Die schwarze Spinne - kultur 65 - April 2010

Muntere Gruselgeschichte: Die schwarze Spinne - Jugendoper im Alten Malersaal

Den notorisch unbeliebten Achtbeinern traut man ja eine ganze Menge zu. Dass ein Exemplar im Grab König Kasimirs IV. in Krakau seit 1492 nur darauf wartet, wieder Unheil zu stiften, ist ganz schön krass. Im Alten Malersaal müssen sich die Zuschauer immer wieder um 180 Grad drehen, um alles mitzubekommen, was „Black Spider“ zwischen Mittelalter und Gegenwart angerichtet hat. Bühnenbildnerin Uta Heiseke hat nämlich von der weihrauchvernebelten gotischen Kathedrale bis zum kunterbunten Volksfest so ziemlich alles in den Raum gebaut, was Fantasy-verliebte Playstation-Kids auf dem Schirm haben. Die versponnene Story hat Regisseur Mark Daniel Hirsch mit sicherer Hand entwirrt und vor allem die Musik der in England sehr bekannten britischen Komponistin Judith Weir nach vorn gerückt. Ihre 1984 uraufgeführte Jugendoper Die schwarze Spinne nach Motiven der romantischen Novelle von Jeremias Gotthelf (neu bearbeitet von Benjamin Gordon und für die deutschsprachige Bonner Fassung dramaturgisch geglättet von Sabine Radermacher) zitiert vom gregorianischen Choral über anrührende Lieder bis zu Pop-Ohrwürmern vieles herbei, was junge Musikfreunde hören mögen. Man muss nicht jedes Wort verstehen, um zu begreifen, dass es gefährlich ist, einen alten Sarkophag zu öffnen. Schließlich weiß jedes Mumien-erfahrene Kind, dass das bei Tut-Anch-Amun schon nicht gut ausging.
Die musikalischen Leiterinnen Sibylle Wagner und Ekaterina Klewitz haben Fantastisches geleistet, um die gruselige Geschichte so klingen zu lassen, dass man gefangen genommen wird von den verschiedenen Tonwelten. Wagner dirigiert das Orchester der Jungen Oper Bonn mit echtem Thriller-Tempo durch die anspruchsvolle Partitur, Klewitz treibt den großen Kinder- und Jugendchor und die vielen Solisten zu stimmlicher Ausdruckskraft, die alle Preis-Jurys in Deutschland hellhörig machen sollte.
Mit wunderbar feinem Sopran sang Kristina Fedotova bei der Premiere die mutige Christine, die ihr Dorf selbstlos rettet vor dem tyrannischen Grafen Heinrich (Stella Kohen), der statt des Kopfes nur noch einen leeren Silberhelm auf den breiten Schultern zu tragen scheint (irrwitzige Kostüme: Dieter Hauber). Und vor dem teuflischen grünen Jäger (Carina Schwarzenberg), der Chris­tines Hand als Preis für seine Hilfe bei der Bewaldung des gräflichen Herrschaftsgebietes verlangt. Sonst läuft eine fiese kleine Spinne Amok, was eklige Brandspuren hinterlässt und möglichst nie wieder passieren soll. Christines armer Bräutigam Carl (Oliver Emonds) muss also leiden fürs Gemeinwohl. Wovon die kapriziöse Bänkelsängerin Caprice (Isabella Walberer) ein Liedchen zu singen weiß, bevor in der polnischen Gruft ein Holzstück auftaucht, das zu der alten Mandoline gehören könnte, in der Black Spider einst gefangen und begraben wurde…
Man kann leider nicht alle nennen, die zu dem Gelingen dieser etwas verwirrenden, aber höchst spannenden und vergnüglichen Inszenierung beigetragen haben. Ihr musikalisches Suchtpotenzial macht gewiss jede Spinnenphobie wett. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 1¼ Std., keine Pause
Nächste Vorstellungen: 10.04./17.04./18.04./24.04./25.04.10
Für Zuschauer ab 8 Jahren

Samstag, 05.02.2011

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