Wings / We / Rusty / Virtues - Gastspiel Alvin Ailey American Dance Theater in der Oper Bonn - kultur 113 - Februar 2015

Energiegeladen und sinnlich



Das begeisterte Publikum im seit langem ausverkauften Opernhaus wollte die jungen Tänzer kaum wieder ziehen lassen. Seit ihrem Gastspiel 2012 im Rahmen der Reihe „Highlights des internationalen Tanzes“ hat die vielfarbige Nachwuchstruppe des weltberühmten Alvin Ailey American Dance Theater hier eine große Fan-Gemeinde. Sie wurde nicht enttäuscht von dem abwechslungsreichen vierteiligen Programm der seit drei Jahren von Troy Powell geleiteten Company Ailey II, die längst einen eigenständigen Spitzenrang in der internationalen Tanz-Szene genießt.
Die Arme und den Blick richten die zwölf Tänzer immer wieder zum Himmel. Die Frage, was wäre, wenn Engel sich unter uns auf der Erde bewegten, hat die Choreographin Jennifer Archibald, selbst ein Gewächs von Ailey II, inspiriert zu Wings. Wahrscheinlich würde man sie nicht erkennen, denn beflügelt erscheinen alle in ihren weißen Kostümen. Zur Sphärenmusik von Michael Wall wechseln athletische Soli und Duette mit großen Ensemble-Szenen, Tempo mit Ruhe und Aggression mit Harmonie. Bei aller Körperspannung wirkt das so federleicht, als ob tatsächlich alle Erdenschwere aufgehoben sei.
Das kurze Duett We von Robert Battle, künstlerischer Direktor der „Ailey“-Haupt-Company, erzählt zutiefst berührend die Stationen einer Paarbeziehung. Um den Tanz selbst geht es in Rusty von Benoît-Swan Pouffier. Mit viel Esprit reflektieren neun Tänzer zum Soundtrack von Mikael Karlsson die Situation junger Künstler. Konkurrenzdruck und Solidarität, Eitelkeiten und Nervosität, Kampf um einen Platz im Scheinwerferlicht – was wie eine zufällige Probe erscheint, ist jedoch präzis inszeniert. Sehr individuell präsentieren sie emotionale Zustände zwischen Bewegungslust und Existenzsorgen, witzig selbstironisch und atemberaubend virtuos. „Time to have fun“, ist das Resümee dieser amüsanten Back-Stage-Comedy voller tänzerisch brillanter Überraschungen.
Ihr fabelhaftes Können zeigte die komplette Company im abschließenden Virtues von Amy Hall Garner. Das ist zur jazzig-ethnischen New-Age-Musik von Karl Jenkins aus seinen „Adiemus“-Alben ganz große Show. Strahlend stolz und kraftvoll muskulös wirbelte das Ensemble über die Bühne. Energiegeladen, voller Freude an der Schönheit und Sinnlichkeit des modernen Tanzes. Das übertrug sich direkt in den Zuschauerraum, in dem es niemanden mehr auf den Sitzen hielt. Stehende Ovationen also für die großartigen jungen Aileys und glücklich beschwingtes Publikum aller Altersstufen. E.E.-K.

Dienstag, 10.02.2015

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