Sumi Hwang - kultur 118 - Juli 2015

Sumi Hwang
Foto: Thilo Beu
Sumi Hwang
Foto: Thilo Beu

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Sumi Hwang
– Almirena, Pamina und Fiordiligi

Am Tag nach unserem Gespräch wird die junge Sopranistin ihr Rollendebüt als Liù in Puccinis Turandot geben. „Eigentlich sind ja alle Partien für mich persönliche Premieren“, erklärt Sumi Hwang strahlend. „Die Pamina habe ich in Bonn bei der Wiederaufnahme auch zum ersten Mal auf der Bühne gesungen.“ Seit Beginn der Spielzeit 2014/15 gehört sie zum Solisten-Ensemble der Oper Bonn. Es ist ihr erstes festes Engagement. Als sie am 7. April 2014 (sie erinnert sich genau an das Datum) hier erfolgreich vorsang, wagte sie kaum zu träumen, dass sie gut einen Monat später in Brüssel den Concours Reine Elisabeth im Fach Gesang gewinnen würde, einen der weltweit renommiertesten Musikwettbewerbe. Zu ihrem Programm im Finale gehörte übrigens neben Liedern von Berg und Strauss und der Louise aus Charpentiers gleichnamiger Oper auch Liùs Arie Signore ascolta.
Sumi Hwang wurde 1986 in der südkoreanischen Großstadt Daegu geboren. „Meine Eltern waren engagierte Kunstliebhaber und Hobby-Musiker. Meine Mutter spielte Geige, mein Vater Saxophon. Als Achtjährige begann ich mit klassischem Ballettunterricht und wollte nach sieben Jahren Training eigentlich Tänzerin werden. Ich sang nebenbei auch in einem Rundfunk-Kinderchor. Der Dirigent fand meine Stimme sehr schön und empfahl mir privaten Gesangsunterricht.“ An der Oberschule der Künste in Seoul („eine Art High-School mit ganz normalem Fachunterricht, aber einem Schwerpunkt bei der künstlerischen Ausbildung“) fiel dann die Entscheidung für das Singen. „Ich habe ziemlich lange gezögert, weil mir das Tanzen ebenso gefiel. Aber ich esse auch sehr gern, was beim Ballett nicht so gut ankommt. Im Ernst: Ausschlaggebend war ein schulischer Gesangswettbewerb, bei dem ich den Ersten Preis gewann. Das hat mich ermutigt, mich auf die Stimme zu konzentrieren. Ich empfinde das Singen inzwischen natürlich als wirklichen Beruf, in dem man diszipliniert arbeitet. Aber man kann das nur dann gut schaffen, wenn kein ‚Muss‘ dahintersteht. Sondern der Genuss eines musikalischen und spielerischen Ereignisses, an dem man mit Freude mitwirkt.“
Mit 16 Jahren erlebte Sumi Hwang in Seoul zum ersten Mal eine Oper: Puccinis La Bohème. „Das hat mich zu Tränen gerührt und so begeistert, dass ich unbedingt zur Bühne wollte. Die Partie der Mimi ist aktuell noch zu groß, aber die Rolle würde ich in ein paar Jahren gern verkörpern.“ Mit der Arie „Mi chiamano Mimi“ überzeugte sie die Jury in Brüssel, und La Bohème ist ihre Lieblingsoper geblieben.
2004 begann sie ein Gesangsstudium an der Nationaluniversität in Seoul, machte 2008 ihren musikwissenschaftlichen Bachelor und 2011 ihren Master-Abschluss. Einen Teil der Studienkosten verdiente sie sich als Mitglied des staatlichen Rundfunkchors. 2009 gewann sie den Ersten Preis beim nationalen Opern-Gesangswettbewerb und 2010 den Zweiten Preis beim koreanischen Liederwettbewerb der Stiftung Seil.
Danach stand sie vor der Alternative, ihre Ausbildung in den USA oder in Europa fortzusetzen und entschied sich für Deutschland. „Viele Freunde hatten mir dazu geraten, weil es hier eine Menge toller Opernhäuser gibt.“ Sie bestand die Aufnahmeprüfungen an den Hochschulen in Berlin, Dresden und München, lernte fleißig Deutsch und zog in die bayerische Hauptstadt. An der Münchner Hochschule für Musik und Theater studierte sie Musiktheater-/Konzertgesang bei Professor Frieder Lang und besuchte die Liedklasse von Professor Donald Sulzen. „Die Zeit in München war sehr wichtig für mich. Man wird dort neben der Musiktheater-Praxis auch perfekt vorbereitet auf Vorsing-Techniken. Bevor ich im Sommer nach Korea zu meiner Familie fliege, werde ich wieder eine Woche dort verbringen, um intensiv mit meinen Professoren an meiner Stimme zu arbeiten.“ Im Münchner Prinzregententheater debütierte sie 2012 unter der Leitung von Ulf Schirmer die Norina in Donizettis komischem Einakter I Pazzi per Progetto.
Im selben Jahr gewann sie den Ersten Preis und den Publikumspreis beim Wettbewerb Grandi Voci in Salzburg und den Zweiten Preis beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München. 2013 folgte der Erste Preis beim „Anneliese Rothenberger-Wettbewerb“ in Konstanz und 2014 der Preis des Bundespräsidenten beim Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb. 2014 trat sie auch beim vom ZDF übertragenen festlichen Weihnachtskonzert des Bundespräsidenten auf.
Dem Bonner Publikum vorgestellt hat Sumi Hwang sich beim Theaterfest 2014. Ihre erste große Premiere hier war die Almirena in Händels Rinaldo, wo sie die Herzen buchstäblich im Sturm eroberte. „Die Inszenierung hat unglaublichen Spaß gemacht“, sagt sie, „zumal ich meine tänzerische Ausbildung dabei gut gebrauchen konnte“. Absolut hinreißend gestaltete sie Anfang 2015 die Tempeldienerin Leila in der konzertanten Aufführung der Perlenfischer. Jetzt freut sie sich auf die Marzelline im Fidelio, die sie im September übernimmt, und besonders auf die Fiordiligi in Mozarts Così fan tutte in der Regie von Dietrich Hilsdorf. Denn das ist hier ihre ers­te Produktion, bei der sie an der gesamten szenischen Entstehung beteiligt ist. Im Februar folgt dann die Bonner Premiere der Kinderoper Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte. Sumi Hwang singt die Hauptfigur Lena. „Ich habe gerade angefangen, die Noten zu studieren, mir das Video von der Dortmunder Uraufführung angeschaut und lerne die Rolle mit Vergnügen.“ Für junges Publikum spielt sie gern, hat in Bonn schon beim Kinderkonzert Zauberflöte zum Mitmachen mitgewirkt und 2010 an der koreanischen Nationaloper die Prinzessin verkörpert in Ravels L’enfant et les sortilèges.
Obwohl ihre große Leidenschaft der Bühne gehört, liebt sie auch Konzerte. Im März gab sie im Bonner Opernhaus einen umjubelten Liederabend mit dem Pianisten Helmut Deutsch, einem der international profiliertesten Liedbegleiter. Besonders gern erinnert sie sich an ihren Auftritt mit Verdis Requiem in der Wieskirche 2013 zum 50-jährigen Jubiläum Festlicher Sommer in der Wies.
Ihr Terminkalender in den nächsten Wochen ist schon recht voll. Zwei Konzerte in Brüssel, eine Woche London und am 3. Juli eine Gala mit dem BBC Symphony Orchestra beim 30. Kissinger Sommer. Im koreanischen Gangwon gastiert sie danach beim Great Mountain International Music Festival, einem der wichtigsten Musik-Events des Landes. Lieder ihres koreanischen Lieblingskomponisten Dong-jin Kim (1913 – 2009) hat sie allerdings nicht im Programm, obwohl sie auch asiatische Gesangstechniken beherrscht.
Ihre Opern-Favoriten sind ganz klar Mozart und Puccini. Die Cio-Cio-San hat sie jedoch noch aufgeschoben. „Nach einem Vorsingen in Regensburg Anfang 2014 bot man mir die Partie an. Aber meine Lehrer warnten mich davor, eine solch anstrengende Rolle zu früh zu übernehmen. Das ist auch richtig, denn meine Stimme muss noch reifen, bevor sie massiven Herausforderungen gewachsen ist. Außerdem finde ich es besser, in einem tollen Ensemble wie hier in Bonn unterschiedliche Erfahrungen zu sammeln.“ In ein paar Jahren wird man die hochbegabte Sängerin sehr wahrscheinlich aber doch irgendwo in Madama Butterfly und La Bohème erleben.

Donnerstag, 08.10.2015

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