Rosemie - kultur 118 - Juni 2015

Clownerie mit Tangoschritt
– Unterhaltungsmultitalent Rosemie über Varietés, ihr Häkeltrauma und ihre Tanzleidenschaft


von Thomas Kölsch
Zwei Seelen tanzen, ach, in einer Brust: Hier die naiv erscheinende, philosophierende und gerne auch berührende Clownin, dort die leidenschaftliche Tänzerin. Beide machen Rosemie Quartero aus, auf der Bühne auch nach ihrem Mädchennamen „Frau Warth“ genannt oder einfach nur Rosemie („sonst nix!“). Diese Dualität hat der Künstlerin, aufgepeppt durch Gesang, Slapstick und Alphornspiel, zuletzt den baden-württembergischen Kleinkunstpreis 2015 eingebracht und begeisterte Kritiken in allen Winkeln der Republik. Schon amüsant, was so alles aus einer Notlösung werden kann. „Ich habe in den USA Tanz studiert, realisierte aber schnell, dass ich in New York davon kaum würde leben können“, erinnert sie sich im Interview. „Als ich mit 24 nach Deutschland zurückkehrte, kam aber schnell eine Anfrage vom Stadttheater Heidelberg, ob ich nicht in einer Szene aus 'Die verkaufte Braut' was mit Clowns ausprobieren wollte. Mein ers­ter Gedanke war 'das ist ja wie Putzen gehen'.“

Dabei sind die Differenzen zwischen Clowns und Tänzern gar nicht so groß, wie man im Allgemeinen glaubt. „Beide müssen sich möglichst ohne Worte ausdrücken und damit die Menschen berühren können“, erklärt Rosemie, die schnell für diese ihr neue Kunstform Feuer und Flamme war und sie bis heute pflegt. 1989 gründet sie zusammen mit Thomas Nigl und Bernhard Bentgens das international auftretende Clown-Trio „Extra Nix“, nach der Trennung drei Jahre später macht sie solo weiter und bindet ihre Liebe zum Tanz sowie all die anderen Versatzstücke mit ein. Vielseitigkeit: Das macht Rosemie aus. Doch an einem kleinen Paradigmenwechsel kommt sie inzwischen nicht mehr vorbei. „In den vergangenen Jahren habe ich vor allem Varieté gemacht – aber das wird mir so langsam etwas zu viel“, gesteht die Schwäbin. „Ich werde in diesem Jahr 50 und merke, dass es mich zunehmend schlaucht, mehrere Wochen lang jeden Tag Doppelshows spielen oder moderieren zu müssen. Das geht an meine Lebensbatterie. Mein Solo-Programm kostet auch Kraft, aber das ist anders.“
Zumal das Publikum auch viel zurückgibt.

Die Kunstfigur Rosemie ist eine verklemmte, naive und doch auch quirlig-energische Landfrau mit Faltenkleid, großer Brille und strengem Haarknoten, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens ist. Und nach dem dazugehörigen Mann. Denn ihr Gummibaum hat ausgedient, kann er doch die Photosynthese-Bedürfnisse und Fortpflanzungswünsche seiner Besitzerin nicht so recht befriedigen. Also sucht sie im Publikum nach einem potenziellen Partner. Gerne auch mal etwas direkter. „Ich bin eine sehr physische Person, ich suche die Nähe zum Publikum“, gesteht Rosemie. Da spricht die Tanzseele. Doch was sagt ihr Gatte dazu? „Ach, der hat sich daran gewöhnt“, sagt sie lachend. „der vertraut mir. Außerdem schätzt er auch das Luder in mir.“

Zugleich legt die Clownin Wert darauf, zwischen dem Nonsens auch immer Tiefgang bieten zu können. „Ich bin kein Comedian, produziere keine Schenkelklopfer“, sagt sie. „Auf mein Solo muss man sich emotional einlassen.“ Selbst wenn etwa das Häkeltrauma ihrer Bühnenfigur zunächst zum Schmunzeln anregt. „Ja, mit dem Häkeln hört man nie auf“, erklärt Rosemie lachend. „Aber man muss auch irgendwann anfangen, seine eigenen Probleme etwas zu entwirren und aufzuknüpfen.“ Im gespielten wie im realen Leben. „Ich habe festgestellt, dass die Liebe zu mir selbst wächst. Das tut mir unglaublich gut.“

Eigentlich kann Rosemie also mit ihrer Karriere ganz zufrieden sein. Der Terminplan ist voll, das Publikum begeistert, sie selbst fühlt sich wohl. Bedauert sie irgendetwas? „Ich finde es manchmal schade, dass ich inzwischen sprachabhängig bin“, gesteht Rosemie. „Mit unserem Clown-Trio konnten wir weltweit auftreten, weil wir auf Worte verzichten konnten. Das vermisse ich durchaus.“ Andererseits erfährt sie auch so positives Feedback. „Wenn ich es schaffe, einer ganzen Familie Freude zu bereiten, sie zum Lachen zu bringen, dann macht mich das sehr glücklich“, bekräftigt Rosemie.

Donnerstag, 08.10.2015

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