mailand geborene Komponist wuchs in einer musikalischen Familie auf: Sein Großvater Giovanni Rinaldi war Komponist, seine Mutter Ernesta Pianistin und seine Cousine Konzertsängerin. Als kleiner Junge spielte Nino schon Klavier und beherrschte das Instrument mit perfekt harmonierenden Improvisationen mit acht Jahren. Im selben Alter begann er auch zu komponieren. Rota wurde aufgrund seiner Fähigkeiten als „Neuer Mozart“ oder „Mozart des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet. Die erste öffentliche Aufführung seines Oratoriums L’infanza di San Giovanni Battista (1922/23) dirigierte er mit zwölf Jahren. 1925/26 entstand die Märchenoper Il principe porcaro auf ein eigenes Libretto nach einer Erzählung von Hans Christian Andersen. Nach einem Studium u.a. bei Ildebrando Pizzetti am Mailänder Konservatorium wechselte Rota 1926 nach Rom, wo er am Konservatorium Santa Cecilia bei Alfredo Casella studierte. Drei Jahre später erhielt er dort sein Diplom für Klavier und Komposition. 1931 bis ’32 studierte er am Curtis Institute Philadelphia Komposition und Dirigieren. Dort traf er auch Aaron Copland und begann sich für amerikanische Folkloristik, die großen Hollywood-Filme und die Musik Gershwins zu interessieren. Daneben hatte er eine große Leidenschaft für die Musik der Romantik entwickelt, war aber auch für die polystilistischen Werke Strawinskys wie z.B. dessen Oper Le Rossignol empfänglich. 1937 promovierte er in Italien mit einer Arbeit über den Musikologen Gioseffo Zarlino aus dem 16. Jahrhundert. Zwei Jahre später erhielt er einen Lehrauftrag am Konservatorium im süditalienischen Bari und wurde dort 1950 zum Direktor ernannt. In dieser Funktion berief er die namhaftesten Dozenten Italiens ein und ermöglichte auch mittellosen Schülern eine Ausbildung. Zu seinen bekanntesten Schülern zählt ­Riccardo Muti.
Rota komponierte Werke für das Musiktheater, Orchesterwerke, ­Instrumentalkonzerte, Chorwerke, Klavier- und Kammermusik. In seinem Stil lehnte er sich gerne an vergangene Epochen an. Innerhalb der Instrumentalmusik faszinierten Rota vor allem virtuose Spieltechniken. In seinen Konzerten für die Schüler verschiedener Instrumentalklassen (Klavier, Posaune, Violoncello, Horn) verbinden sich neoromantische Ideen mit der Erforschung neuer instrumentaler Spieltechniken. Kammermusikwerke wie die Sonata en sol für Bratsche und Klavier (1970) oder das Trio für Klarinette, Cello und Klavier (1973) zählen heutzutage zum festen Konzertrepertoire vieler Musiker.
Rotas Karriere als Filmkomponist begann 1942, als sich eine langjährige Zusammenarbeit mit der Filmgesellschaft „Lux Film“ entwickelte. Seit 1952 arbeitete er auch für Federico Fellini, der bis zum Tode des Komponisten ausschließlich dessen Musik für seine Filme verwendete. Internationale Beachtung fand der 1956 entstandene Soundtrack zu War and Peace von King Vidor.
Rota schrieb insgesamt 158 Filmmusiken, unter ihnen die Sound­tracks zu La strada (1954) und La dolce vita (1960) von Fellini oder Francis Ford Coppolas The Godfather (Der Pate, 1972), ebenso wie zu internationalen Großproduktionen wie Waterloo (1974) und Death on Nile (1978). Innerhalb dieses Genres hatte Rota die besondere Gabe, die Musik und das Bild in eine unmittelbare Beziehung zu setzen und innerhalb kürzester Zeit auch ausgefallene Wünsche der Regisseure musikalisch umzusetzen. Seine Filmmusiken liegen teilweise auch in Konzertbearbeitungen wie Orchestersuiten oder Klavierstü­cken vor.
Fellini äußerte sich einmal über Rota: „Er war jemand, der eine seltene Eigenschaft besaß, was Intuition betrifft. Genau wie Kinder oder einfache, sensible und unschuldige Menschen konnte er plötzlich verblüffende Sachen sagen. Sobald er erschien, verschwand der Stress, alles wandelte sich in eine festliche Stimmung, der Film betrat einen freudvollen, gelassenen, fantastischen Abschnitt, ein neues Leben.“
Seit seiner Jugend interessierte sich Rota auch für die Hörspielkunst. Zwei Musterbeispiele des europäischen Hörspiels des 20. Jahrhunderts sind die beiden Radioopern I due timidi (in Zusammenarbeit mit Suso Cecchi D’Amico) und a notte di un nevrastenico (realisiert mit Riccardo Bacchelli), die mit dem Prix Italie ausgezeichnet wurden.
Rota starb im Alter von 67 Jahren infolge eines Herzinfarktes in Rom. Sein umfangreicher Nachlass wird von der Fondazione Giorgio Cini in Venedig betreut. E.H.


Hörtipps:
- Clarinet Sonata, Clarinet Trio; Goran Gojevic, Mary Kenedi, Lynn Kuo, Winona Zelenka, Michael Sweeney; Naxos.
- Concertos; I Virtuosi Italiani, Marzio Conti; Chandos..
- Chamber Music; Ensemble Nino Rota, Massimo Palumbo; Chandos.
- Music for Film; Riccardo Muti, Filarmonica della Scala; Sony.

Dienstag, 09.02.2016

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