Danza Contemporánea de Cuba - Opernhaus Bonn - kutur 107 - Juni 2014

Energie und Leidenschaft

Energie und Leidenschaft


Um die Frage nach der kulturellen, nationalen und persönlichen Identität kreisten alle drei Stücke, mit denen die führende zeitgenössische Tanzcompany Kubas im April im restlos ausverkauften Bonner Opernhaus zu Gast war. Ihr Tanz ist energiegeladen, kraftvoll und emotional mitreißend, ohne die üblichen Karibik-Klischees zu bedienen. Die 22 exzellent ausgebildeten Tänzerinnen und Tänzer von Danza Contemporánea de Cuba mischen modernen Tanz mit afro-karibischen Elementen, hispanischem Temperament und gelegentlich einem Schuss Akrobatik.
Im Zentrum ihres Programms stand ­
Demo-n/Crazy von dem spanischen Star-Choreographen Rafael Bonachela. Melancholie und Leidenschaft prallen hier mit voller Wucht aufeinander. In unterschiedlichen Paarkonstellationen deklinieren sie das tänzerische Vokabular von erotischer Anziehung und Abstoßung durch. Der Dämon Sexualität lässt sie taumeln zwischen Zärtlichkeit und Aggression. Zusammen ergeben die vielen expressiven Szenen ein spannungsreiches Lebensdrama. „Demokratie“ steckt im titelgebenden Wortspiel ebenso wie „crazy“. Das „verrückt“ nehmen sie tatsächlich beim Wort. Die rasante Performance endet mit einem kollektiven Kopfstand.
Eingerahmt wurde dieses Stück von zwei Werken des Hauschoreographen George Cés­pedes, der etliche Jahre als Tänzer zu der Company gehörte. Identidad -1, uraufgeführt 2013, umkreist die Gruppenrituale einer sozialen Gemeinschaft. Rote Kragen an den Kostümen der Männer signalisieren Zugehörigkeit zu einem Kollektiv. Eine Frau wird wie ein Revolutions-Denkmal empor gehoben. In den Stolz auf Traditionen mischt sich indes auch Wut. Jeder kämpft um seine Wahrnehmung als Individuum.
Selbstbestimmung ist das Grundmotiv von Mambo 3 XXI. Der Mambo ist ein genuin kubanischer Musik- und Tanzstil, der in den 1930er Jahren aus den vielen ethnischen Wurzeln des Inselstaates entspross. Im Mambo des 3. Jahrtausends und 21. Jahrhunderts tanzen alle nach und nach aus der Reihe. Sie brechen aus den fast militärisch uniformierten Bewegungen aus, sind in ihren bunten Hemden und T-Shirts eigenwillige Persönlichkeiten, die die Vergangenheit hinter sich gelassen haben und lebensfroh nach vorne schauen. Sie wollen neue Bewegung: vital, neugierig und fröhlich. Das Gruppenbild am Schluss zeigt eine Tanztruppe, die respektvoll ironisch Regeln einhält, aber für sich lustvoll neu interpretiert.
Ihre technische Perfektion, die insbesondere in den Ensemble-Szenen zur Geltung kommt, verbinden sie mit hoher affektiver Intelligenz. Der zwischendurch schon aufgebrandete Szenenapplaus für die liebenswürdige Truppe aus Havanna steigerte sich nach knapp zweieinhalb Stunden (inkl. zwei Pausen) zu Ovationen. E.E.-K.

Donnerstag, 16.10.2014

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