Altinger und Liegl - kultur 120 - November 2015

Wahnsinn mit Rückfahrschein
Michael Altinger und Alexander Liegl lassen Hirsche platzen

von Thomas Kölsch

Alphatiere? Nein, seien sie eigentlich nicht, sagt Alexander Liegl und lacht. Zumindest nicht abseits der Bühne. Auf selbiger lassen er und sein Duopartner Michael Altinger es dagegen gerne krachen. Dort sind die beiden Bayern vor Selbstbewusstsein strotzende Platzhirsche, die gerne mal aufeinander losgehen und doch durch den kleins­ten Nadelstich zum Platzen gebracht werden können. „Wir lieben diesen Wahnsinn, in den wir in unseren Programmen den Alltag überführen“, erklärt Liegl. Diese absurden Szenen, in denen die beiden Bayern von einer Rolle in die nächste schlüpfen, Mutter, Opa und Kind gleichzeitig spielen und von ihrer Kindheit zwischen Metzgerei und Schwimmbad erzählen (beides gekachelt und am selben Ort), von Familienfehde und erster Liebe.

Rückblende. 1997 treffen sich Altinger und Liegl zum ersten Mal, beide sind – ebenso wie Andreas Giebel und Helmut Schleich – Mitglieder im Hausensemble des „Münchner Lustspielhauses“. Die beiden Junghirsche können sich sofort riechen, haben Spaß aneinander gehabt und beschließen, die diversen Solo-Lesestücke, die jeder von ihnen geschrieben hat, einfach mal zusammenzuwerfen. 2004 dann das erste gemeinsam produzierte Programm Tote zählen keine Schafe, 2007 gibt es dafür den Deutschen Kabarettpreis. Seitdem ist das Duo zwar nicht unzertrennlich, aber doch recht treu: „Natürlich gibt es mitunter lange Pausen“, sagt Liegl. „Ich schreibe für Kollegen, bin weiterhin im Lustspielhaus aktiv und mache mit unserer gemeinsamen Regisseurin Gabi Rothmüller ein Solo. Und auch Michi geht eigene Wege, etwa als Moderator beim 'Schlachthof'. Aber eine zu lange Trennung tut uns beiden nicht gut.“

In ihrem aktuellen Programm Röhr du können die zwei nicht mit, aber noch weniger ohne einander. Keine ganz unbekannte Konstellation, man denke nur an Andreas ­Etienne und Michael Müller. Ständig springen die beiden Charaktere Altingers und Liegls dabei in der Zeit zurück und holen die Vergangenheit auf die Bühne – ein Talent, auf das der bodenständige Liegl im realen Leben gut verzichten kann. „Natürlich gibt es ab und zu Momente, in denen ich mich zum Beispiel an das Ende meiner Schulzeit zurücksehne, aber ich glaube, wenn ich da wäre, würde ich schnell merken, wie schlecht es mir damals in Wirklichkeit ging. Insofern würde ich so etwas immer nur mit Rückfahrschein machen wollen.“ Gleiches gilt für Touren jenseits des ominösen Weißwurst-Äquators. „Ich freue mich sehr auf unseren ersten Duo-Auftritt in Bonn, bin aber zugleich hier in München verwurzelt und habe nie das Gefühl, irgendwie raus zu müssen. Lustigerweise hält die Landbevölkerung mich eher für jemanden aus dem Norden, weil ich verhältnismäßig hochdeutsch spreche, während Michi als der bayerischere von uns beiden gilt.“ Vielleicht ist es gerade diese Kombination, die im süddeutschen Raum so gut ankommt. „Wir haben natürlich auch den Vorteil, dass es bei uns in der Gegend relativ viele Bühnen gibt, so dass wir so bequem sein können, gar nicht so oft in den Norden zu fahren“, gesteht Liegl. Und wenn, dann eben nur mit besagtem Rückfahrschein.

Ihre Nische haben Altinger und Liegl auf jeden Fall gefunden. „Zum Glück haben wir einen Status erlangt, in dem wir auch mal etwas wagen und unser Ding machen können“, sagt Liegl. „Ich wünsche mir nur, dass die Beziehung in unserer schauspielerischen 'Großfamilie' nicht abreißt und wir uns immer wieder selbst überraschen können.“ Konkrete Zukunftspläne gebe es aber noch nicht. „Wir haben für uns lediglich festgestellt, dass wir zumindest bewusst nicht in Richtung des politischen Kabaretts gehen wollen, was Michi ja im 'Schlachthof' ausleben kann. Unser Ziel war und ist es vielmehr, etwas Zeitloses zu kreieren und unterhaltsame, absurde Geschichten zu erfinden, bei denen wir mit der Sprache spielen können.“ Wenn dafür ein paar metaphorische Hirsche platzen müssen, nur damit am Ende ein „Kabarett mit 16 Enden“ entstehen kann (so der Untertitel des Programms Röhr du), vollgepackt mit Nonsens, Krieg und Frieden – dann sind beide gerne bereit, diesen Preis zu zahlen.

Dienstag, 10.11.2015

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