Nur ein Tag - kultur 40 - Oktober 2007

Eine Menge Leben - Nur ein Tag von Martin Baltscheid im Theater Marabu (Brotfabrik)

Das neue Stück des mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Kinderbuch-, Hörspiel- und Theaterautors, Comiczeichners und Radiomoderators Martin Baltscheit ist eine bezaubernd witzige und nachdenkliche Geschichte über die Vergänglichkeit der Zeit und die Möglichkeit, in einem kurzen Leben das ganze Glück eines langen zu erobern. Der bekannte Kinder- und Jugendtheaterregisseur Rüdiger Pape hat die Uraufführung von Nur ein Tag jetzt am Theater Marabu sehr vergnüglich inszeniert.
Fuchs und Wildschwein schnarchen auf der Hollywood-Schaukel und sind sehr gute Freunde, solange sie nicht verbissen um ein Kissen kämpfen. Walter Zick als nicht übertrieben schlauer Fuchs und Claus Overkamp als gerissenes, aber reichlich nah am Wasser gebautes Wildschwein warten drauf, dass irgendwas passiert. Und machen aus dem Warten eine tierisch komische und sehr menschliche Standup-Comedy-Nummer.
Die beiden warten nämlich sehnsüchtig auf die Geburt der Eintagsfliege, wobei Wildschwein gleich schon mal Bedenken hat, dass es ein Mädchen werden und sentimentalen Borstentieren den Kopf verdrehen könnte. Wenn Tina Jücker torkelnd und tanzend aus dem sorgsam in einer Waschschüssel gehüteten Ei schlüpft, muss jeder dieses fröhliche, kunterbunte Geschöpf mit dem weißen Tüllrock und den roten Stiefeln (Ausstattung: Regina Rösing) einfach lieb haben. Das Problem ist: Das Wesen, das da gerade begeistert das Licht der Welt erblickt hat, hält sich für eine Maifliege, die auch noch im Juli herumschwirren könnte. Ist aber nur eine Eintagsfliege und am nächsten Tag schon der Staub von gestern. Kann man dem munteren Mädel aber nicht so direkt sagen. Deshalb gibt es plötzlich einen fiktiven Eintagsfuchs, und das putzige Insekt will mitleidig dessen einzigen Lebenstag zu einem großen Fest machen. Dafür muss zwar ein Huhn seine Federn lassen, aber Papa Wildschwein und Mama Fuchs machen mit Banjo und Mundharmonika jeden Spaß mit. Die Freunde spielen ihrem ‚Kind' das ganze Leben zwischen Geburts- und Todestag einfach vor. Das Tollste ist, dass die Eintagsfliege dabei energisch die Regie übernimmt und gar nicht weiß, wie viel Lebenslust sie ihren Freunden und damit sich selbst schenkt. Spätestens wenn Bene Neustein als groteske schwarze Eintagsfliege auftaucht und sich die Minuten mit der Fliegenklatsche auf den Rücken klopft, begreift jeder, dass jede gelebte Sekunde mehr wert ist als eine abgezählte.
Klar: Irgendwann ist der Tag vorbei, aber weil alle so herrlich komisch und gleichzeitig so ernsthaft gespielt haben, war das kurze verspielte Leben der Eintagsfliege einfach wunderbar. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca.70 Minuten
Im Programm bis: ???
Für Zuschauer ab 6 Jahren.

Dienstag, 18.12.2007

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