Szenen einer Ehe - Kleines Theater Bad Godesberg - kultur 106 - Mai 2014

Hellsichtiges Beziehungsdrama


Ihre Ehe erscheint vorbildlich: Johan und Marianne sind seit zehn Jahren verheiratet, beide in anspruchsvollen Berufen tätig, zwei perfekte Kinder, Stadtwohnung und Sommerhaus am See. Alle Probleme werden einvernehmlich partnerschaftlich gelöst. Doch die glatte Fassade bröckelt gefährlich in den Szenen einer Ehe, mit denen der Schwede Ingmar Bergman in den 1970er Jahren einen der wichtigs­ten Beiträge des 20. Jahrhunderts zum Scheitern einer auf privaten Gefühlen basierenden bürgerlichen Lebensform lieferte. Zunächst als TV-Serie, später als Kinofilm und Theaterstück. Es ist die scharfsinnige Analyse einer Zweierbeziehung, in der die Dialoge eine geradezu physische Übergriffigkeit entwi­ckeln.
Die Inszenierung von Joe Knipp reiht die über mehrere Jahre reichenden Szenen wie Momentaufnahmen aus einer Ehegeschichte aneinander. Es sind anfangs nur leise Signale, die die Entfremdung andeuten. Bis der Kampf mit voller Wucht entbrennt. Es ist jedoch kein düsterer Strindberg-Totentanz und keine Vernichtungs-Orgie wie in Albees Wer hat Angst vor Virginia Woolf?
In der hellen Ausstattung von Hannelore Honnen und Wolfgang Wehlau läuft ein fast normaler Prozess mit hohem Wiedererkennungswert ab: Man kennt Paare wie Johan und Marianne. Sie haben sich aneinander gewöhnt und können es nicht fassen, dass ihre Liebe abhanden kam.
„Wenn es um Beziehungen geht, sind wir Analphabeten“, wird Johan später sagen. Richard Hucke spielt fabelhaft genau diesen leicht zerstreuten Intellektuellen, der aus dem aseptischen Ehegefängnis ausbricht, um mit seiner jungen Geliebten nur noch tiefer abzutauchen in eine Gefühlswirrnis. Seiner selbstmitleidigen Macho-Dünnhäutigkeit setzt Aurélie Thépaut als Marianne eine durch emotionale Verletzungen abgehärtete Oberfläche entgegen.
Es braucht viel Whisky für die nüchterne Bestandsaufnahme: Sie hassen sich und lassen kaum verbale Gemeinheit aus, weil sie voneinander nicht loskommen. Marianne organisiert die Scheidung, Johan nimmt es schuldbewusst einfach hin. Und doch knis­tert es zwischen den beiden. Sie spielt ihre erotische Energie aus, verlockt und entzieht sich. Er kehrt schließlich ins warme Nest zurück. Ein ironisches Happy-End nach einem erbitterten Kampf. Vor allem jedoch zwei großartige Schauspieler, die in jeder Minute dieser zweistündigen Eheschlacht intensiv berühren.
E.E.-K.
Spieldauer ca. 2 Stunden,
eine Pause

Das Stück lief bis zum 17.04.2014.

Mittwoch, 08.10.2014

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