Das hat man nun davon - kultur 83 - Februar 2012

"Das hat man nun davon" von Heinz Erhardt im Kleinen Theater – Schelmenstück

„Behörden sind wie Theater. Ein paar arbeiten, alle anderen gucken zu.“ Dem kleinen Amtsschreiber Willi Winzig wächst die Arbeit im Finanzministerium über den Kopf, weshalb er diesen meistens einzieht und leicht gebückt mit schlenkernden Armen herumläuft, als ob Heinz Erhardt leibhaftig auf der Bühne stünde. Thorsten Hamer, der im Kleinen Theater schon mit seiner Erhardt-Revue Noch ’n Gedicht glänzte, spielt die Paraderolle des genialen Komikers hinreißend witzig. Er parodiert sein unerreichbares Vorbild mit dem heiteren Res­pekt des Nachgeborenen, der sich selbst auf die Schippe nehmen muss, um dem Original standzuhalten. Das gelingt ihm fabelhaft genau in der Erhardt-Komödie Das hat man nun davon.
Stephanie Jänsch hat das bekannte Stück pfiffig inszeniert, ohne den leicht angestaubten Charme der guten alten Wirtschaftswunderzeit wegzuwischen, als Steuerzahler noch nicht euphemistisch zu Kunden des Finanzamts deklariert wurden und ihre Daten noch nicht digitalisiert waren. Für gute Kabarett-Laune sorgen ein paar aktuelle Pointen von WCCB bis Westerwelle und Theaterspäße wie die gemalten Akten, mit denen Bühnenbildner Frank Joseph Willi Winzigs Büro liebevoll ausgestattet hat. Der unbestechliche Beamte Winzig macht nichts aus sich, weshalb sich alle andern nichts aus ihm machen. Was nicht zutrifft für die pummelige Sekretärin Frau Weguscheit (entzückend: Mira Naß), die mit Stenoblock, Hornbrille und Schottenröckchen (Kostüme: Kara Schutte) so herzerweichend die Büromaus mimt, dass Winzig schon mal weiche Knie bekommt.
Sein großes, weiches Herz gehört freilich den Akten, hinter denen immer ein menschliches Schicksal steckt. Deshalb jongliert er lieber mit Stempeln und lässt unerledigte Steuerfälle und Anträge gern in den Regalen. Was ausgerechnet kurz vor seiner Pensionierung auffällt und seine Ruhestandsbezüge gefährdet. Wenn das ganze Behördentheater schon zum Verrücktwerden ist, könnte Winzig doch den Narren geben, rät ihm sein sympathischer Vorgesetzter Dr. Senn (Jens Hajek). Was ungeahnte Folgen hat, weil der bodenständige Finanzminister Kuhländer (herrlich jovial: Martin Zuhr) seinen staatstragenden Job gern loswürde („Je mehr Finanz­minis­ter, desto weniger Finanzen“) und den kühnen Büro­verwüs­ter als perfekten Organisator effizienterer Arbeitsstrukturen auf die Karriereleiter befördert. Landwirtschaftsminister Dr. Finz (nervös elegant: Johannes K. Prill) und Sektionschef Doleschall (aalglatt: Axel Hinz) machen gute Miene zu allen merkwürdigen politischen Entscheidungen. Außerdem gibt’s da noch die raffinierte blonde Tierärztin Dr. Sigrid Kubin (Olivia Augustinski), die für ein äußerst wichtiges wissenschaftliches Forschungsprojekt all ihre Reize einsetzt. Der temperamentvolle Diplomat Alcaly dy Buertos (Markus Exner) muss viel südliche Energie aufbringen, damit das Geld in die richtigen Kanäle fließt. Das zu allen Späßen bereite, spielerisch auf Hochtouren agierende Ensemble macht sich einen fröhlichen Jux aus der bizarren Geschichte um den ehrenwerten Schelm Willi Winzig, der seine ordentliche Vollpension echt verdient hat. Der einfältige Amtsschimmel wiehert, während das Publikum sich vor Lachen krümmt. Ein ungetrübtes, krisenfestes Theatervergnügen. E.E.-K.

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Spieldauer ca. 2 Stunden, eine Pause.
Nur noch 5 Vorstellungen: 16.02.12 // 17.02.12 // 21.02.12 // 22.02.12 // 23.02.12

Mittwoch, 12.09.2012

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