Debussy, Claude (1862 - 1918)

Claude Debussy
Foto: Philipp Hennecke
Claude Debussy
Foto: Philipp Hennecke

kultur 116 - Mai 2015

Achille Claude Debussy kam in Saint-Germain-en-Laye als ältester Sohn von Manuel-Achille Debussy und dessen Frau Victorine zur Welt. Zwei Jahre nach seiner Geburt übersiedelte die Familie nach Clichy, später nach Paris, wo der Vater eine Stellung als Buchhalter einer Eisenbahngesellschaft fand. Ab 1868 hielt sich der junge Achille häufig bei seinem Patenonkel, dem Bankier Achille Arosa, in Saint-Cloud oder in Cannes auf. (Debussy verzichtete erst gegen 1887 auf seinen ersten Vornamen zugunsten von - des für ihn dann reizvolleren - Claude.) In Cannes erhielt er auch seine ersten Klavierstunden bei einem italienischen Lehrer namens Cerutti. Im Jahre 1870 spielte Debussy einer ehemaligen Schülerin Chopins vor, Madame Mauté de Fleurville, die ihm fortan Unterricht erteilte und seine Eltern davon überzeugte, dass er als Pianist ausgebildet werden müsse. 1872 wurde er mit elf Jahren in das Pariser Conservatoire aufgenommen und von A. Lavignac und A. Marmontel (Klavier), E. Durand (Harmonie), und A. Bazile (Klavierbegleitung) unterrichtet. Seit 1876 entstanden erste Kompositionen. Nachdem die Konservatoriumswettbewerbe im Klavierfach nicht den gewünschten Erfolg brachten, gab Debussy die Virtuosenausbildung auf und wurde 1880 Hauspianist bei ­Nadesha von Meck, der berühmten Mäzenin Tschaikowskys, die er auf Reisen durch sein Heimatland, die Schweiz und Italien begleitete. Im selben Jahr setzte er seine Studien am Conservatoire fort und nahm am Kompositionskurs von E. Guiraud teil. In den zwei folgenden Jahren war er zeitweise wieder als Pianist bei Frau von Meck in Russland, Rom und Wien tätig. Der Gewinn des Ersten Rom-Preises für die Kantate L’enfant prodigue 1884 führte Debussy im Folgejahr nach Rom, wo er drei Jahre auf Staatskosten in der Villa Medici bleiben konnte. Die Unzufriedenheit des Komponisten mit der dortigen Lebensweise hatte aber den vorzeitigen Abbruch dieses Aufenthaltes zur Folge, so dass er bereits 1887 nach Paris zurückkehrte. Debussy war in der Zeit seiner Ausbildung – und auch später noch – für seine Vorliebe für Wortgefechte und Widerspruch bekannt. Er benahm sich im Umgang mit anderen zeitweise sehr grob und hatte sprunghafte Launen, auf der anderen Seite konnte er auch sehr charmant und anziehend sein. Seine Freunde bezauberte er immer wieder durch seine Ausgelassenheit, seinen Schwung und sein Klavierspiel.
In den Jahren nach seinem Rom-Aufenthalt entstanden weitere Kompositionen, unter ihnen die Suite bergamasque für Klavier mit dem berühmten Clair de Lune. Debussys Werke wurden seit 1893 in öffentlichen Konzertsälen aufgeführt. Im selben Jahr erhielt der Komponist die Zusage M. Maeterlincks zur Vertonung seiner Dichtung Pelléas et Mélisande. Diese einzige vollendete Oper Debussys wurde 1902 in der Pariser Opéra-Comique uraufgeführt. Beim großen Publikum bekannt wurde Debussys Name bereits im Jahre 1900 durch die Aufführung der beiden ersten Stücke von Les Nocturnes, Nuages und Fêtes. Da den Komponisten ständige Geldsorgen plagten, schrieb er 1901 eine Reihe von acht Artikeln für die „Revue Blanche“, eine avantgardistische Monatszeitschrift. Unter dem Pseudonym „Monsieur Croche“ kritisierte er dort traditionell-starre musikästhetische Ansichten. Überraschend war Debussys Beitritt zur Jury für den Rom-Preis. Im Jahre 1904 wurde ihm die Rosette der französischen Ehrenlegion verliehen.
Debussy war zweimal verheiratet; 1899 ehelichte er Lily Texier, 1908 heiratete er Emma Bardac, geb. Moyse, mit der er eine Tochter hatte: Claude-Emma, genannt Chouchou. Ihr ist das Klavierwerk ­Children’s corner (1908) gewidmet.
In den Jahren 1908 und 1909 unternahm Debussy zwei Konzertreisen nach England, 1910 dirigierte er eigene Werke in Wien und Budapest. In das selbe Jahr fällt auch der Kontakt zu Igor Strawinsky. 1912 spielte Debussy für die Freiburger Firma M. Welte & Söhne, Hersteller des Reproduktionsklaviers Welte-Mignon, sechs eigene Kompositionen auf Klavierrollen ein. Weitere Konzertreisen und journalistische Tätigkeiten folgten, bevor sich Debussy 1915 aufgrund eines seit 1909 bestehenden Krebsleidens einer Operation unterzog. Nach einer kurzfristigen Besserung verlängerte sich sein Leiden um zweieinhalb Jahre, bevor Debussy am Todestag Beethovens in Paris starb. In seinem Geburtshaus in der Rue au Pain 38 in Saint-Germain-en-Laye wurde ein „Musée Claude Debussy“ eingerichtet.
Viele Komponisten des 20. Jahrhunderts haben Debussys Musik als wesentlichen Ausgangspunkt der Neuen Musik begriffen. Alle Aspekte einer eigenständigen Tonsprache finden sich erstmals in dem 1994 entstandenen Werk Prélude à l’après-midi d’un faune nach einem Gedicht von S. Mallarmé. Die geschickte und kammermusikalische Instrumentation dieses Stückes verbindet sich mit einer kühnen Harmonik und einer avancierten Architektur der Proportionen. Beginnend mit La Mer aus dem Jahre 1905 schuf Debussy eine neue formale Konzeption, die man „offene Form“ nennen kann; zur vollen Entfaltung gelangt diese in dem Ballett Jeux aus dem Jahre 1913 sowie in den letzten Werken.
Walter Gieseking schrieb über Debussys Tonsprache: „Ich glaube, daß in Debussys Musik der Einklang mit den Kräften des Lebens und der Natur spürbar ist im Sinne des Einverständnisses mit der Natur, im Sinne der Bewunderung ihrer Schönheit – und diese überpersönlichen Empfindungen, die Debussy in vollendetster musikalischer Klangform gestaltet hat, zusammen mit der Klangpracht, dem Farbenreichtum und der Eigenart seiner Tonsprache, machen seine Musik so schön, daß jeder musikempfängliche Mensch davon berührt werden muß. Debussys Kompositionen gehören für alle Zeiten zu den größten Meisterwerken der europäischen Musik.“ E.H.

Hörtipps:
- La Mer, Nocturnes, Jeux, Rhapsodie pour Clarinette et Orchestre; The Cleveland Orchestra, Pierre Boulez; DG.
- Masters of the Piano Roll: Debussy plays Debussy; Dal Segno.
- Suite bergamasque, Children‘s Corner, et. al.; Walter Gieseking; EMI.
- Images, Prélude à l’après-midi d’un faune, Printemps; The Cleveland Orchestra, Pierre Boulez; DG.

Donnerstag, 10.09.2015

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 15.04.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn