Hans-Jürgen Bäumler - kultur 105 - April 2014

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Hans-Jürgen Bäumler: Der ehemalige Eisprinz und George in Zwiebeln und Butterplätzchen

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Hans-Jürgen Bäumler
Der ehemalige Eisprinz und George in Zwiebeln und Butterplätzchen

In Bonn fühlt er sich inzwischen fast wie zu Hause. Immerhin ist es schon das sechste Stück, in dem er im Contra-Kreis-Theater auf der Bühne steht. Zum ersten Mal war Hans-Jürgen Bäumler dort 1990 zu erleben als Jeremy Winthrop in der Komödie Wirst du mich auch morgen früh noch lieben?, die wegen des großen Erfolges fürs Fernsehen (RTL) aufgezeichnet wurde. Regie führte damals Horst Johanning, der nun auch Zwiebeln und Butterplätzchen inszeniert. Mit ihm hat Bäumler auch an etlichen Theatern in anderen Städten zusammengearbeitet.
„Vom Karneval werden wir kaum etwas mitbekommen“, erklärt das muntere Team wenige Tage vor der Premiere. „Bei vier Wochen Probenzeit ist auch der Rosenmontag für uns ein ganz normaler Arbeitstag.“ – „Kondition und Tempo sind das Wichtigste“ ergänzt Bäumler, der gern zugibt, dass er immer noch Lampenfieber habe. „Natürlich ist es mir nicht egal, was ich da draußen abliefere. Es geht nicht darum, wer länger auf der Bühne ist oder die meisten Lacher hat, sondern um das ganze Ensemble, das gemeinsam etwas produziert, was dem Publikum Spaß machen soll.“
Disziplin und Verantwortungsbewusstsein hat er gelernt in seiner Zeit als Spitzensportler. Vier Mal schaffte es der Eiskunstläufer in den 1950er Jahren bei den Deutschen Meis­terschaften allein aufs Siegerpodium. Mit seiner Partnerin Marika Kilius wurde er im Paarlauf vier Mal Deutscher Meister, sechs Mal in Folge Europameister, zwei Mal Weltmeister und gewann zwei Mal Olympisches Silber. Ziemlich genau 50 Jahre sind vergangen, seit das deutsche ‚Traumpaar‘ Ende Januar 1964 (einen Tag nach Bäumlers 22. Geburtstag) bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck seine Medaillen entgegennahm. „Beim Sportlerball in Frankfurt haben Marika und ich dieses Jahr nochmal die Schlittschuhe angezogen und ein paar Drehungen gemacht. Ich fand das Ganze eher bizarr.“
1964 begann dann die Profi-Karriere von Kilius/Bäumler bei der „Wiener Eisrevue“ und kurz danach in den USA bei „Holiday on Ice“. „Die Shows waren auch der Beginn meiner Theaterarbeit, denn dort ging es ja nicht nur um sportliche Höchstleis­tung, sondern auch um spielerische Präsenz. Außerdem: Von den irren Summen, die heute durch Sponsoring und Werbung in den Sport fließen, konnten wir damals nur träumen. Wir mussten von den Kostümen bis zu den Choreographen alles privat finanzieren. Geschenke zur Weltmeisterschaft durften den Wert von 150 DM nicht überschreiten. Manchmal habe ich das harte Training bei klirrender Kälte wirklich gehasst. Aber es war auch toll, als Teenager plötzlich eine Art Nationalheld zu sein, auf den Millionen von Deutschen stolz waren. Es gab ja nur ein Fernsehprogramm, und wenn wir abends bei wichtigen Wettbewerben liefen, fiel sogar die Tagesschau aus. Die jüngeren Zuschauer können sich das kaum noch vorstellen. Ich bin aber ganz froh, wenn sie in mir jetzt nur den Schauspieler sehen.“
1982 hat er die Schlittschuhe nach zahllosen Auftritten auf dem Eis endgültig an den Nagel gehängt. Sich vom Image des Eisprinzen frei zu spielen, war gleichwohl nicht einfach. „Einen Traumschiff-Kapitän oder Chefarzt hätte man mir einfach nicht geglaubt“. Einen Zirkusartisten wie den Viggo Doria in der erfolgreichen TV-Serie „Salto Mortale“ dagegen schon. Außerdem eroberte er als Schlagersänger die Hitparaden – „Platten haben damals fast alle gemacht bis hin zum Bundespräsidenten“ – und arbeitete als Sprecher und Moderator bei Radio Luxemburg. „Ich hatte eine ganz gute Stimme; wirklich bühnen­tauglich war mein bayerisch gefärbtes Idiom zu Beginn jedoch nicht.“
Der 1942 in Dachau geborene Bäumler nahm also Sprech- und Schauspielunterricht an einer renommierten privaten Münchner Schauspielschule und lernte das Metier mit der ihm eigenen Gründlichkeit. 1968 folgte sein erstes Engagement am Heidelberger Theater „Tangente“ in dem musikalischen Lustspiel Ein Engel namens Schmitt, womit quasi das Eis gebrochen war für die Bretter, die die Welt bedeuten. In ungefähr 25 Stü­cken hat er seitdem große Rollen gespielt. An der Seite vieler berühmter Kollegen wirkte er zudem in 12 Spielfilmen mit, moderierte von 1990 bis 1993 u.a. 650 Folgen der RTL-Quiz­show „Riskant“ und riskierte immer wieder den Sprung auf die Bühne. Der unmittelbare Kontakt mit dem Publikum gefällt ihm. „Im Contra-Kreis bist du wirklich ganz nah an den Leuten. Du kannst da nicht mogeln, jedes noch so winzige Detail muss einfach stimmen.“
Während seines Aufenthaltes in Bonn wohnt er gern im Uni-Club. Er mag die entspannte Atmosphäre dort und die zentrale Lage nahe am Rhein. Natürlich gefällt es ihm auch, dass viele Menschen ihn hier kennen, auf der Straße oder beim Einkaufen ansprechen und sich freuen, dass er wieder in ihrer Stadt spielt. „Man fühlt sich hier aufgehoben wie bei Freunden.“
Zwischen seinen unzähligen Auftritten an den Komödientheatern überall in Deutschland bleibt ihm fast zu wenig Zeit für seine Familie, die ihren Lebensmittelpunkt an der Côte d‘Azur in der Nähe von Nizza hat. „Wahrscheinlich kennt die Boulevard-Presse mein Haus allmählich besser als ich. Die ganzen Home-Storys gehen mir ab und zu auf die Nerven“, sagt er lachend. Er und seine Frau Marina, mit der er seit 1974 verheiratet ist, haben zwei Söhne und seit 2011 eine entzückende Enkelin. Beim Golfspielen hat Marina einer älteren Dame erzählt, dass ihr Mann gerade in seinem Lieblingsstück spiele: Kunst von Yasmina Reza, in dem er 1999 am Kleinen Theater Bad Godesberg den Yvan verkörperte. „Ich bin die Mutter der Autorin“, sagte die Dame. Bäumler amüsiert sich über diesen Zufall immer noch.
In Walter Ullrichs Kleinem Theater war er mehrfach zu Gast, 1993 z.B. an der Seite von Christiane Rücker in Sind Sie der Ehemann? und 1996 mit Heide Keller in Es war nicht die Fünfte, es war die Neunte. Im Contra-Kreis begeisterte er zuletzt 2011 in der herrlichen Komödie Zärtliche Machos von René Heinersdorff. Mit diesem Stück war er in den letzten Jahren monatelang unterwegs zwischen Köln, Essen, Düsseldorf, Frankfurt und München. Die Rolle des sympathischen Frauenhassers Harald, der einen männlichen Mehrgenerationen-Haushalt zusammenhält, ist ihm regelrecht ans Herz gewachsen. Das könnte ihm auch mit dem Briten George passieren, der ebenfalls kulinarischen Experimenten nicht abgeneigt ist. Bei Zwiebeln und Butterplätzchen (s. kultur-Kritik S. 7) sind die Damen jedoch eindeutig in der Mehrheit. „Das Schöne beim Theater ist: Man muss die Mädels nicht in die Luft werfen oder kraft­raubende Hebesprünge machen“, sagt Bäumler völlig gelassen und entschwindet zur nächsten Probe.

Dienstag, 30.09.2014

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