Enescu, George (1881 - 1955)

George Enescu
Foto: Philipp Hennecke
George Enescu
Foto: Philipp Hennecke

kultur 120 - November 2015

Der Komponist, Dirigent und Violinist wurde in Liveni-Vîrnav, im Nordosten Rumäniens, geboren. Er war der Sohn eines Gutsverwalters und einer Lehrerin. Bereits mit vier Jahren erhielt er seinen ersten Geigenunterricht, ein Jahr später begann er, zu komponieren. Von 1888 bis 1894 studierte er in Wien, unter anderem bei Josef Hellmesberger junior (Violine), Ernst Ludwig und Robert Fuchs (Harmonielehre und Komposition). Enescu been­dete sein Studium mit Auszeichnung. Bereits 1889 war er öffentlich als Violinist aufgetreten. 1895 begann er ein Kompositionsstudium am Pariser Konservatorium, zunächst bei Jules Massenet, ab 1896 bei Gabriel Fauré (Komposition) und André Gedalge (Kontrapunkt). In der Klasse von Fauré waren u.a. Maurice Ravel und Charles Koechlin seine Mitschüler. Mit großem Erfolg wurde 1898 sein als Opus 1 gezähltes Werk Poème Roumain in einem Concert Colonne in Paris uraufgeführt. Im selben Jahr dirigierte er erstmals öffentlich in Bukarest eben dieses Werk. Zum Ende seines Studiums am Pariser Konservatorium erhielt Enescu 1899 den ersten Preis der Violinklasse, als Auszeichnung erhielt er eine Bernardel-Geige.
Als Violinst begann er in Europa und Nordamerika eine außergewöhnliche Laufbahn und wurde zu einem der bekanntesten Geiger Europas. 1902 gründete er zusammen mit Louis Fournier und Alfredo Casella ein Klaviertrio, zwei Jahre später das Enescu-Quartett. Als Mitglied der Examensjury des Pariser Konservatoriums im Jahre 1904 komponierte Enescu mehrere Stücke für den Abschlusswettbewerb, unter ihnen Cantabile et presto für Flöte und Klavier, und Légende für Trompete und Klavier.
Parallel zu den Aktivitäten in Paris wirkte der Komponist auch in seinem Heimatland, wo er ein Haus in Sinaia besaß. 1912 gründete er den Enescu-Preis für Komposition in Bukarest und leitete dort zwei Jahre später auch die erste vollständige Aufführung von Beethovens 9. Sinfonie in Rumänien. In verschiedenen Konzertreihen brachte er internationale Kompositionen in seinem Heimatland zur Aufführung. 1917 gründete der Komponist das George-Enescu-Sinfonieorchester in Iasi; der 1920 entstandene Verein rumänischer Komponisten wählte Enescu zu seinem Präsidenten. Ein Jahr später eröffnete er das rumänische Opernhaus, die Opera Nationala Bucuresti, mit seinem Lohengrin-Dirigat.
1927 wurde Yehudi Menuhin einer seiner Schüler. Seit 1928 leitete er Seminare an der Ecole Normale de Musique in Paris und an der Harvard University in Boston. Durch seine musikwissenschaftlichen Studien wurde er 1932 in die Rumänische Akademie aufgenommen.
1936 fand die Uraufführung seiner Oper Oedipe an der Grand Opéra Paris unter der Leitung von Philippe Gaubert statt. Drei Jahre später heiratete Enescu die große Liebe seines Lebens, Maria Cantacuzino (1878–1969), genannt Maruca. Das prachtvolle Jugendstilpalais Gheorghe Grigore Cantacuzino in der Bukarester Calea Victoriei wurde so zu seinem Heim; heutzutage beherbergt es das Enescu-Museum. Aus Protest gegen die kommunistische Regierung verließ der Komponist im Herbst 1946 sein Heimatland. Zwei Jahre später begann er, an der Mannes School of Music in New York Vorlesungen zu halten. 1951 wurde im französischen Rundfunk eine Reihe von Interviews mit ­Enescu gesendet, die 1954/55 unter dem Titel „Les souvenirs de George Enescu“ als Buch herauskamen. Von 1952 bis 54 gab er Meis­terkurse im Geigenspiel in Bryanston und Siena. Der Komponist starb an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris beerdigt.
Enescu war ein hochtalentierter und gründlich geschulter Musiker. Bereits zu Beginn seiner Laufbahn entstanden Meisterwerke wie die 2. Violinsonate oder das Oktett (s.u.). Die frühen Werke weisen eine Vielzahl von kompositorischen Richtungen und Einflüssen auf. Sein ganz eigner Stil findet sich dann in der 3. Symphonie, dem 1. Streichquartett und der Oper Oedipe. Die darauf folgenden 13 bis 14 hauptsächlich kammermusikalischen Kompositionen bilden den originells­ten Teil seines Gesamtwerks.
Kennzeichnend für Enescus musikalische Sprache ist die kontinuierliche Variation aller musikalischen Parameter; des Rhythmus, der Harmonie, der Klangfarbe und der Intensität. Die musikalische Form gestaltet Enescu meist unvorhersehbar. Der Komponist notierte seine Werke mit äußerster Sorgfalt, die sich in den vielen Ausdrucksanweisungen und in besonderen Fingersätzen widerspiegelt. Musterhaft dafür ist die 3. Violinsonate.
Die Entdeckung von Enescus Gesamtwerk hat – selbst in seiner Heimat – mehrere Jahrzehnte gedauert. Dank der erfolgreichen Bemühungen erstklassiger Interpreten und Dirigenten werden seine Kompositionen auch außerhalb Rumäniens mit steigendem Interesse beachtet. E.H.


Hörtipps:
- Oedipe, Jose van Dam, Barbara Hendricks, Brigitte Fassbaender, Marjana Lipovsek, Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo, Lawrence Foster, EMI.
- Symphonie Nr. 3 op. 21, Rumänische Rhapsodie Nr. 1 op. 11, BBC Philharmonic Orchestra, Gennadi Roshdestvensky, Chandos.
- Streicheroktett op.7, Bläserdezett op. 14, Viotta Ensemble, Ottavo.

Donnerstag, 10.12.2015

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