Prix Pantheon 2012 - kultur 87 - Juni 2012

18. Prix Pantheon im Pantheon-Casino: Viel Neues

Der Prix Pantheon ist ein „Klassiker” der Bonner Kabarettwelt. Jedes Jahr trifft sich hier eine Auslese des talentierten Nachwuchses zum Wettbewerb.
Nach 17 Jahren mit traditionellem Ablauf gab es bei der 18. Austragung vom 24.-26.04.2012 viele Veränderungen.
1. Die Spielstätte: Anstatt im „Großen Haus” des Pantheons fand der Wettbewerb im „Casino” im Keller des Bonn-Centers statt. Das ehemalige Casino des deutschen Bundestages wurde als Spielstätte des Pantheons mit kleiner Bühne für Veranstaltungen mit bis zu 199 Zuschauern eröffnet. Zwei Etagen geht man abwärts bis zur Bühne. Auf zwei Seiten und „im Rang” sitzt das Publikum: auf Stühlen, Hockern, Sofas, Sitzkissen. Die Sicht ist von vielen Stellen aus so eingeschränkt, dass Monitore zu Hilfe genommen werden. [Die regulären Veranstaltungen im Casino sind jedoch zuschauerfreundlich bestuhlt.] Improvisationsbedingungen für Improvisationstheater? Man könnte es vermuten angesichts des Baustellencharmes: unverputzte Wände, Betonboden, an den Wänden entlang hängende Kabelbündel. Als Austragungsort eines bisher in größerem und feierlicheren Rahmen stattfindenden Festivals scheint dies keine Verbesserung zu sein. Einen Gewinner gibt es jedoch: Das Fernsehen. Nicht zuletzt dank ansprechenden Lichtdesigns entstehen stimmungsvolle Aufnahmen.
2. Die Moderation: Hausherr Rainer Pause zog sich in diesem Jahr auf die Ehrentribüne zurück und überließ die Moderation der „jungen Generation”. Hennes Bender (*1968 in Bochum), Moderator des Mitveranstalters WDR führte durch die drei Abende.
3. Der Wettbewerb: Drei statt zwei aufeinander folgende Abende Wettbewerb – eine Herausforderung für Theaterbesucher. Die 15-minütigen Auftritte der zwölf Kandidaten wurden in drei mal zwei fernsehtaugliche Zweierblöcke verteilt. Diese sechs Sendungen werden an aufeinander folgenden Sonntagabenden ausgestrahlt (ab dem 20.05. in WDR 3). Zudem können die Auftritte auf www.prixpantheon.wdr.de angeschaut werden. Über den mit 3.000 € dotierten Publikumspreis entscheiden Radio-, Internet- und Fernsehzuschauer per Internetabstimmung. Dies macht die Künstler und den Prix Pantheon bekannt, doch es soll nicht unerwähnt bleiben, dass in diesem Jahr ein Element, das für das Publikum im Saal einen besonderen Reiz dargestellt hatte, entfiel: die Wahl des Publikumspreises mittels direkter Stimmabgabe per „Wahlschein” nach jedem Wettbewerbsabend (unabhängig vom separaten TV-/Internet-Preis). Nach neuer Regie gelten nur noch Stimmabgaben via Internet. Schöne neue Medienwelt? Das bei vergleichbaren Internet-”Votings” beobachtete Wettrüsten der Manipulationsmittel ist auch hier zu befürchten.

[b]Der Wettbewerb[/b]
Nun aber zu den Auftritten der von der Prix-Pantheon-Jury ausgewählten Künstler (in der Reihenfolge ihrer Auftritte):
Abdelkarim (*1981 in Bielefeld), marokkanischer Abstammung, gab Einbli­cke in die „Bronx” seiner Heimatstadt – wo es an den Hauptschulen noch am sichersten sei, denn: „Hier würde zurückgeschossen.”
Für Christine Prayon (*1974) war der Auftritt ein „Heimspiel”. Die in Stuttgart lebende Verwandlungskünstlerin ist gebürtige Bonnerin. Sie begeisterte das Publikum mit einem Auftritt als Diva, die sich mittels Strip als Mann entpuppte, der sich – nach Entfernung aller männlichen Anzeichen – in eine Dame im Badeanzug wandelte. Diese „tauchte ein" in die Literatur und zitierte im Versmaß Mario Barth – großartig!
Herr Niels, Pantomine- und Bewegunskünstler, erzählte Geschichten fast ohne Worte, beinahe schwebend: eine artistische Meisterleis­tung.
Stefan Waghubinger (*1966 in Steyr, Oberösterreich) bot klassisches Kabarett von der Mikro- (Ehe, Familie, Zahnarzt) bis zur Makroebene (Umweltzerstörung, Globalisierung).
El Mago Masin (*1980 in Roth als Wolfgang Masin), anarcho-komischer Liedermacher, hatte die Solidarität des Publikums direkt gewonnen, als er, sich mit der Gitarre begleitend, von seinem Leid als Jugendlicher namens Wolfgang in den 80er Jahren berichtete.
Timo Wopp (*1976 in Oldenburg) folgte ihm auf die Schiene der Kindheitsbewältigung und schilderte seine Jugend in einer alternativen Hausgemeinschaft, wonach er aus Protest BWL studiert hatte. Ein ausgereiftes Comedy-Talent!
Die A-capella-Band Maybebop, in der Szene bereits gut etabliert, räumte mit den Erwartungshaltungen des Publikums auf. Zu den Höhepunkten gehörte ein arabisches Weih­nachtslied („Ich mach‘ mit bevor die Nachbarn komisch schauen...” zu östlichen Pop-Rhythmen) und ein Comedian-Harmonists-Horror-Medley.
Comedystar Lisa Feller (*1976 in Düsseldorf) schöpft Themen aus dem fast unglaublichen Alltag als Mutter. Wahrlich anstrengend ist es auf dem Spielplatz: Gibt es noch normale Eltern oder nur die Kategorien „Burberry”, „Bio” und „Bier”?
Sia Korthaus (*1968 in Gevelsberg) erholte sich von ihrem eskalierten Tag als Trauzeugin, der damit begonnen hatte, für die Braut das Treuepunkte-Messerset im Supermarkt erstehen zu müssen.
Jens Heinrich Claassen sang „Mutmachlieder“, bei denen er sich am Klavier begleitete. Es klappte noch nicht ganz mit der Traumabewältigung, aber mutig an sich war schon der Auftritt im Biene-Maja-Shirt!
Özgu?r Cebe, Stand-Up-Comedian aus Bonn-Tannenbusch, hat wahren Mut, Wahrheiten zu den Themen (Nicht-)Integration und (In-) Toleranz auszusprechen. Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz, z.B. beim kleinen Übersetzungskurs Kanakisch – Shakespeare!
Den krönenden Abschluss bot Puppenspieler Michael Hatzius (*1982 in Berlin). Die große, uralte Echse, in Barbour-Jacke, mit Zigarre, welterfahren, war es, die dem Publikum die Kunst des Puppenbaus und -spiels demons­trierte: anhand der kleinen Echse mit umwerfendem Kindchenschema und schlechtem Gewissen. Puppe wird von Puppe gespielt, beide stehen singend und sprechend miteinander im Dialog. Eine grandiose Leis­tung mit drei gegensätzlichen unbedingten Sympathieträgern!
Der ebenfalls mit 3.000 € dotierte Jury-Preis wurde am Ende des letzten Wettbewerbstages vergeben und von Rainer Pause an die Gewinner überreicht. Die Jury hatte sich in diesem Jahr entschieden, den Preis zu teilen und sowohl Christine Prayon als auch Michael Hatzius auszuzeichnen.

Und jetzt sind Sie dran:
Schauen Sie sich auf www.prixpantheon.wdr.de die Beiträge an und stimmen Sie bis zum 20.06. mit ab!
Viel Spaß! J.S.

Viele der Kandidaten werden in den nächsten Monaten mit ihrem vollem Programm im Pantheon auftreten; als Zeitnächste Jens Heinrich Claassen am 29.06. im Pantheon-Casino und Stefan Waghubinger am 30.08. im Pantheon.

Montag, 29.10.2012

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